Gib‘ Gas, Kumpel

Autofreier Tag? Was ist das? Der 22. September war ein solcher autofreier Tag. Haben Sie was gemerkt? Selbst bei strahlendem Sonnenschein zwängt sich der Konstanzer in seine Blechkiste und die sich in die Blechlawine auf der Bodanstraße. Und morgen erklärt der Gemeinderat unser Konstanz zur Autostadt. Gib‘ Gas, Kumpel

Dürfen es noch ein paar Parkplätze mehr sein? Noch mehr Abgase, mehr Ampeln, mehr Verkehrsschilder, mehr Verbote? Die Bleifuß-Kumpels im Gemeinderat und ihre Hintermänner aus dem Einzelhandelsverband wollen noch mehr motorisierte Kunden in die Innenstadt locken, wollen noch mehr Parkplätze am Lago, noch mehr Staus in der Innenstadt. Denn die Kassen sollen klingeln, auch wenn die Lungen rasseln.

Noch ’ne Frage: Kennen Sie WCN? WCN heißt die Organisation, die den 22. September zum autofreien Tag erklärt. WCN steht für World Carfree Network, also weltweites, autofreies Netzwerk, und will Alternativen zur Abhängigkeit vom Auto finden: die Lebensqualität der Menschen verbessern und die Umweltverschmutzung reduzieren. Frommer Wunsch, wenn man in den Konstanzer Ratssaal schaut.

Aber stellen Sie sich nur mal vor, an solch‘ einem Tag ließe jede/r sein Auto stehen und ginge vor sich hin. Alle würden sich wundern – die Großindustrie, die Ölmultis, auch der Staat und der Gemeinderat zu Konstanz ohnehin, wenn mal einen ganzen Tag keiner zur Tankstelle führe, die Werkstätten kunden- und die Verkehrspolizisten arbeitslos blieben. Die Aldi-Taschen würden wieder mit der Hand getragen, die Kinderchen müssten selber zur Schule laufen und die Roten-Arnold-Busse könnten sich der Fahrgäste kaum erwehren; Staus gäbe es nur am Schiffsanleger und den Fahrrädern gehörte die Stadt. Schöne neue Welt.

Stattdessen soll alles bleiben, wie es schlimm genug schon ist. Neue Ideen werden verteufelt, wie eine City-Maut zum Beispiel, obwohl von Mailand über London bis Oslo die Verkehrsplaner von dieser Idee begeistert sind; alternative Konzepte wie ParkandRide und kostenlose Shuttle-Services, wie sie ‚das bessere Verkehrskonzept‘ für Konstanz vorschlägt, werden verdammt, denn allzu viel Neues beansprucht graue Zellen allzu sehr. Die Stadtverwaltung folgt lieber fleißig den deutschen Verwaltungsgrundsätzen: Das ham wir immer schon so gemacht. Da könnte ja jeder kommen. Da bleiben wir lieber konzeptionslos.

Und der Gemeinderat? Wird er Verkehrsvernunft beweisen oder doch lieber in ausgefahrenen Verkehrsspuren weiter wursteln? Will er neue Ideen aufgreifen oder doch lieber im (Reform)Stau stecken bleiben? Am 24. September wissen wir mehr.

Autor: Hans-Peter Koch