Alarmstufe schwarz: Restrisiko Mappus

Verzweifelte Rettungsversuche wie inhaltsleere Lagebeschreibungen und gut gemeinte Durchhalteparolen sind derzeit nicht nur in Japan zu beobachten. Auch in Deutschland, insbesondere im schönen „Ländle“, führen gerade die Folgen einer hoffnungslos vergeigten Energiepolitik zu Erklärungsversuchen allererster Güte. Ein Bericht unseres Antiatomphysikers und fassungslosen Kopfschüttlers Caharl von Minotti.

Ministerpräsident und Altbau-Fan Stefan Mappus dürfte momentan der A auf G gehen. 4.700.000.000 (in Worten: Vier Komma Sieben Milliarden) Euro hat er im Dezember 2010 für 45% der Anteile am Atomstrom-Riesen EnBW ausgegeben. Einfach so. Ohne den Landtag zu fragen, geschweige denn wenigstens seinen Finanzminister. Was dieser allerdings später bestritt. Vermittelt wurde der Deal (weil Mappus gerade viel zu tun hatte wie: Bahnhof abreißen, Bürger beschimpfen, entschuldigen, Plauze vollhauen, wieder Bürger beschimpfen, entschuldigen, Plauze vollhauen etc.) durch seinen Spezi Dirk Notheis, Deutschland-Chef der Bank Morgan Stanley, Mitglied im CDU-Parteivorstand Baden-Württemberg, ehemaliger JU-Kollege von Mappus etc. pp.

Für diese läppische Summe, in Insiderkreisen „Peanuts“ genannt, gab es u. a. drei wunderschöne historische Bauwerke, deren Zukunft – wie auch Zustand – jedoch durchaus als fragil zu bezeichnen ist (AKW Obrigheim, Baujahr 1968/ AKW Neckarwestheim, Baujahr 1972/ AKW Philippsburg, Baujahr 1979). Notheis’ Bank kassierte dafür eine Provision von „etwas unter 15 Millionen Euro“. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Denn plötzlich und völlig unerwartet überrascht uns ein GAU in Japan, der größte anzunehmende Unfall. Ein Atommeiler nach dem anderen explodiert. Und derzeit scheint kein Ende des Horrors in Sicht. Keiner unserer Atomstrom-Schönredner konnte damit rechnen. Schließlich ist Japan ein Hochtechnologie-Land. Und solch ein außergewöhnliches Erdbeben einschließlich folgendem Tsunami, ausgerechnet an der Pazifikküste, wo zufällig fast alle 54 AKWs Japans stehen, nun ja.

Deutschland ist jedenfalls mit Japan gar nicht zu vergleichen. Keine derart verheerende Erdbebengefahr, kein Tsunami vom Bodensee zu erwarten. Entwarnung allerorten. Puh, Glück gehabt, Deutschland.

Wenn da nicht diese unberechenbare Stimmung in der durch linke Kräfte und grüne Spinner verängstigten Bevölkerung wäre. Die könnte doch tatsächlich dazu führen, dass a) die CDU einschl. Splitterpartei FDP die Mehrheit bei der Landtagswahl verliert und b) Herr Mappus sich in der Folge womöglich für den EnBW-Deal doch noch persönlich verantworten muss. Was ja auch der Kanzlerin ungelegen käme.

OK, Strategiewechsel. Die durch die CDU/CSU-FDP-Regierung ohne Not, (wahrscheinlich) verfassungswidrig, weil ohne Anhörung und Abstimmung durch den Bundesrat herbeigeführte und eh nur den Profiten der Energiekonzerne geschuldete Laufzeitverlängerung unserer Atomkraftwerke (korrekt: „Ausstieg aus dem Atomausstieg“) wird ab sofort schonungslos überdacht. Im Klartext: Denken war wohl bisher nicht auf der Tagesordnung.

Ältere AKW werden auf mögliche Sicherheitsmängel und unzureichende Sicherheitsstandards untersucht. Im Klartext: Dringend notwendige Sicherheitsmaßnahmen wurden bis heute versäumt.

Sollte zwischenzeitlich – denn oben beschriebene, sagen wir „Versprechungen“, sind auf einen Zeitraum von zwei Jahren anberaumt – wider Erwarten ein GAU bei uns in Deutschland stattfinden, so ist dies allein als Folge des ehemals geplanten Atomausstiegs, der ja immerhin weitere Untersuchungen alter Kraftwerke verhinderte (Anm. d. Autors: überflüssig machte, da diese eh abgestellt würden), zu betrachten. Das ist Logik.

Ein weiteres durchschlagendes Argument ist, dass unsere sämtlichen europäischen Nachbarn ja schließlich auch ihre Atommeiler weiter betrieben und somit für Deutschland ein dauerhaftes Risiko fortbestehen würde.

Aha, Risiko! Welches denn? Vielleicht menschliches Versagen (Bedienfehler), menschlicher Vorsatz (Terrorismus), menschliche Dummheit (Konstruktionsfehler), menschliche Gleichgültigkeit (Endlagerung)?

Wer dem Autor an dieser Stelle angesichts der dramatischen Lage in Japan, wie die Regierung es bezeichnet, „politisch motivierten Zynismus“ unterstellen möchte, dem sei ob der herrschenden Verdummungskampagne unserer Regierungsparteien geraten, ein Logik-Seminar zu besuchen.

Hoppla, da kommt die Meldung über meinen Liveticker, der sprechende Hosenanzug werde (wohl im Hinblick zu erwartender, gewaltiger Stimmenverluste) verkünden, dass die „Laufzeitverlängerung bis auf weiteres ausgesetzt“ werden soll. Also bis nach den Wahlen und einer allgemein abgeflauten „Hysterie“, oder was?

Man darf gespannt sein, ob unseren in höchster Not befindlichen Re(a)gierenden in den kommenden Tagen noch verstrahltere „Argumente“ und „Strategien“ fürs eigene Überleben über die satten Lippen kommen. Eigentlich sind bereits sämtliche erträgliche Grenzen überschritten, denn menschenverachtender als heute ist diese Debatte nie geführt worden.