Ein Heizmann allein bringt noch keine Quote
Die diesjährige Konstanzer TV-Fasnacht im SWR sei die beste seit Jahren gewesen, jubelte der Südkurier. Minutenlang habe es Ovationen gegeben, vor allem beim Pegida-kritischen Vortrag von Alfred Heizmann. Anderntags die Ernüchterung: Die Fernsehzuschauer jubilierten so gar nicht mit, die Einschaltquote ist dramatisch eingebrochen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand
Schon der Einstieg war ein tiefer Griff in die Niederungen des guten Geschmacks: Da hampelte ein älterer Herr ungelenk über die Bühne und präsentierte eine Nummer aus dem Leben eines Autofahrers. Wer dachte, bei diesem Thema sei die Zeit der abgeschmackten Spießerwitzchen vorbei, täuschte sich. Kleine Kostprobe: „Wie heißt ein Spanier, der kein Auto hat?“ Antwort: „Car-los“. Tusch und trarä und nochmal Tusch. Musikalisch auch begleitet vom bekannten Konstanzer Musiker Jürgen „Ich werde langsam älter und brauche das Geld“ Waidele. Fehlen durfte bei diesem Desaster natürlich nicht die Bemerkung, dass Frauen immer noch nicht rückwärts einparken könnten. Tusch, Trara, Gegröle.
Ein Start also auf ganz tiefem Niveau, dem sich auch der zwangsjuvenile Moderator gerne anpasste und nach unnötiger Plapperei das „Schnatterquintett“ aus Orsingen ins Rampenlicht bat. Fünf Damen in gesetztem Alter räsonierten in quälender Länge darüber, dass sie nichts zum Anziehen hätten. Dazu holprige Reime und zittriger Gesang. Sie haben sich bemüht, sollten aber ernsthaft ihre weiteren Auftritte überdenken. Wer nun gehofft hatte, es könne nur noch besser werden, wurde leider eines Schlechteren belehrt. Ein angeblicher Schwabe machte sich über die Badener lustig. Wer hat den nur engagiert? Auch so ein Reimmeister: „Wir Schwaben, ich will`s hier bekunden, haben den BH erfunden“. Meine Fresse!
Nach einer knappen Stunde zeigten Norbert Heizmann und Claudia Zähringer zumindest im Ansatz, dass es auch anders geht. Ihre Persiflage als Klaus Kleber und Gundula Gause auf das „Heute Journal“ war akzeptabel. Nett auch ihre Erklärung, was sich hinter dem Begriff Pegida versteckt: „Partei einiger ganz irrer Dresdner Affen“. Doch der Absturz ließ nicht lange auf sich warten und folgte bei der nächsten Nummer. Ein als Hofnarr verkleideter Zeitgenosse hatte sich vorgenommen, die Landespolitik durch den Kakao zu ziehen. Der gute Vorsatz endete aber im Fiasko. Im Mittelalter wurden Hofnarren, fand man ihre Späßchen nicht amüsant genug, gerne mal einen Kopf kürzer gemacht. Dieses Schicksal hatte der Konstanzer Hofnarr aus dem 21. Jahrhundert nicht zu befürchten. Sein Problem war ein ganz anderes: Er brachte seinen Text nicht auf die Reihe, gab eine wirklich bedauernswerte Figur ab und konnte einem herzlich leid tun. Da half auch kein Tusch.
Stark dann der Auftritt von Alfred Heizmann. Gekonnte Wortakrobatik, professionell vorgetragen. Der letzte vorzeigbare und über die Landesgrenzen hinaus bekannte Fasnachter, der auch noch Helmut Faßnacht hieß, hätte seine helle Freude an Heizmann gehabt. Vor allem dessen Appell, Fremden die Hand zu reichen und sich gegen dumpfen Rassismus zu stemmen, war eindrucksvoll. Er stellte – wieder mal – alles andere in den Schatten. Doch ein Alfred Heizmann allein macht noch keinen Sommer und ist auch kein Garant für eine zufriedenstellende Einschaltquote. Der SWR, der seit Jahren aus unerklärlichen Gründen in Vasallentreue an der zweieinhalb Stunden langen Sendung festhält, wäre gut beraten, neue Wege zu gehen. Vorschlag zur Güte: Auf die Live-Übertragung verzichten, die wenig guten Nummern auf 45 Minuten zusammenschneiden und zeitversetzt senden. In der jetzigen Form ist dieses Format nicht mehr zu ertragen.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: H.Reile