Die Weitläufigkeit des Münsterplatzes ist dahin
Was den vor gut zehn Jahren neu gestalteten Münsterplatz so attraktiv machte, seine majestätische Weitläufigkeit, sie ist dahin. Mit der erneuten Aufstellung des damals eingemotteten Gutmann-Brunnens tat man nur einigen ewiggestrigen Bürgerlichen einen Gefallen, die sich jetzt wieder an die Plansch-Abenteuer ihrer Schulzeit erinnern mögen. Allen anderen wird bloß die Sicht versperrt.
Ingrid aus Meersburg, die das Wochenende regelmäßig in Konstanz verbringt, findet den Münsterplatz „jetzt nur noch eng“. Auch Hendrik, alt eingesessener Konstanzer, meint: „Es war so schön, wenn die eleganten Leuchten in der Abenddämmerung ihr erstes Licht versprühten – Weiträumigkeit rund um das Münster, wo sonst nur schmale Gassen die Sicht versperren.“ Rigoroser urteilt da schon Carola: „Ein Planschbecken für Kleinkinder und Hunde – das entehrt diesen wunderschönen, weiten Platz“.
Die Archäologie-Pyramide war der erste Sündenfall, unterbrach zum ersten Mal die weite Sicht, aber immerhin macht sie Sinn, wenn sie den Blick für historische Besonderheiten öffnet. Doch welchen Sinn macht dieser Brunnen an diesem Platz? Kunst im öffentlichen Raum? Kunst, die Architektenkunst zerstört, die einengt, hat ihren Sinn verfehlt. Das ist nicht Schuld des Künstlers, sondern Ahnungslosigkeit der Städtebauer, die den Brunnen nur deshalb dort platzierten, weil da bereits Wasserleitungen lagen. Wenn Sparsamkeit aber gegen Ästhetik siegt, ist Konstanzer Stadtplanung wahrlich Spitze. Siehe Marktstätte, siehe Paradiesstraße, siehe Johanngasse. Ein Graus.
Jetzt hat auch hier die Engstirnigkeit einen Platz gefunden. Aber ich bleibe Optimist: Vielleicht ist diese Verschandelung des Münsterplatze doch kein Symbol, kein Synonym für Konstanzer Lebensart. Sondern nur Unbedarftheit. Jetzt leider unveränderbar.
hpk
Ja, ich hatte auch immer das Gefühl, dass Brunnen Symbole rechter Gesinnung sind. Auf weiträumigen Plätzen kann man prima Paraden abhalten. Das fällt nun leider flach. Wo soll man nun die Tribüne für das Politbüro aufstellen? Dieser Brunnen, der noch dazu wie ein Wok aussieht, ist Fremdkultur. Auch unter Umweltaspekten (Klimawandel führt zu Wassermangel) muss man den Brunnen ablehnen, weil er mit der Idee des Wassers SPIELT. In Anbetracht des Waldsterbens ist uns aber nicht nach Spielen zumute. Wasser ist Mangelware!!! Damit spielt man nicht. Auch nicht als Ente. Wir könnten den Brunnen aber „Brunnen des Friedens“ oder „Springquell der Völkerfreundschaft nennen“ – dann wäre er für mich akzeptabler.
Als typische Ewiggestrige: Der Brunnen in seiner Schlichtheit hat die Weitläufigkeit des Münsterplatzes noch nie gestört und er stört auch jetzt nicht. Ist doch gut, dass da was plätschert – gerade jetzt, bei dieser extremen Hitze. Jene, die „Weitläufigkeit“ (oder urbane Kahlheit) lieben: Bitte mal zum Konzilvorplatz, jede Menge Asphalt, staubiger Feinkies und eine winzig kleine verdorrte Fläche, die als Gras nicht mehr zu erkennen ist. Allerdings, auch dort stört ein Brunnen und menschenmassen.
Ich kann nur hoffen, dass das als Glosse gemeint ist.
Für den anderen Fall: Die Größe der Leute, denen diese kniehohe Schüssel angeblich die Sicht versperrt, kann man nur erahnen. Wobei ‚Größe‘ in vielerlei Hinsicht verstanden werden darf.
Frank Schmalbach
Warum soll ein „Münsterbrunnen“ nicht einen „Münsterplatz“ begleiten? Doch ziemlich „Abendländische Tradition“! Die gewählte elementare Schlichtheit des Brunnens nimmt der „Architekturkunst“ (hpk) sicher nichts weg – im Gegenteil. Nur der „touristisch populäre Witzbrunnen“ von der Laubenmitte wäre hier out! Natürlich könnte man sich den Brunnen auch auf der Süd-Längsseite des Münsters vorstellen, im Bereich Pfalzgarten. Oder auf der Nord-Längsseite zum ehemaligen Kreuzgang hin. Ob solche Überlegungen angestellt wurden, weiss ich nicht. Es mag schon sein, dass der „Wasseranschluss“, der an der jetzigen Stelle schon immer für einen Brunnen benutzt wurde, spontan in die Neuaufstellung einfloss. Man hätte sich auch vorstellen können, dass ein einfaches Holzplattenmodell in Originalgrösse die verschiedenen Möglichkeiten für die Konstanzer hätte aufzeigen können, um einer allgemein zu verstehenden Lösung näher zu kommen. Kritik – von „Ewiggestrigen“ oder „Neudenkern“ – gäbe es indes immer, wo denn auch „Gutmann“ heute wieder plätschern würde. So sind wir.