Das Land umkrempeln? AfD wählen?
Laut der Befragung „DeutschlandTrend“ vom 21. Juli 2023 könnte die AfD mit 20 Prozent der Wähler*innenstimmen rechnen, wenn an diesem Sonntag Bundestagswahlen wären. Eine erschreckend hohe Zahl – die Grünen kämen nur noch auf 13, die SPD auf 18 und CDU/CSU auf 28 Prozent. Claus Kittsteiner, Historiker und Mitglied der „Friedensregion Bodensee“, stellt sich nicht nur deswegen die Frage, was passieren könnte, wenn die „Alternative für Deutschland“ tatsächlich das Sagen hätte.
Wir veröffentlichen nachfolgend seinen eindringlichen Text in leicht überarbeiteter Form:
„Was soll man denn heute wählen?“ Diese verunsicherte Frage höre ich zur Zeit fast täglich bei Begegnungen. Diese Frage stellten sich gegen Ende der Weimarer Republik auch meine Großeltern. Sie wählten 1928 die ,viel‘-versprechende aufkommende 3-Prozent-Partei in der Hoffnung, dass in ihrem bürgerlichen Leben für sie alles wieder so wird wie in kaiserlichen Wohlstandszeiten. Die Folgen stehen in den Geschichtsbüchern und auf den Heldengedenksteinen. Und was erwartet uns heute beim genaueren Hinschauen?
Die noch AfD-Vorsitzenden wollen „das Land umkrempeln“ (Zitat). Fehlt nur noch die Macht dazu, man hofft auf die Wählerschaft. Wie das dann gehen soll, beschreibt Höcke, der kommende „AfD-Führer“, in seinem Buch von 2018 ganz offen, als Angebot für Sympathisant*innen und liebäugelnde Wähler*innen:
„Vielleicht werde ich auch mal eine interessante politische Person in diesem Lande. Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen, dann werden die Schutthalden der Moderne beseitigt. Wir werden leider ein paar Volksteile verlieren, die zu schwach oder nicht willens sind mitzumachen. So fürchte ich, nicht um eine Politik der wohltemperierten Grausamkeit herumzukommen.“
[the_ad id=“94028″]Ergänzt von Markus Frohnmaier, Mitglied des Deutschen Bundestages und Co-Vorsitzender des AfD-Landesverbandes Baden-Württemberg: „Wir werden ausmisten“. Die beim Champagner in Überlinger Restaurants lächelnd Wählerstimmen schürfende Frau Weidel meint dazu: „Björn Höcke ist kein Rechtsradikaler“. Wenn das seitens der AfD so gesehen wird, was wird dann nach zukünftigen Wahlen sein? Wird es entsprechend Höckes Ankündigungen wieder heißen, wie 1934 nach der durch das Wahlvolk ermöglichten Machtübergabe an die damalige „alternative“ Partei:
„Wir haben uns demokratischer Mittel [Wahlen] nur bedient, um die Macht zu gewinnen und werden unseren Gegnern all die Mittel versagen, die man uns in Zeiten der Opposition zugebilligt hatte“ und: „Wir werden die Macht niemals wieder aufgeben, bis sie uns als Leichen heraustragen.“
So kam es dann auch. Fazit: Die Qualität einer Demokratie hängt von den Millionen persönlichen Entscheidungen in der Wahlkabine ab. Meine Großeltern haben ihren Anteil am Geschichtsverlauf und ihre Feindbilder als Protestwähler oder Überzeugte nie verstanden oder zugegeben. Heute ist das natürlich ganz anders, wo man doch nur nette AfD-Leute kennt, höre ich … Haben sie Einfluss auf die Parteiführung ganz oben? Wo bleibt ihr Protest als Demokrat*innen zur Bewahrung der aufgeklärten Demokratie?
Ach ja, so was Theoretisches wie „Demokratie“ scheint manchem Mitbürger und Sonntagskirchgänger zu weit weg zu sein vom eigenen Gefühlsleben, ihr sie persönlich umtreibendes Hauptproblem sind fremd aussehende Mitmenschen, Ausländer*innen, Migranten*innen. Oder wie erklären sich die fast 20 Prozent, die ihr Kreuzchen im Kopf und auf dem Wahlzettel bei der rechtsextremen AfD machen, wie es heißt, „der erfolgreicheren NPD“? Wie auch der rechtsextreme Compact-Herausgeber Elsässer triumphierend feststellt:
„Alle zusammen in großer Einheit: AfD, Pegida, IB, Ein Prozent, Compact! Fünf Finger, alle kann man einzeln brechen, aber alle zusammen sind eine Faust!“
Ist allen bewusst, die politisch naiv oder voller Überzeugung eine Partei wie die AfD zu wählen beabsichtigen, in welcher Gesellschaft sie sich wiederfinden werden oder bereits befinden? Und wem sie mit ihrer Wählerstimme in den Sattel helfen, wie meine Großeltern es damals taten?
