„Jetzt lassen Sie uns doch einfach mal machen“
Ruth Bader, Chefin des Programms für das bevorstehende Konziljubiläum, hat es wirklich nicht leicht mit dem Betriebsausschuss Konzil (BAK). Erst wurden ihre Vorschläge überwiegend für „toll“ und „großartig“ befunden, nun aber ist bei fast allen Vorhaben die doppelte Rolle rückwärts mit abschließendem Strecksprung angesagt. Ein Programm-GAU bricht sich Bahn und die Programm-Chefin muss sich fragen, wie lange sie sich das noch zumuten möchte
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass den Mitgliedern des BAK erst jetzt langsam klar wird, worin ihre hauptsächliche Aufgabe besteht: Kontrolle auszuüben, Projekte schon im Vorfeld auf den Prüfstand zu stellen und ein Auge auf Finanzierbarkeit und Nachhaltigkeit zu werfen. Denn es geht um ein Festprogramm für eine kleine bildungsbürgerliche Minderheit, das insgesamt mindestens 12 Millionen Euro kosten wird und für das die Konstanzer Steuerzahler mit rund fünf Millionen Euro zur Kasse gebeten werden sollen (seemoz berichtete mehrmals ausführlich).
Die Jubelarien der vergangenen Jahre sind leiser geworden oder gar völlig verstummt. Ein Projekt nach dem anderen, von der Mehrheit zuerst begeistert abgenickt, kippt nun oder wird in Frage gestellt. Auf hartnäckige Intervention der Linken Liste Konstanz (LLK) wurde der Nachbau einer Lädine verworfen, dann der Handwerkermarkt, der für die Dauer von fünf Jahren geplant war, und jetzt scheint es auch dem Kunstprojekt „Your eyes on me“ an den Kragen zu gehen. Wieder war es die LLK, die dagegen hielt und auf die datenschutzrechtlichen Bedenken, die zu hohen Kosten und die fehlende Nachhaltigkeit verwies. (Der Bericht des Stuttgarter Datenschützers war exklusiv auf seemoz nachzulesen). Dass die in diesem Ausschuss nur rede-,aber nicht stimmberechtigte LLK plötzlich Unterstützung von Gemeinderäten erhält, die bislang alle Vorschläge freudig erregt kommentierten, regt zum Schmunzeln an. Immerhin: Manchen Entscheidungsträgern scheint allmählich zu dämmern, dass es langsam ans Eingemachte geht.
Andreas Ellegast (CDU) erklärte salbungsvoll, man müsse die Vorbehalte der LLK „ernst nehmen“. Jürgen Faden (FWG) schloss sich postwendend an und plädierte sogar dafür, das Projekt „in Ehren sterben zu lassen“. Dem Elektromeister scheint ein Licht aufzugehen. Ihn aber, wie es der Südkurier fertig brachte, als Jubiläumskritiker aufzubauen, ist ein kommunalpolitischer Treppenwitz. Vor allem Faden war es, der in den vergangenen Jahren fast alles abnickte, was mit dem Konziljubiläum in noch so vager Verbindung steht.
Jürgen Ruff (SPD) und Günter Beyer-Köhler (FGL) hingegen würden gerne an dem Videoprojekt festhalten, zeigten sich ob der neuen Entwicklung allerdings höchst irritiert und bezeichneten die kritischen Anmerkungen des Stuttgarter Datenschützers Jörg Klingbeil als „völlig übertrieben“. Ruth Bader (s. Foto) sah im Minutentakt ihre Jubiläums-Felle davon schwimmen und merkte mit flehender Stimme an: „Sie haben das alles schon mal befürwortet – jetzt lassen Sie uns doch einfach mal machen“. Ein Bild des Jammers, denn sie merkt schon lange: Wer diesen Ausschuss im Kreuz hat, braucht keine Feinde mehr.
Gar nicht ins Konzept passt der gebeutelten Jubiläumsorganisatorin der Vorschlag, für 2014 eine Kunstausstellung mit ins Programm zu nehmen. Der Konstanzer Kunstverein präsentierte eine Idee, die durchaus Charme hat. Unter dem Titel „Meeting Point“ sollen ab Juni 2014 zum Teil namhafte Künstler aus dem In- und Ausland nach Konstanz kommen und Werke präsentieren, die einen Bezug zum Konziljubiläum haben. Geplant ist, den überwiegenden Teil der Arbeiten rund um historische Gebäude zu zeigen. Für die Stadt würden Kosten in Höhe von 35 000 Euro anfallen. Der Betriebsausschuss stimmte mehrheitlich dafür und zeigte sich angetan. Sehr zum Verdruss von Ruth Bader, die – allein auf weiter Flur – darum bat, das Projekt auf 2015 zu verschieben. Mit kurzfristigen Änderungen im Jubiläumsprogramm ist sie schlicht überfordert, Flexibilität ist ihre Sache nicht. Alles, was von ihrer ursprünglich geplanten Vorgehensweise abweicht, stürzt sie schier in blanke Verzweiflung. Sie kann einem fast leid tun, denn sie muss das ausbade(r)n, was ihr andere eingebrockt haben.
Es war der frühere Oberbürgermeister Horst Frank, der schon 2009 großmundig erklärte, mit dem Konziljubiläum tauche Konstanz ab 2014 endlich „auf der europäischen Landkarte“ auf und mausere sich zu einer Kulturhauptstadt, auf die alle Welt schaue. Anschließend forderte er die Mitarbeiter in diversen Abteilungen auf, sich anlässlich des Ereignisses irgendwas zu überlegen. Das machten die dann auch und heraus kamen Hirngespinste (Erlebbares Mittelalter, Nachbau einer Lädine, Handwerkermarkt, Garküche), die der Gemeinderat hochjubelte und an denen jahrelang herum gedoktert wurde, die aber mittlerweile fast alle in der Versenkung verschwunden sind.
Und schon bahnt sich eine neue Programmänderung an. Da das Jubiläum für Jugendliche fast gar nichts zu bieten hat, ist für 2018 eine Veranstaltung vorgesehen, die den Titel „Minne meets Poetry-Slam“ trägt. Das sei zu spät, bemängeln viele, diese Veranstaltung müsse am Anfang des Jubiläums stehen. Dieser Meinung scheint auch OB Uli Burchardt zu sein, sehr zum Missfallen von Ruth Bader, die sich allmählich fragen wird, wie lange sie sich das perfekt organisierte Chaos, das seinen Höhepunkt noch nicht erreicht hat, eigentlich noch zumuten möchte.
Autor: H.Reile
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