Junges Forum – spinnen die?
Neue Ideen braucht die Stadt – und das Junge Forum Konstanz (Eigenwerbung: „Jung“ bezieht sich auf den Kopf) legt in seiner ersten Gemeinderats-Legislatur richtig los. Letzter Knüller der Party-Partei JFK: ein Sponsoring-Verfahren für die Namenswahl des Konstanzer Eventtempels. Dann hätte man nicht nur einen schicken Namen, sondern auch zusätzliche Einnahmequellen, ließ die Spontitruppe wissen. Und man fragt sich – spinnen die oder meinen die das wirklich ernst?
Darauf muss man erstmal kommen: Was schon bei Sportstadien reichlich überkandidelt wirkt, soll nun am Seerhein neue Maßstäbe setzen. Wir hätten da ein paar Vorschläge, wie finanzkräftige Firmen aus der Umgebung sich ein Denkmal basteln könnten:
Wie wärs mit Siemens-Saal? Vielleicht doch nicht so gut, wenn man an die durchschnittliche Lebensdauer Konstanzer Großbetriebe denkt. Man stelle sich nur mal vor, das JFK hätte für das KKH (erinnern Sie sich? die erste Großraum-Phantasie) den Namen Altana-Arena ausgeheckt: Die Firma machte sich ebenso schnell vom Konstanzer Acker wie das glücklicherweise abgeschmetterte Wolkenkuckucksheim auf Klein Venedig.
Aber wie wärs mit Mowag-Monument? Die Kreuzlinger Waffenschmiede verfügt immerhin über eine Konstanzer Tochterfirma und zahlreiche Grenzgänger-Mitarbeiter. Hier böte sich sogar eine weitere Vermarktungschance: Die schmucken „Eagle“-Panzerwagen vom Schweizer Rüstungsproduzenten könnten sich in den überdimensionierten Hallen des Seerhein-Bunkers perfekt präsentieren lassen. Motto: Regionale Produkte für die Schlachtfelder der Welt. Und die erste Ausstellung wäre bombensicher gebucht.
Auch AOK-Areal könnte gefallen. Gesundheit verkauft sich immer gut. Und wer würde da schon an altersschwache Philharmonie-Besucher denken? Aber Ruppaner-Resort hört sich dann doch zu sehr nach Altersheim und Alkohol an. Doch Cobra-Center klingt hübsch geheimnisvoll und niemand weiß, worum es geht. Passt irgendwie zum Burchhardtschen Traum vom weltweiten Meeting-Point.
Im Ernst: Es geht um Öffentlichkeit
Also, diese JFK-Idee mit dem Sponsoring sollte an Frau Doktor Finkes Küchentisch noch einmal ernsthaft diskutiert werden. Anders verhält es sich da mit einer anderen Idee des JFK-Küchenkabinetts: Im Ernst schlägt ihr (Groß)Sprecher Matthias Schäfer vor, über die Kommunikations-Schwächen rund um die Baumfällungen im Tägermoos in „nicht öffentlicher Sitzung“ zu beratschlagen.
Wie bitte? Die JFK-Truppe, mit dem Versprechen von mehr Transparenz und Öffentlichkeit in den Wahlkampf gezogen und wohl auch dafür gewählt, wird jetzt zur Klüngel-Partei, die hinter verschlossenen Türen palavern will? Und wie bitte zum Zweiten: Über ein Thema, das in den letzten Wochen hunderte Wutbürger auf die Straße trieb, das die Kommentar-Spalten wie kein anderes Thema in letzter Zeit beherrschte, soll jetzt unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt werden? Darauf muss man erstmal kommen – und ganz schnell davon wieder abkommen.[modal id=“19250“ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: hpk
Sehr interessant finde ich die Ausführungen des Herrn Hillmann.
Schreibt er doch:“Denn das Ausruhen auf dem „wir waren ja immer dagegen“ ist nicht besonders lösungsorientiert und ändert auch nichts an der Beschlusslage. Insofern sollten wir jetzt unbedingt das Beste draus machen.“
Aber eine Beschlusslage das Gemeinderates bindet doch bekennende und ausgesprochene Projektgegner nicht dazu, plötzlich eine Dynamik in Richtung „Lösung“ von Problemen zu entwickeln, welche man nicht zu verantworten hat – das finde ich unseriös!