Claus Kittsteiner, Historiker; Bild: W. Mossmann
Danke an Maik Schluroff und nochmal zu Wolfgang Daub
Ich sehe die Not und keine Regierung bisher hat wirklich erreicht, etwas daran grundsätzlich zu ändern. Das liegt nun wirklich nicht daran, dass es zu Gendern und Wokeness notwendige Diskussionen gibt. Der Kommentar von Wolfgang zum Artikel zur AfD ist schlicht zu kurz gedacht. Maik hat das ja ausführlich ausgeführt, danke dafür. Die AfD ist faktisch eine populistische und rechtsextreme Partei, die keinen einzigen wirklich gehaltvollen Vorschlag zur Besserung, der für viele Menschen schwierigen Situation, eingebracht hat. Ja sie hat durch ihr Abstimmungsverhalten dazu beigetragen, dass es so bleibt , wie es ist. Sie produziert Sündenböcke, deren Abstrafung nichts ändert, außer, dass die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt. Sie tut alles um unsere Demokratie zu untergraben. Die ist nicht so, wie ich sie mir wünsche, doch um Welten besser, als so Manches, was wir in der Welt zu sehen bekommen. Ich denke, wir müssen für diese Demokratie kämpfen, wir müssen sie verbessern, nicht untergraben. Ich bin nicht dafür, Menschen als Looser zu bezeichnen, weil sie dieser Manipulation aufsitzen, doch es braucht hier und jetzt eine klare Kante für Menschlichkeit und Demokratie.
@Phillip: schöne Worte, wie eigentlich immer in der BRD seit mindestens 25 Jahren!
Aber in dieser Zeit wurde eine katastrophale Politik der herrschenden Klasse gegen die Bürger durchgesetzt und zwar egal ob rot, grün, gelb oder schwarz regiert hat!
Nie zuvor war die BRD derart von Diktaturen (Putin & die Nationalkommunisten in Peking) abhängig!
Oder einmal ein ganz konkretes Problem: die Zahl der Obdachlosen wird derzeit auf 262.000 bis 417.000 Menschen allein in der BRD geschätzt!
Zum Vergleich: die Einwohnerzahl von Freiburg wird mit „nur“ 232.000 angegeben.
Eine noch größere Zahl an Menschen suchen eine bezahlbare Wohnung!
Aber diese Bundesregierung schafft nicht einmal das eigene bescheidene Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr zu realisieren!
Mit der Polit-Show im Bereich Gendern, Wokeness oder bspw. Rückgabe von Benin-Bronzen an die Nachfahren von Sklavenhändlern werden nur die massiven real existierenden Probleme dieses Landes verschleiert!
Zu Wolfgang Daub.Warum muss immer das eine gegen das andere ausgespielt werden? Gendergerechte Sprache oder mehr Bewusstsein über Alltagsrassismus und die Bekämpfung desselben ,ein Aspekt dessen was zur Zeit so als „Wokeness verunglimpft wird, und der Kampf für soziale Gerechtigkeit sind kein Wiederspruch. Ganz im Gegenteil .Nur wenn all dies konsequent angegangen wird kann eine bessere Gesellschaft aufgebaut werden , die wirklich sozial ,gerecht und frei und vielfältig ist.
Abstimmungsverhalten der AfD im Bundestag:
5,5 Mrd. für den sozialen Wohnungsbau? Abgelehnt.
Besserer Schutz für Paketbot.innen durch Nachunternehmerhaftung? Abgelehnt.
25 Mrd. Überbrückungshilfen bei Corona-bedingten Umsatzausfällen? Abgelehnt.
Höhere Freibeträge für Alleinerziehende? Abgelehnt.
Einmaliger Kinderbonus von € 300 je Kind? Abgelehnt.
Mehr Unterstützung bei Corona-bedingt aufgetretenen Pflegesituationen? Abgelehnt.
Bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie? Abgelehnt.
