Des Oberbürgermeisters dünne Haut
Von der einst zwangsjuvenilen Lockerheit des Konstanzer Rathauschefs Uli Burchardt ist nicht mehr viel übrig geblieben. Vor allem bei seinem Lieblingsprojekt Bodenseeforum am Seerhein merkt man, dass dem Mann sprichwörtlich die Düse geht und er sogar moderate Kritik an dem millionenschweren Projekt mit Majestätsbeleidigung verwechselt.
Letzte Woche, der Planungsbeirat für das Bodenseeforum Konstanz saß mal wieder zusammen, wurde erneut deutlich, dass hier ein rund 18 Millionen Euro teures Vorhaben im Sauseschritt durchgepeitscht werden soll. Das beratende und auch kontrollierende Gremium läuft Gefahr, zunehmend zu einem devoten Abnickverein zu werden.
Dabei wollten einige RätInnen fast schon entschuldigend nur wissen, ob es denn unbedingt nötig sei, einen teuren Parkettboden einzubauen, der Mehrkosten von knapp 100 000 Euro verschlingen wird. Andere zweifelten, ob ein Lochmuster für die Wände optisch der letzte Schrei sei. Nahezu einig war man sich im Gremium, dass ein Ortstermin anberaumt werden müsse, bei dem man probehalber die angedachten Materialien begutachten möchte. Erst dann wolle man entscheiden, ob die neuen Ideen, verbunden mit einem erhöhten Kostenaufwand, auch mehrheitsfähig sind. Sogar die bislang lautesten Befürworter des Hauses am Seerhein scheinen mittlerweile zumindest leise daran zu zweifeln, ob hier tatsächlich eine Erfolgsgeschichte geschrieben wird.
Da hielt es Burchardt kaum mehr auf seinem oberbürgermeisterlichen Stuhl. Höchst erregt ließ er die plötzlich nölenden Ratsmitglieder wissen, dass das Zeitfenster arg knapp sei und Debatten dieser Art nur dazu führen würden, den Eröffnungstermin des von ihm so innig herbeigesehnten Hauses weiter zu verzögern. Einwände kanzelte er ab: „Jetzt halten Sie sich mal zurück“ und drängte darauf, die vorgeschlagenen Investitionen hurtig abzusegnen. Man einigte sich bei der Verteuerung in der Bodenfrage auf einen Sperrvermerk, der aber bei der nun doch notgedrungen vereinbarten Besichtigung vor Ort ziemlich sicher aufgehoben wird.
Dennoch greift grassierende Ernüchterung um sich und auch Südkurier-Lokalchef Jörg-Peter Rau, bis dato ein überzeugter Befürworter des Bodenseeforums, konstatierte in seinem Artikel reichlich ernüchtert: „Von der Euphorie ist nicht viel übrig“. Ähnlich hektisch übrigens hat sich Burchardt verhalten, als es vor kurzem um die Namensbezeichnung des Hauses ging. Für „Bodenseeforum Konstanz“ gab es eigentlich nur Spott und Häme („Charme einer verstaubten Hutschachtel“). Sehr zum Verdruss des Oberbürgermeisters, der das Stadtparlament massiv unter Druck setzte: „Ohne ein Ergebnis gehen wir hier nicht raus“. Notgedrungen stimmte dann eine Mehrheit zu. Nicht wenige fragen sich hinter vorgehaltener Hand aber immer öfter, wofür man einen Beirat braucht, der eh kaum was zu sagen hat.
Werden die Mehrkosten schlussendlich vom Rat genehmigt, dann schmilzt der Puffer von mehreren hunderttausend Euro für die Ausstattung des neuen Kulturtempels auf gerade noch knapp 80 000 Euro. Ein arg dünnes Pflaster, unter dem sich allmählich Wundbrand breit macht. Der Eröffnungstermin ist für November 2016 geplant. Bis dahin, darauf kann man jetzt schon Wetten abschließen, lauern noch einige unangenehme Überraschungen in der Pipeline.
Holger Reile
Und wieder einmal waren die Skeptiker mit gesundem Menschenverstand unter den BürgerInnen sowie die standhafte LL die Klügeren, wie schon so oft. Ich frage mich, warum der Gemeindrat nach wie vor offensichtliche Täuschungsmanöver des OB nicht wahr nimmt und sich zudem anmaßt, als Repräsentative die offensichtliche Unruhe und Unzufriedenheit in der Bevölkerung zu ignorieren, um eine Fehlentscheidung nach der anderen zu treffen. Herr Burchhardt steckt mit seiner Alleinherrschermentalität die Mehrheit unserer VolksvertreterInnen in die in die Tasche, ein Großteil kriecht sogar freiwillig dorthin, wo es sehr dunkel ist. Wie auch im Falle der GRUB(Gedächtnisruine Uli B.)Nun ist es in städtischer Hand und wir alle zahlen den Preis! Um zu retten was (nicht)zu retten ist, fordert er und die Mehrheit knickt ein, er kanzelt ab, ignoriert Einwände, manipuliert und erhält was er will. Wann wird endlich die Reißleine gezogen, um durch weitere Realisierung absurder Pläne die endgültige Zerstörung unserer einst liebens- und lebenswerten Stadt zu stoppen?