Die bisherigen Bedenken – speziell der Finanzierungsgrundlagen – haben sich nicht wirklich entkräften lassen, sondern finden sich eher bestätigt.
Persönlich finde ich die Idee und den Standort ja schon verführerisch, verkehrsstrategissch optimal und prinzipiell auch unterstützenswert.
Aber ob der Preis dafür die Idee Wert ist?
Ich denke schon, das es sich nach wie vor um ein reines Prestigeobjekt handelt und man sollte diesbezüglich die Karten jetzt offen auf den Tisch legen – nur so bekommt man dafür eine breite Akzeptanz und die Unterstützung, die solch ein Projekt langfristig benötigt. Auch – und gerade – vor dem Hintergrund einer gewissen Transparenz im kommunalpolitischen Bereich. Dafür ist dieser OB im Wort!
Es braucht aber schon etwas mehr an mittelfristiger Planung und Ideen um es nicht zum „bottomless pit“ werden zu lassen.
Ein paar Klarstellungen, lieber Herr Hillmann;
– ich gucke kein RTL, nachmittags schon gar nicht,
– das „Party United“-Bild stammt von der JFK-homepage, einen Urheber-Hinweis sucht man da vergebens,
– gerade Sie als aufmerksamer seemoz-Leser ohne Alzheimer-Verdacht könnten bemerkt haben, dass die seemoz-Position zum Eventtempel unverändert ist: Das Projekt einstampfen, die 18 Millionen für den Wohnungsbau nutzen. Und dabei bleiben wir – anders als andere – konsequent und beharrlich.
Doch, die Sponsoren-Namen für diese (neudeutsch) Event-Halle sind schön ausgedacht. Und die „Mowag-Halle“ hätte den wunderbaren Nebeneffekt, dass man den richtigen Sponsoren-Namen auzch gleich noch für logopädische Übungen nutzen könnte. Das Ding müsste nämlich inzwischen „GDELS-Mowag-Halle“ heissen, weil der Laden seit 2003 eine Tochterfirma des US-Rüstungskonzerns General Dynamics (GD) ist und seitdem als General Dynamic European Land Systems-Mowag firmiert. Der ausgeschrieben Name würde eine gesamte Aussenwand des Veranstaltungstempels füllen. Aber man könnte das Ding natürlich auch „Piranha-Halle“ nennen (nach dem Panzerfahrzeug aus Kreuzlinger Produktion) mit GDELS-Sponsor. Würde doch passen: die Kosten für die Halle reissen mindestens so grosse Löche in den Geldbeutel der Stadt, wie die namensgebenden Raubfische in ihre Beute.
Sehr geehrter Herr Pschorr,
selbstverständlich haben Sie Recht mit Ihrem Hinweis, dass das keine juristisch triviale Situation ist. Letztlich haben das aber schon zahlreiche Kommunen gelöst bekommen, das schafft Konstanz auch. Und klar, eine solche Lösung darf nicht zu allzu großer Komplexität führen und das Haus unattraktiv machen. Und sie darf kein Draufzahlgeschäft werden. Aber wir sind aktuell in einer Phase, in der das Gebäude gekauft und der Umbau beschlossen ist. Inklusive der sehr hohen Kosten dafür. Wir meinen, dass es Aufgabe nicht nur, aber besonders auch der Gemeinderäte ist, sich intensiv Gedanken zu machen, welche Ideen, Konzepte und Möglichkeiten es gibt, die laufende Belastung für die Stadt so gering wie möglich zu machen und das Gebäude so wirtschaftlich wie nur möglich zu betreiben. Immer unter der Berücksichtigung, dass das Haus auch ein Haus für die Konstanzer sein soll. Das allerdings kann es nur sein, wenn es auch attraktiv für auswärtige Mieter ist und die Stadt im Vorfeld schon alle möglichen Vermarktungsmodelle genau eruiert.
