KKH-Paranoia

Am kommenden Donnerstag soll der Gemeinderat darüber entscheiden, wer nun das umstrittene Konzert- und Kongresshaus auf Klein Venedig bauen darf. Während der letzten Monate beschäftigten sich unzählige Kommissionen – fast immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit – mit der teuersten Mülldeponie am Bodensee.

Zwei Entwürfe sind übrig geblieben bei der fast schon paranoiden Geheimniskrämerei um das KKH. Das Rennen machen wird wohl die „Schuhschachtel“ des Vorarlberger Architekten Untertrifaller, wie aus angeblich gut informierten Kreisen zu erfahren war. Der Südkurier verkaufte diese Erkenntnis als Eigenrecherche. Geschenkt, die Information stand schon lange vorher im Netz.

Nun hecheln also die Befürworter des Risikos mit ungewissem Ausgang Richtung Ziellinie und hoffen inbrünstig, dass der Bürgerentscheid das Mammut-Projekt nicht doch noch kippt. Immerhin hat man bis jetzt schon 1,6 Millionen Euro verbrannt und viele Luftschlösser an die Wand gepinselt.. Das KKH werde ein Haus für alle BürgerInnen,  wird gebetsmühlenartig erklärt. Von neuen Arbeitsplätzen ist die Rede, von einer Aufwertung des Touristenstandortes Konstanz und davon, dass die Zukunft der Stadt allein vom KKH abhänge. Das klingt wie das laute Pfeifen im Walde.

Streng geheim wurden alle Unterlagen behandelt. Das ging sogar soweit, dass den Mitgliedern der Beurteilungskommission – darunter StadträtInnen aller im Gemeinderat vertretenen Gruppierungen – der Vorprüfbericht weggenommen wurde, der alle Daten und Fakten über die verbliebenen KKH-Entwürfe aufgelistet hatte. Man wolle und müsse eine Wettbewerbsverzerrung kategorisch ausschließen, so die Stadtverwaltung. Ein alberner Veitstanz um ein angeblich goldenes Kalb, das auf reichlich wackligen Beinen steht und vorlaut vor sich hin blökt.

Fast schon kabarettreif gebärdet sich ein mit Stadträten bestückter Ausschuss, der eine KKH-Informationsbroschüre mit erarbeiten soll, die ab Mitte Februar in allen Briefkästen landen wird. Streit entzündet sich daran, ob allen im Rat vertretenen Gruppen gleichviel Platz für ihre Position eingeräumt wird. Das war im Vorfeld des letzten Bürgerentscheids zum KKH kein Thema, jetzt aber ist vor allem die CDU der Meinung, der Umfang der jeweiligen Beiträge müsse nach de Hondt herunter gerechnet werden. Will heißen: Eine kleinere Gruppe wie beispielsweise die LLK sollte  für ihre Contra-Position weitaus weniger Platz erhalten wie die KKH-Jubelperser der CDU. Ein munteres Narrentreiben torkelt seinem Höhepunkt entgegen.

Wer sich soweit verzettelt und der Lächerlichkeit preis gibt, verliert erfahrungsgemäß den Blick für das Wesentliche. Stimmen auch die BürgerInnen für den Bau, dann verschlingen alleine Zins und Tilgung jährlich enorme Summen. Ausgehend von einer Finanzierungssumme von 35 Millionen Euro (48 Millionen Euro Gesamtbaukosten abzüglich13 Millionen Euro bereits bestehender Rücklage) fallen jährlich rund 2,3 Millionen Euro an. Ein jährlicher Betriebskostenzuschuss von mindestens 300 000 Euro kommt dazu, so dass die Aufwendungen Jahr für Jahr auf 2,6 Millionen Euro geschätzt werden. Da dürften sich noch kommende Generationen an dem „Haus für alle“die Milchzähne ausbeißen.

Andere Problemfelder blieben bisher fast unerwähnt, könnten aber die Milchmädchenrechnung der Befürworter in ungeahnte Höhen treiben. Bekommt die Kombo um Architekt Untertrifaller zum Zug, dann werden große Mengen verseuchtes Erdreich ausgehoben. Jahrzehntelang war Klein Venedig eine Müllkippe. Wer zahlt die Entsorgungskosten, die schnell in die Hunderttausende gehen könnten? Oder: Mehr als 1000 Tonnen Stahl werden für den Bau benötigt. Erinnern Sie sich noch an das Brückendesaster? Angeblich hatten kurz zuvor die Chinesen den Stahlmarkt leer gekauft, was unsere Brücke am Bahnhof fast dreimal so teuer werden ließ, wie ursprünglich veranschlagt. Wie wir die Chinesen kennen, planen sie ein ähnliches Schurkenstück, wenn Stahl für das KKH bestellt wird.
Aber wir haben es ja, also Augen zu und durch! Und wenn es schief geht, dann binden wir die Mehrkosten dem Steuerzahler auf den Bauch. So simpel ist das.

„Die Finanzlage vieler Städte ist so verheerend, dass ihnen sprichwörtlich das Wasser bis zum Hals steht“. Soweit die nüchterne Einschätzung, die der kürzlich linker Umtriebe unverdächtige „Deutsche Städtetag“ von sich gab. Auch Konstanz muss mit heftigen Einbussen bei der Gewerbesteuer rechnen, Besserung ist nicht in Sicht. Das schwant auch den KKH-Träumern im Gemeinderat, dennoch wollen sie das Horst-Frank-Mausoleum mit aller Gewalt über die letzten Hürden prügeln. Haben wir keine anderen Probleme? Die Schräglage beim Thema Krankenhaus, dringend benötigte Gelder für Bildung, Kindergärten, Schulen, Kultur, Sportstätten – alles nicht der Rede wert? Bisher sind es 24 GemeinderätInnen, die das Projekt auf Klein Venedig nahezu bedingungslos unterstützen. Wissen diese 24 wirklich, was sie da tun? Darunter einige, die uns vor Jahren den Katamaran, der höchst defizitär über den See dümpelt, als „wegweisend“ verkauft haben. Aber für manche Zeitgenossen war es schon immer eine leichte Übung, das Geld anderer aus dem Fenster zu werfen.

Was bleibt? Ganz einfach: Die BürgerInnen dieser Stadt können voraussichtlich am 21.März über das  KKH entscheiden. Wenn mindestens 15 000 Wahlberechtigte mit Nein stimmen, dann ist die Angelegenheit wohl endgültig vom Tisch.

Autor: Holger Reile