Ein OB bittet um Hilfe

seemoz-Burchardt-youtubeDer Konstanzer Gemeinderat soll auf seiner nächsten Sitzung am kommenden Donnerstag dem OB Burchardt eine(n) neue(n) Assis­ten­ten/in bescheren: Eine hochqualifizierte Person soll einen 0,75-Posten zur „Steuerungs­unter­stützung im OB-Büro“ erhalten. Der überbeschäftigte OB braucht in „Fragen des strategischen Controllings und der strategischen Planung“ vornehmlich seiner zahlreichen Aufsichtsratsposten angeblich Unterstützung, ist der Vorlage zu entnehmen.

Die durchaus ambitionierte Stellenausschreibung spricht von einem Bewerber, der über „einen politik-, wirtschafts- oder verwaltungswissenschaftlichen Hochschul- oder Universitätsabschluss verfügt und darüber hinaus einschlägige Berufserfahrung in der Zusammenarbeit mit kommunalen Gremien“ hat. Bezahlt werden soll dieser Tausendsassa nach A12, was rund 4000 Euro Monatsgehalt ausmacht.

Nun ist die seemoz-Redaktion nicht dafür bekannt, zusätzliche Arbeitsplätze in der Stadtverwaltung abzulehnen. Eher im Gegenteill: Wir plädieren seit jeher für eine bessere personelle Ausstattung der Verwaltung und kritisieren eben solange, dass der Personalabbau der letzten Jahre zu den Engpässen geführt hat, unter denen derzeit die MitarbeiterInnen der Stadt erkennbar und zurecht stöhnen. Aber muss es dann eine Stabsstelle in der Verwaltungsspitze sein, wären andere Arbeitsplätze – in der Flüchtlingsbetreuung oder beim Bauamt zum Beispiel – nicht dringlicher?

In der Vorlage für den Gemeinderat wird auf die Überbelastung des Oberbürgermeisters vor allem durch Aufsichtsratsposten bei Beteiligungsgesellschaften wie der Wobak oder den Stadtwerken abgehoben. Da liegt tatsächlich eine Ämterhäufung für den OB vor. Aber ist die nötig, fragt man sich? Selbst, wenn Satzungen eine solche Teilnahme vorschreiben – lassen sich solche Satzungen nicht ändern? Könnte nicht jemand aus der Verwaltungsspitze den OB, der sich erst kürzlich in den Hauptausschuss des Deutschen Städtetages hat wählen lassen, entlasten und ihm den einen oder anderen AR-Posten abnehmen?

Aus unerfindlichen Gründen sind solche Aufsichtsratssitze jedoch heiß begehrt – an den keineswegs üppigen Tantiemen (die sind in der Wirtschaft weit lukrativer) kann es nicht liegen. Auch Mitglieder im Gemeinderat schmücken sich gerne mit dem Titel „Aufsichtsrat“, wobei die Einflussmöglichkeiten der AR-Mitglieder – anders als im europäischen Ausland – durchaus bescheiden sind.

Nein, OB Burchhardt ist eine deutliche Arbeitsentlastung durchaus zu wünschen. Ein, zwei Pöstchen weniger wären angemessen. Dann bräuchte der Gemeinderat am Donnerstag auch nicht über eine Aufblähung der Verwaltungsspitze zu diskutieren – es stehen nämlich wichtigere Themen auf der Tagesordnung: Fragen zur Flüchtlingsunterbringung und -betreuung zum Beispiel oder zur Bürgerbeteiligung oder zur Schulentwicklungsplanung.

hpk