@Bruno Neidhart
„Wobei es bei solchen Wettbewerben (leider) nicht unüblich ist, dass ein Name bereits vorher “geheim” festgelegt wurde. Das muss man wissen, um nachher nicht beleidigt zu sein.“
Solche Vorgehensweisen gibt es bspw. auch bei der betriebsinternen Ausschreibung von Stellen. Nur: Wenn das von vornherein festgelegt ist, taugt es bestens für eine Beleidigung von vornherein. Denn die Mitbeteiligten haben in aller Regel etwas besseres zu tun, als die Hochglanzfassade für eine ach so demokratische Veranstaltung abzugeben.
Nebenbei: „Ulis Waterloo“ als Name wäre auch nicht so vollkommen daneben. Mit Wasser hat der Klotz ja unbestreitbar was zu tun. Nachdem es sich um den Abfluß des Bodensees handelt, sogar um eine Form des Wasserlassens. Zugegebenermaßen ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Denn die Neocons werden zu verhindern wissen, Absicht und dokumentierte Wirklichkeit ungeschönt nebeneinander zu stellen.
Aber laßt uns diese Bilanz doch anstellen, Jahr für Jahr: Wieviel Abiturfeiern oder andere Bürger-bewegte Feste werden in dem Protzgebäude veranstaltet? Was ist mit der wirtschaftlichen Realität der „Jahrhundertchance“? Wieviel an sozialen Leistungen der Stadt „mußten“ für diesen Auswuchs der Gigantomanie gestrichen werden? Wie oft widersprechen diese Tatsachen den vorher abgegebenen Absichtserklärungen?
Was ich ohnehin nicht verstehe, was soll denn jetzt ganze 1 1/2 Jahre an dem Kasten rumgebaut werden? In der Zeit kann man das Ding schon fast einreißen und neu bauen. Ich meine es handelt sich doch nur um den Innenausbau?
Hätte das Haus nicht schon gestanden, wäre ein solches „Forum“ wohl nie aus der Taufe gehoben worden. Das ist die andere Seite der laufenden Investition. „Am Bodensee“ steht das Gebäude indes nicht. Würden wir (Konstanzer) danach gefragt, wo das Haus denn tatsächlich liegt, wäre die Antwort: „Am Seerhein“. Obwohl dieser Begriff für Nichtkonstanzer unbekannt ist, fiel er bei der Jury dennoch als „nett“ auf, aber letztlich eben doch durch. Wobei es bei solchen Wettbewerben (leider) nicht unüblich ist, dass ein Name bereits vorher „geheim“ festgelegt wurde. Das muss man wissen, um nachher nicht beleidigt zu sein. Unmittelbar „Bodensee“ ist tatsächlich für Einheimische: Seestraße – Stadtgarten – Klein Venedig. Aber dort soll mal jemand ein (Kultur-) Projekt realisieren! (Erfahrungen liegen vor!). Und so hat man eben das kleine Zeitfenster benutzt, das im Zusammenhang mit der IHK für einen Ankauf des Solar-Fabrikationsgebäudes am Seerhein bestand. Ob sich letztlich die Investitionen für die eher kleinen Räumlichkeiten lohnen, kann ich nicht beurteilen. Für mich hätte übrigens „Forum Konstanz“ allemal gereicht. „Bodensee“ ist irgendwie zu üppig für lediglich das halbe Haus, und zudem rund um den See begrifflich in vielen Zusammenhängen längst überbelegt. Mag sein, dass für eine „Vermarktung“ die Dinge immer noch anders liegen – nostalgischer. Na ja. Ich hoffen, die gestaltenden Planer und Architekten machen aus dem Ganzen etwas Vernünftiges. Schön flanieren kann man allemal am Seerhein. Das ist ja schon mal was. Und attraktive Restaurants mit Blick auf das Wasser hat es genügend „um die Ecke“. Auf französisch heisst der See übrigen „Lac de Constance“. Der Bodensee entfällt also für einmal. Ist vielleicht auch nicht so wichtig. Wichtiger ist hier die Verlängerung der Seerheinpromenade bis hin zu „Stromeyer“! Aber das ist eine andere „Geschichte“. Oder muss sie konkret im Forumzusammenhang geschrieben und realisiert werden?
R(h)einfall wäre eigentlich der viel aussagekräftigere Name für das Prachtobjekt gewesen…