Es geht nicht nur ums Scala

seemoz-logo konstanzMan muss wohl leider davon ausgehen, dass das beliebte Scala-Kino auf der Marktstätte zumindest in seiner jetzigen Form nicht zu halten ist. Aber im Zusammenhang damit stellt sich die Frage nach einer lebenswerten Stadtgestaltung. Wie sehen das die Entscheidungsträger in der Stadtverwaltung? Und: Haben die BürgerInnen alles still und demütig hinzunehmen, was in ihrer Kommune passiert?

Zwar gibt es Widerstand aus der Bevölkerung, aber das beliebte Programmkino in der Konstanzer Innenstadt steht vermutlich vor dem Aus. Mehrfach in den vergangenen Jahren wurde das Scala für sein anspruchsvolles Programm ausgezeichnet. Aber die Konkurrenz auf dem heimischen Kinomarkt ist groß und gegen das kommerzielle Angebot des nahegelegenen Cinestar kann das Scala wirtschaftlich auf Dauer nicht bestehen. Vermutlich schon Ende 2016 wird das kleine Kino mit seinem nostalgischen Charme der 50er Jahre schließen. Die Eigentümer der Immobilie wollen den Pachtvertrag mit dem Kinobetreiber nicht verlängern. Was nicht nur Anhänger des Scala auf die Palme treibt: Ein dm-Drogeriemarkt wird dort anschließend seine Pforten öffnen – mittlerweile der fünfte in Konstanz.

Für viele in der Stadt ist diese Vorstellung schier unerträglich. Das Grummeln in der Bevölkerung wird lauter. Die totale Kommerzialisierung der Innenstadt scheint grenzenlos und führt zu einer weiteren Verödung des Konstanzer Stadtkerns. Nicht nur Theaterintendant Christoph Nix kritisiert diese Entwicklung scharf. Bei einem von ihm organisierten Bürgergespräch wurde darüber diskutiert, was man noch tun könne, um die Stadt nicht weiterhin ausnahmslos profitorientierten Filialisten zum Fraß vorzuwerfen. Kampflos wolle man sich nicht beugen, es reiche nun mit der städtebaulichen Verschandelung in Konstanz‘ Mitte, war mehrfach zu hören. Doch was tun? Unterschriften werden gesammelt, an die Besitzer der Immobilie wird appelliert, dazu möchte man das Gespräch mit dem dm-Gründer Götz Werner suchen.

Bei der vergangenen Gemeinderatssitzung meldeten sich mehrere BürgerInnen zu Wort und konfrontierten den Rat und die Verwaltungsspitze hartnäckig mit der Angelegenheit. Vor allem Oberbürgermeister Uli Burchardt schien überrascht ob der vorgetragenen Kritik. Zwar drückte auch er sein Bedauern über das nahe Ende des Scala aus, erklärte aber, dass da seiner Meinung nach nichts mehr zu machen sei. Außerdem, so Burchardt sinngemäß, sei doch nichts dagegen einzuwenden, wenn dort in Bälde ein schöner Laden (!) eröffnet würde. Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn schloss sich ihm inhaltlich an und wies darauf hin, dass – zöge man vor Gericht – die Erfolgsaussichten bei Null lägen.

Doch wichtige Fragen bleiben, und auch aus dem Rat wurden vereinzelt Stimmen laut, die sich ebenfalls Sorgen machen um das sich ständig verändernde Stadtbild zugunsten prall gefüllter Ladenkassen. Der ehemalige Baubürgermeister Volker Fouquet hat schon vor Wochen eine Veränderungssperre zur Diskussion gestellt. Wie steht es darum? Hat die Stadt noch andere Möglichkeiten, um gegenzusteuern? Will sie das überhaupt oder nimmt sie weiterhin widerstandslos hin, wenn auch das letzte innerstädtische Fleckchen zur Spielwiese für finanzstarke Unternehmen wird? Und denen durch die Bank schlichtweg egal ist, wie es um das Erscheinungsbild der Stadt und die Bedürfnisse der hiesigen Bevölkerung bestellt ist.

Kommenden Donnerstag kommt das Thema ab 16 Uhr im Technischen- und Umweltausschuss (TUA) zur Sprache. Bis dahin hat die Verwaltungsspitze noch genügend Zeit, die eventuell noch vorhandenen Handlungsspielräume darzulegen. Das könnte eine grundsätzliche Diskussion in Gang bringen, die in Konstanz auch überfällig ist.

H. Reile