Herr Werner antwortet nicht

Dass Bürgermeister Werner nicht gerne Briefe schreibt, weiß man. Dass er aber auch Briefe nicht beantwortet, ist neu.

Ein wenig spröde kommt der Technokrat schon daher. Bürgermeister Kurt Werner, gelernter Architekt und zeitlebens Baumeister in städtischen Diensten, ist sicher kein Mann der schnellen Zunge; auch wahre Bonmots kennt man von ihm nicht. Und wahrscheinlich gehen ihm Planungszeichnungen leichter von der Hand als Satzkonstruktionen. Aber sollte man darum das Schreiben von Antwortbriefen einstellen? Oder nur untergebenen Bürokraten überlassen? Zwei nun schon wieder ärgerliche Beispiele aus jüngster Vergangenheit fallen dazu ein und auf:

Da ist Renate Frommer. Die hatte schon Anfang Februar dem Baubürgermeister einen langen Brief geschrieben. Ihr ging es um den Konstanzer Mietspiegel und seine Ungereimtheiten, in Wirklichkeit aber um Mieterhöhungen und deren Ungerechtigkeiten (seemoz berichtete). Sie bat den Bürgermeister um Aufklärung und Hilfe. Doch aus dem Rathaus kam kaum Aufklärung und Hilfe schon gar nicht – nur eine dürre, bürokratische Antwort, die den Konstanzer Mietspiegel verteidigt und zu den Mieterhöhungen jede Aussage verweigert.

Da ist auch die seemoz-Redaktion. Sie bat vor jetzt zehn Tagen um Aufklärung, warum gerade sie nicht zu einer Präsentation eines Neubauplanes in der Chérisy eingeladen wurde. Wir hätten uns über eine bescheidene Antwortmail oder einen kargen Anruf gefreut – wir warten noch immer.

Wie gesagt: Nicht jeder mag Briefe schreiben. Es gibt sogar Leute, die überhaupt nicht schreiben mögen. Es gibt auch Menschen, denen Antworten schwer fallen. Aber die sind nicht Bürgermeister.

Im Fall seemoz scheint die Sache klar. Diese widerborstigen Schreiberlinge hatten die jüngsten Neubau-Absichten in der Chérisy argwöhnisch beäugt, hatten überdies den Kritikern aus der Initiative „Schöne Chérisy“ Gehör verschafft, das jene in anderen Medien nicht fanden. Das ärgert Investoren und deren Steigbügelhalter in der Stadtverwaltung – schon klar. Aber muss man darum zu kleinlichen Mitteln der Informationsverweigerung greifen? Auch das ist nicht erst seit Heinrich Heine klar: Zensur war schon immer ein Zeichen der Schwäche.

Der Fall Frommer wiegt schwerer. Da wendet sich eine 72jährige, seit 34 Jahren am St. Gebhard-Platz beheimatete Mieterin in ihrer Not an den Bürgermeister. Sie fürchtet Luxussanierung, Mietsteigerung, Rausschmiss womöglich. Wozu ist ein Baubürgermeister da, wenn er solche Bürger-Beschwerden nicht ernst nimmt? Der jedoch leitet den Frommer-Brief zunächst mal an den Vermieter weiter (muss das sein?). Dann, nach Wochen, das Antwortschreiben vom Bürgermeister. Renate Frommer bezeichnet den Brief als „nur bla-bla“. Dem muss man nicht zustimmen, dennoch bleibt ein fader Geschmack, denn außer der Selbstverpflichtung, beim fraglichen Umbauantrag das öffentliche Baurecht anzuwenden (wer hätte das gedacht?), fehlt dem Schreiben des Baubürgermeisters jede nur halbwegs konkrete Aussage.

Bürgermeister werden, anders als Oberbürgermeister, vom Gemeinderat gewählt. Eine Wahl – oder Abwahl – durch das Volk ist nach badenwürttembergischen Gemeinderecht nicht möglich. Aber dürfen deshalb Bürgermeister den Wählerwillen derart schmählich missachten? So viele Fragen – Antworten werden kommen.

Autor: hpk