Mehr Geld für den „Digitalpakt Schule“? Abgelehnt.
2 Mrd. für mehr Ganztagsbetreuung? Abgelehnt.
Grundrente für rund 1,3 Millionen Rentner.innen ohne Gang auf das Amt? Abgelehnt.
Wegfall des „Soli“ für rund 90 % der Steuerzahler.innen? Abgelehnt.
Mindestvergütung für Auszubildende? Abgelehnt.
5,5 Mrd. für bessere Betreuung in den Kitas? Abgelehnt.
Höhere „Mütterrente“ für rund 10 Mio. Rentenbezieher.innen ? Abgelehnt.
Höhere Erwerbsminderungs-, Erziehungs- und Hinterbliebenenrenten durch verlängerte Zurechnungszeiten? Abgelehnt.
Neue Chancen für Langzeitarbeitslose durch Lohnzuschüsse? Abgelehnt.
Entlastung von Geringverdiener.innen durch reduzierte Sozialversicherungsbeiträge? Abgelehnt.
Mehr Sicherheit für Arbeitnehmer.innen auf Abruf? Abgelehnt.
Niemand kann ernsthaft glauben, dass in Armut zu leben zwangsläufig zu einem grausamen Weltbild führt, wie es die AFD vertritt. Was wir heutzutage noch wählen können? Wir können wählen zwischen einer Politik, die anstrebt unser aller Überleben auf der Erde zu sichern. Dazu gehört u.a. die Klimaziele zu erreichen, konsequent Artenschutz zu betreiben, Flächenversiegelung zurückzufahren und auf eine alternative Landwirtschaft, die Tierrechte akzeptiert und das Einkommen der Landwirte sichert, umzustellen. Eine Mammutaufgabe, bei der alle kreativen und nachhaltigen Kräfte in der Gesellschaft gebraucht werden. Die andere Wahl, die AFD-Seite verspricht „wohltemperierte Grausamkeit“, will Teile des Volkskörpers auskehren. Geht „ein bisschen tot“? Oder ist es nicht realistischer, was die letzte Generation befürchtet, nämlich dass zuletzt Kriege um die letzten Wasser-Ressourcen auf einer überhitzten Erde drohen, wenn wir Regierungen hätten, die den Klimawandel leugnen, wie die AFD es tut. Ich sehe es vor mir, die K… kocht bereits auf dem Asphalt und eine AFD dominierte Regierung bleibt dabei, dass es den Klimawandel nicht gibt. Beschäftigt sich vielmehr damit, ihre Kritiker*innen kaltzustellen. Prost Mahlzeit!
zu Wolfgang Daub
Es sind wohl nicht nur die, die nichts haben, die AfD wählen oder sympathisieren. Mag sein, dass z.B. gendern nicht das Erste ist, was dann interessiert, wenn man jeden Pfennig umdrehen muss. Ich frag mich allerdings, warum sich so viele Menschen die Zeit nehmen, sich darüber aufzuregen, wie über so Vieles. Ich sehe auch nicht, dass sich die Politik hauptsächlich um diese Themen kümmert, das erscheint mir als eine sehr verzerrte Sicht auf die Realität. Der momentane AfD-Erfolg bestürzt mich. Bei den Protagonisten sehe ich keine echten Lösungsansätze für die tatsächlichen Probleme der Menschen, dafür aber das Fehlen jeden Anstands. Eine gefährliche Mischung für unser Land, Hetze, plakative Aussagen und vermeintlich einfache Lösungen, auf Kosten der schwächeren in unserer Gesellschaft. Ein Blick auf Italien reicht um zu sehen, was das bedeutet. Nicht dass ich glaube, dass ich mit diesen Aussagen jemanden überzeugen könnte, aber unwidersprochen mag ich Ihren Kommentar nicht stehen lassen.
Naja! Wie ist es denn soweit gekommen?
Politik, die sich um alles Mögliche und Unmögliche kümmert, nur nicht um die wirklichen Probleme der Menschen hierzulande!
Cancel-Culture, Wokeness, gendern, etc., etc., etc.!
Gleichzeitig können sich viele Menschen das Leben nicht mehr leisten!
Wenn Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger auch die Gut-Mensch-Bullerbü-Klasse erreicht hat, werden auch diese Menschen merken, dass gendern nicht satt macht!
Gute Nacht Deutschland. Willkommen in der Hölle. Loser wählen immer ihresgleichen.