Ene mene miste…

Vorsicht: Realsatire. Die „Rappelkiste“ heißt jetzt echt kindgerecht: „Kinderhaus am Salzberg“. Mochten sich die Texter der TV-Serie vorstellen, dass ihr Titelsong so nachhaltig realisiert wird? Ene mene miste, es rappelt in der Kiste, ene mene meck, und du bist weg. Dazu braucht es Amtsschimmel-Charme. Made in Konstanz.

Mehr noch: Mit seiner Begründung für diese kreativ-revolutionäre Umbenennung liefert das Sozial-und Jugendamt ein Stück verschrobener Behörden-Dialektik. Kein Wort mehr von kindlichem Spaß und Quatsch, für den „Rappelkiste“ steht, dafür mehr von – nebenbei auch noch falsch verstandener – aktueller Pädagogik. Die Vorlage aus dem Sozial- und Jugendamt der Stadt Konstanz im auszugsweisen Wortlaut:

„Im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Umzug des Kinderhauses Rappelkiste in die neuen Räumlichkeiten (Mainaustraße 45) wurde der Name des Kinderhauses Rappelkiste hinterfragt. Der Name, welcher in Anlehnung an eine Kinderfernsehsendung aus den 70er Jahren entstanden ist, erscheint aus zwei Gründen nicht mehr passend.

Mit einer rappelnden Kiste wird Bewegung und große Aktivität verbunden, von außen betrachtet kann jedoch nicht gesehen werden, was genau passiert. Die Bewegung erscheint zudem auch nicht zielgerichtet, sondern wird eher mit einem Durcheinander verbunden. Das Kinderhaus dagegen versteht sich als Bildungseinrichtung, die dem aktuellen Anspruch der Pädagogik gerecht wird, indem es gezielte Bildungsangebote vermittelt und diese auch transparent für Eltern und Öffentlichkeit dokumentiert. Diesem seit Eröffnung der Rappelkiste veränderten Verständnis von Bildungsangeboten in den Tageseinrichtung sollte unseres Erachtens durch die Veränderung des Namens Rechnung getragen werden.

Zum anderen passt unserer Meinung nach der Name Rappelkiste nicht zu dem mit großer Sorgfalt renovierten Gebäude. Besonders nicht, da ein Teil des Komplexes schon 1868 erbaut wurde und in Konstanz als Bismarck-Villa bekannt ist. Seit Beginn der Baumaßnahme werden wir von vielen Eltern auf die Villa als neuen Standort angesprochen, da erscheint es uns nicht passend, diese Villa in Rappelkiste umzubenennen.

Auf der Suche nach einem neuen Namen haben wir uns in Anlehnung an die stadtteilorientierte Bezeichnung anderer städtischer Tageseinrichtungen und Kinderhäuser leiten lassen. Neben den Namen Kinderhaus im Paradies, Kinderhaus am Rhein, Kindertagesstätte Urisberg oder Kindergarten Wallhausen wäre der Name Kinderhaus am Salzberg ein weiterer Einrichtungsname mit Stadtteilbezug.“

So weit die behördliche Quacksalberei. Den Namen der Dichterin verraten wir nicht. Ihre verborgene Motivation schon. Da soll aufgeräumt werden mit der vermeintlich verqueren Pädagogik der „Gutmenschen“ der 60iger, 70iger Jahre, jetzt haben „Bildungseinrichtungen“ wieder Vorrang. Wie schon der verschämte Hinweis auf die Villa Bismarck zeigt. Also vorwärts in eine Zukunft dressierter Kinder, Jugendlicher und Studenten, die kritiklos, zweck- und leistungsorientiert der Industrie zuarbeiten – sei es EADS, Daimler oder Deutsche Bank, die mit ihren ‚Kooperations-Vereinbarungen‘ an Schulen und Universitäten das Feld der schamlosen Beeinflussung weiter beackern.

Schade, mir und meinen Kindern hat die „Rappelkiste“ immer Spaß gebracht. Gerade, weil man nicht weiß, was passiert.

Autor: Hans-Peter Koch