Gemeinderatsgeheimnisse

SPD-Stadtrat Leipold und OB Frank klopfen sich auf die Schulter: Endlich was für Transparenz im  Gemeinderat getan. Doch die Idee von Livestream-Übertragungen aus dem Konstanzer Gemeinderat ist eine Nullnummer. Denn es kann nicht um Direktsendungen von öden, ohnehin öffentlichen Sitzungen gehen, sondern nur um die Öffnung nicht-öffentlicher Sitzungen. Und die werden bestimmt nicht übertragen. Nahezu jede zweite Sitzung der Konstanzer Gemeindeparlamente, ob Stadtrat oder Ausschüsse, findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt – Spitzenwert in Ba-Wü-Volksvertretungen, wie Experten des Gemeindetages bestätigen. Kaum eine Sitzung in Konstanz ohne geheime Beratung – nicht-öffentlich nennt man solche Beschlussfassung hinter verschlossen Türen. Gemeint ist der bewusste Ausschluss der Öffentlichkeit; Stadtverwaltung und Gemeinderat wollen die wirklich wichtigen Entscheidungen unter sich auskungeln.

Dabei ist die Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg eindeutig: Paragraf 35 bestimmt in Satz eins unzweifelhaft: „Sitzungen des Gemeinderats sind öffentlich“. Weiter heißt es, zugegebenermaßen schwammig, „nicht öffentlich darf nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen einzelner“ betrifft. Klar ist allein, dass damit die Verhandlung persönlicher Angelegenheiten, beispielsweise die Entscheidungen über Postenbesetzungen, gemeint ist. Das sei akzeptiert. Aber was meint: „Angelegenheit des öffentliche Wohls“? Darüber entscheidet der Bürgermeister, der die jeweilige Tagesordnung festsetzt: Der Oberbürgermeister für die Gemeinderatssitzungen, die Bürgermeister für die Ausschusssitzungen.

Und das ist das Problem: Oberbürgermeister Frank und die Bürgermeister Boldt und Werner – der weniger – entscheiden bei Aufstellung der jeweiligen Tagesordnung, was öffentlich und was nicht-öffentlich beraten und entschieden werden soll. Und die Mitglieder des Gemeinderates halten in der Regel still. Dabei hätten sie die Chance, für Öffentlichkeit zu sorgen. Denn in Paragraf 35 der Gemeindeordnung heißt es auch, dass „auf Anträge aus der Mitte des Gemeinderates, einen Verhandlungsgegenstand entgegen der Tagesordnung in öffentlicher oder nicht öffentlicher Sitzung zu behandeln,..in nicht öffentlicher Sitzung…entschieden wird“. Doch solche Anträge, solche Entscheidungen gab es im Konstanzer Gemeinderat noch kaum.

Was den Schluss zulässt: Auch die gewählten Volksvertreter sonnen sich in ihrer Besonderheit als Geheimnisträger. Und übersehen dabei, dass beispielsweise Entscheidungen über die Kliniklandschaft im Landkreis unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefällt werden; Entscheidungen, die für jeden von uns buchstäblich lebensentscheidend sind. Ein Skandal, der spätestens bei den nächsten Kommunalwahlen nach Erneuerung schreit. Denn die derzeitigen GemeinderätInnen lernen es wohl – mit wenigen Ausnahmen – nicht mehr.

Autor: hpk