Centrotherm: Augen zu und vorwärts

Kommenden Freitag trifft sich der Centrotherm-Planungsbeirat, um das Gesamtprojekt zügig voranzutreiben. „Sachkundige Mitglieder und Gäste“ sollen zusätzlich berufen werden, die bei der Gestaltung des Vorhabens mitreden oder sogar mitstimmen dürfen. Doch hinter der vorgeschobenen Sachkunde stecken bei fast allen Kandidaten wirtschaftliche Interessen 

Eine große Ratsmehrheit hat Ende Mai beschlossen, zusammen mit der IHK das Centrotherm-Gebäude zu erwerben und es zum Veranstaltungshaus umzubauen. Gesamtkosten für die Stadt: Mindestens 14 Millionen Euro. Dagegen waren nur die zwei VertreterInnen der Linken Liste (LLK) und Günter Beyer-Köhler von der Freien Grünen Liste (FGL). Zahide Sarikas (SPD) enthielt sich, ebenso Anne Mühlhäußer (FGL) und Werner Allweiss (FGL), der dem neuen Gemeinderat nicht mehr angehört.

Nun will sich OB Burchardt „zusätzliche Sachkunde“ ins Boot holen. Die Verwaltung schlägt deshalb vor, dem Beirat folgende Mitglieder anzugliedern: Claudius Marx (Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee), Dieter Bös (KoKo-Entertainment) und Andreas Osner (Bürgermeister und Vertreter für die Konstanzer Kultureinrichtungen) und in dieser Eigenschaft zwangsläufig braver Diener seines Herrn. Geht es nach dem Willen der Verwaltung, dann haben diese drei auch Stimmrecht im Centrotherm-Planungsbeirat.

Das Vorhaben könnte durchsichtiger nicht sein. Marx von der IHK, deren Vollversammlung am Wochenende dem Deal zustimmte, will nach dem Umbau der Immobilie einen Teil der Räumlichkeiten für diverse Veranstaltungen zusammen mit der Stadt nutzen, hat also ein wirtschaftliches Interesse. Konzertveranstalter Bös ebenso, wobei ihm eher der Sinn nach einem Konzerthaus stehen dürfte, das auf dem Nachbargrundstück geplant ist. Denn für Musikveranstaltungen aus der Rockabteilung, bei denen es auf die Ohren gibt, ist das Centrotherm angeblich nicht vorgesehen. Schon bei der KKH-Debatte hat sein Kompagnon Armin Nissel bei einer Podiumsdiskussion wissen lassen, dass KoKo nur dann hochrangige Künstler nach Konstanz bringen könne, wenn dafür eine Halle mit einem Fassungsvermögen von rund 2000 BesucherInnen zur Verfügung stünde. Erst dann, so Nissel damals, würde sich das für ihn als Veranstalter auch rechnen.

Als sachkundiger Gast mit Rede- aber ohne Stimmrecht soll auch Michel Mauge (Berater Veranstaltungsmanagement) den Centrotherm-Dampfer in Fahrt bringen. Mauge wird das freuen, denn schon zu KKH-Zeiten war er mit im Spiel und konnte für seine Bemühungen ordentliche Honorare einfordern. Genau das soll er nun ein zweites Mal tun dürfen. Das fehlende Stimmrecht kann Mauge somit locker verschmerzen und schon mal die Champagnerkorken knallen lassen.

Der Planungsbeirat Centrotherm, der über die Verwaltungsvorschläge befinden soll, ist sowieso ganz nach dem Geschmack von Burchardt besetzt. Mit Charlotte Dreßen, Peter Müller-Neff, Dorothee Jacobs-Krahnen (FGL), Andreas Ellegast, Manfred Hölzl, Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU), Herbert Weber, Hannes Kumm (SPD), Jürgen Faden, Anselm Venedey (FWK) und Johann Hartwich (FDP), finden sich dort MandatsträgerInnen, die allesamt die Centrotherm-Pläne unterstützen. Und die mehrheitlich auch nicht abgeneigt sind, für eine große Konzerthalle nebendran mindestens 30 bis 40 Millionen Euro locker zu machen. Denn Kauf und Umbau für das Centrotherm sind nur der erste Schritt in diese Richtung.

Ob die StadträtInnen am Freitag die Chuzpe aufbringen, den vorgeschlagenen „Sachverständigen“ auch ein Mitbestimmungsrecht einzuräumen, werden wir am Freitag erfahren. Fehlt dann nur noch, der Bürgerschaft das aufgeblähte Gremium als kritische und unabhängige Institution zu verkaufen. Südkurier-Lokalchef Jörg Peter Rau, ehrenamtlicher PR-Berater für die „Jahrhundertchance“ Veranstaltungshaus, steht schon PC bei Fuß.

Autor: H.Reile, der für die LLK auch im Planungsbeirat Centrotherm sitzt und nicht gewillt ist, sich von den Jasagern einlullen zu lassen.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]