Insofern halten wir unsere Idee nicht für absurd, sondern für einen wichtigen Denkanstoß, wie wir noch deutlich mehr bräuchten. Vielleicht kommt ja auch von Ihnen mal ein konstruktiver Vorschlag. Denn das Ausruhen auf dem „wir waren ja immer dagegen“ ist nicht besonders lösungsorientiert und ändert auch nichts an der Beschlusslage. Insofern sollten wir jetzt unbedingt das Beste draus machen.
Das Veranstaltungshaus ist darüber hinaus mit der Allianz Arena kaum zu vergleichen. Aber auch da habe ich mir gerade mal die Bilanzen angesehen und kam zu dem Schluss, dass es sich um eine höchst profitable Angelegenheit handelt.
Sehr geehrter Herr Hillmann,
Gerne setzen wir uns auch in der Sache mit Ihrem Vorschlag auseinander, so absurd er auch ist.
Ein Sponsoringprogramm ist eine rechtlich wie tatsächlich höchst heikle Angelegenheit. Normalerweise wird ein Sponsor herangezogen, um ein Großprojekt zu finanzieren, jedoch erwartet sich dieser dann auch einen ökonomischen Mehrwert; nicht selten auch in Anteilen der Betreibergesellschaft o.ä. Für eine Stadthalle, also eine kommunale Einrichtung i.S.d. § 10 II S. 2 GemO BW sind damit erhebliche rechtliche Probleme verbunden.
Darüber hinaus, und das ist meineserachtens ausschlaggebend, vergibt der Sponsor seine IP (den Namen) gegen Entgelt, sodass die Verpflichtung für die Stadt entsteht, die IP auch zu verwenden. Diese Verwendung wird üblicherweise nicht darin erschöpft sein, dass eine Benennung nach dem Sponsor erfolgt, sondern dass auch Werbung (zumindest durch einen Namensschriftzug) des Sponsors an der Halle angebracht wird. Am Beispiel der Allianzarena lassen sich die Folgen anschaulich machen: Öffentliche Großveranstaltungen, die mit einem Ausschluss von Schleichwerbung (bei der Allianzarena der UEFA-CUP; bei der Stadthalle mögliche Ausstrahlungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen oder Veranstaltungen mit Künstlern, die ihrerseits Sponsorenverträge abgeschlossen haben) einhergehen, können entweder nicht in den Veranstaltungsräumen abgehalten werden oder die Verwendung der IP muss für diese Zeitspanne zumindest beendet werden, also Namenszüge an der Außenwand abgehängt und Verwendung in den Innenräumen verdeckt werden (bei der Allianzarena jedes Mal ein Kostenpunkt in Höhe von 750000€). Die sinnlose Stadthalle ist schon jetzt viel zu teuer; bitte nicht schon wieder eine scheinbar gute Idee mit horrendem Kostenaufwand!
Gruß
Simon Pschorr
hpk…..Super-Schreibe!!! selten so gelacht!
Die Frau Doktor Finke hat gar keinen Küchentisch. Das wird dann eine Stehparty.
Lieber Herr Koch,
dieses „Hirngespinst“ haben wir von der Party-Partei (hier hagelt es ja wohlklingende Alliterationen wie im Nachmittagsprogramm von RTL!) tatsächlich vorgeschlagen. Man könnte sich natürlich ein Beispiel an seemoz und der Linken Liste nehmen und lediglich mit Verunglimpfungen um sich werfen („Ernst Thälmann-Saal“ hätte man ja noch ernst nehmen können) und sich auf der bequemen Position ausruhen, ja doch schon vor Jahren gegen dieses Ungetüm am Seerhein gewettert zu haben.
Und was bringt’s? Nichts. Genau überhaupt nichts. Wenn Sie einen besseren Vorschlag haben, um für Kostendeckung zu sorgen, bin ich ganz Ohr. Ansonsten hake ich sämtliche Schmähungen des Projekts im seemoz mal unter „Rauschen“ ab.
Wo wir gerade noch beim Thema sind: „Party United“ ist eine Veranstaltung der Unique Entertainment. Deren Inhaber ist Ümit Dagdelen, einer unserer frühen Unterstützer und Listenkandidaten. Wollen Sie nicht wenigstens eine Bildquelle nennen, wenn Sie sich schon so selbstverständlich bedienen? Werbung für Party United ist sicherlich erwünscht.