G7-Gipfel: Der Irrsinn in und rund um Elmau
Am Wochenende treffen sich die Mächtigen dieser Welt zum Plausch in bayerischer Idylle, umsorgt von rund 20.000 Polizisten. Bis zu 300 Millionen Euro könnte die Veranstaltung kosten. Die gesamte Region wurde zum Hochsicherheitsgebiet erklärt und man ließ nichts unversucht, die zu erwartenden DemonstrantInnen schon im Vorfeld zu kriminalisieren und Ängste bei der hiesigen Bevölkerung zu schüren. Eine seemoz-Leserin hat sich, so gut es ging, vor Ort umgeschaut. Hier ihre Eindrücke in Text und Bild.
(…) Die Zaunbilder sind aus der direkten Umgebung von Elmau. Auf einem Bild ist auch das Schloss Elmau selbst zu sehen. Der Zaun, den angeblich ja niemand errichten wollte. Er geht mitten durchs Naturschutzgebiet, durch das angeblich schönste Wandergebiet weit und breit (…).
Zur Zeit üben ca. 20.000 PolizistInnen hier im Oberland fleißig – sie fahren Streife, schauen sehr geschäftig aus, machen Selfies von sich selbst mit ihren Autos vor dem Alpenpanorama, fahren Kolonne und sperren dabei hermetisch alle Strassen ab. Dabei schauen sie furchtbar grimmig und wenn man sie fragt, was sie tun: „Es ist geheim. Aber wir haben immer einen Auftrag. Wir fahren nicht einfach so in der Gegend umher“.
An allen Zufahrtsstrassen stehen Untersuchungskabinen. Wir dachten ja lange, es wären mobile Klos. Weit gefehlt. So können nämlich alle Demonstranten – oder wie man heutzutage ja lieber sagt: Übeltäter (denn das ist ja neuerdings das Synonym), von Kopf bis Fuß gefilzt werden. Alle Autos werden durch Kontrollen geleitet, pro Kontrollstelle stehen ca. 15 Polizeiautos, Versorgungszelte, Scheinwerferanlagen und viele Polizisten mit Gewehren. Fotografieren darf man sie nicht. Auch vom Feld aus ist das ganz schwierig, weil da sind ebenso viele Polizisten, die gut getarnt durch die Büsche schleichen und einen bitten, doch nicht stehenzubleiben und auf keinen Fall zu fotografieren. Überhaupt sollte man sich doch bitte eigentlich gar nicht hier aufhalten.
Gerade ist der Lärm ohrenbetäubend: 10 Hubschrauber fliegen in einer schönen Formation bereits zum zweiten Mal heute durch den blauen Himmel… Wander- und Rastparkplätze sind ALLE gesperrt. Die meisten größeren öffentlichen Parkplätze sind nur noch für die Polizei frei.
Die Protokollstrecke (sic!) wurde bereits vor Wochen bearbeitet. Alle Gullideckel wurden versiegelt. Wir fühlen uns sehr sicher, weil das Betreuungsverhältnis Polizist – Bürger dem einer gut geförderten Betreuungseinrichtung gleich kommt. Im Ernst: Es nervt ziemlich, wenn ständig aus dem Nichts Polizisten auf Motorrädern aus Seitenstraßen herausflitzen und den Verkehr komplett aufhalten. Viele Geschäfte und Schulen in der gesamten Gegend haben ihre Eingänge und Schaufenster verbarrikadiert.
Ein mir bekannter Schmied hat die Anfrage bekommen, ob er die hier stationierten Polizeipferde beschlagen würde. Dafür müsste er zwar Tag und Nacht bereitstehen, würde aber immer von einer Polizei-Eskorte begleitet, um zu den Pferden zu gelangen. Die Pferde sind aber etwas eigen und vertragen sich mit den Ziegenherden, die es hier doch zuhauf gibt, nicht wirklich. Also wurden die Ziegenherden jetzt aus der heißen Zone gebracht.
Die Gerüchteküche brodelt, es gibt keine anderen Themen mehr. Die meisten Geschäfte haben seit dem 3.6. geschlossen. Die Angestellten und die Kunden kommen gar nicht mehr durch. Rewe hat ein Zeitungsinserat geschalten: „Vom 4.6. bis 9.6. haben wir prinzipiell geöffnet. Es kann aber situationsbedingt zu stunden- oder tageweisen Schließungen kommen“.
Das sind also ein paar Eindrücke aus diesem verrückten Kessel hier, es fühlt sich an wie in einem Kriegsspiel.
Text und Bilder: V. Setschmo