KKH: Dinner for all?

Die güldene Hutschachtel, die auf dem Gelände Klein-Venedig hochgezogen werden soll, beschäftigt die Gemüter, auch in der Schweiz. Doch als grenzüberschreitendes Projekt mit beiderseitigem Wohlfühlfaktor taugt das Vorhaben eher nicht.

Das Thema KKH deckelt zur Zeit alle anderen Debatten und wird bis zum Bürgerentscheid am 21.3. noch für viel Zündstoff sorgen. Gegner und Befürworter streuen ihre Erkenntnisse unters Volk, etwa zwei gleich starke Lager stehen sich gegenüber. Rund 15 000 Nein-Stimmen sind nötig, damit sich das im Volksmund genannte Schloß FRANKenstein auf Klein-Venedig in letzter Minute in Rauch auflöst.

Das Zustimmungsquorum von 25 Prozent ist eine hohe und in den Augen vieler auch undemokratische Hürde. Wäre dieses Quorum auch bei der letzten OB-Wahl verbindlich gewesen, hätten wir heute keinen Oberbürgermeister, denn Horst Frank wurde bei seiner Wiederwahl im Juli 2004  von nicht mal 20 Prozent aller Wahlberechtigten ins Amt gehievt. Fazit: Mit 11 248 Stimmen kann man Oberbürgermeister werden, aber man braucht mindestens 15 000 Nein-Stimmen, um Franks Mausoleumsträume platzen zu lassen.

Das geplante KKH, direkt an der Schweizer Grenze gelegen, sorgt natürlich auch bei den Eidgenossen zunehmend für Stirnrunzeln. Geht doch die Konstanzer Verwaltungsspitze davon aus, dass es von Kreuzlinger Seite eine direkte Zufahrt zum KKH-Parkhaus geben wird. Zu Recht passt das vielen Schweizern nicht, denn sie rechnen mit einer massiven Verkehrszunahme, die ganz Kreuzlingen zusätzlich belasten würde.

Verschärft hat sich die Situation, als OB Frank zusammen mit seinen  OB-Kollegen aus Singen und Radolfzell  gegen das geplante Outlet-Center in Wigoltingen Einspruch erhoben hat. Wigoltingen, eine kleine Gemeinde im Oberthurgau, liegt etwa 20 Kilometer von der Grenze entfernt und will ein Einkaufszentrum hochziehen, das doppelt soviel Verkaufsfläche haben soll wie beispielsweise das Konstanzer Lago.

Frank und seine Kollegen befürchten durch das Outlet-Center „negative Entwicklungen“ für den gesamten Landkreis Konstanz. Mit der Eröffnung des Riesenladens käme auf die deutschen Städte am See mehr Verkehr und Luftverschmutzung zu. Aha, nun plötzlich kehrt Horst Frank den Grünen raus, sagen sich da die Schweizer und tippen sich an die Stirn. Soll der sich doch um seine eigenen Probleme kümmern, heißt es im Thurgau. „Von uns will der eine Zufahrt zu seinem KKH und glaubt auch noch, er könne uns vorschreiben, wo wir in Zukunft einkaufen“. Diese „arrogante Einmischung“ verbitte man sich ein für allemal.

Grenzüberschreitende Freundschaft sieht in der Tat anders aus. Als der Kreuzlinger Stadtammann noch Bieri hieß, war das Verhältnis Richtung Konstanz weitgehend von Harmonie geprägt. Frank und Bieri konnten miteinander, eine heimelige Männerfreundschaft eben. Seit aber Andreas Netzle in Kreuzlingen am Ruder ist, kühlte das Verhältnis merklich ab. Da hilft auch kein Waldspaziergang, das Klima ist frostig und von Misstrauen geprägt. Franks aktueller Vorstoss in Sachen Wigoltingen war nicht dazu angetan, das spröde Miteinander anzuwärmen. Im Gegenteil.

Auch im Konstanzer Rathaus beherrscht das KKH einen zunehmend hektischer werdenden  Tagesablauf. OB Frank spannt im März all´ seine Rößlein an, ob die nun mitwiehern wollen oder nicht,  und geht auf Promo-Tour für sein Lieblingsprojekt. Da fällt man die kommenden Wochen auch mit Getöse in die Vororte ein und erklärt den Bürgern, dass ohne das KKH die Lichter ausgingen und die Stadt  wirtschaftlich und  kulturell in die Bedeutungslosigkeit versinken würde. Ob ihm das Volk seine argumentativ dünne Propaganda abnimmt, die er als „Informationsbroschüre“ getarnt in einer Auflage von 45 000 Stück in die Konstanzer Briefkästen hat stopfen lassen?

Die Stimmung ist die beste nicht, auch nicht bei KKH-Projektleiter Hartmut Rohloff, der als Stadtkämmerer eigentlich dafür sorgen soll, dass die Finanzen stimmen. Erst kürzlich wurde er bei  der Frage nach der Finanzierbarkeit des Projektes  mit den Worten zitiert: „Sie werden von mir kein klares Ja oder Nein hören, ob die Stadt sich das leisten kann, dafür sind die Zahlen zu flüchtig“. Dem Manne glüht wohl der Frack und er ist beileibe nicht der einzige, den allmählich massive Zweifel befallen. Da soll es aber intern gewaltig rumort haben, war zu hören. „Nennen Sie bitte meinen Namen nicht“, erklärte ein Rathaus-Insider, „in meinem Alter finde ich doch keinen Job mehr“.

Normalerweise hätte nach Rohloffs Aussage postwendend die städtische Pressestelle reagieren müssen. Mit etwa folgendem Text: „Die Äußerungen von Herrn Rohloff wurden aus dem Zusammenhang gerissen…“. Doch Fehlanzeige. Hartmut Rohloff will nichts oder darf nichts sagen, der Kämmerer ist sozusagen über Nacht verstummt. Stattdessen kursierten von KKH-Befürwortern einige Mails, die der „Südkurier“ seinen Lesern als breite Unterstützung für Rohloff verkaufen wollte. Ein arg dünnes Brett, das da mühsam gebohrt wurde.

Franks KKH-Trommler von der Initiative „Konstanz gibt den Ton an“ denken schon mal ans Feiern und laden für den 24.2. zum KKH-Dinner ins Konstanzer Konzil. Etwas Musik wird es geben, dazu ein 3-Gänge-Menü. Da das KKH für „alle Bürger“ sein soll, ist der Eintritt auch sehr moderat. Für schlappe 80 Euro darf man dabei sein, wenn die Ton-Angeber zusammen mit C-Promis aus der Region messerwetzend über Entenbrüstchen herfallen. Eine „Konstanzer Tafel“ der besonderen Art, die sich da zusammen findet. Ob sich die erlauchte Gesellschaft freut, wenn sie, zwecks Gedankenaustausch zwischen Süppchen und Hauptgang, überraschenden Besuch erhält? Wir wissen es nicht, wünschen aber schon mal gesegneten Appetit.

Autor: Holger Reile