Rassismus pur und ungeschminkt

Wer die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) vergangenen Donnerstag im Ratssaal miterlebt hat, dem konnte nur übel werden. Es ging unter anderem um die geplante Flüchtlingsunterkunft am Hörnle. Mehrere „Besorgte BürgerInnen“ vergifteten die Atmosphäre, und es herrschte eine Stimmung, wie man sie in Konstanz bisher so oder so ähnlich in öffentlichen Räumen noch nicht wahrgenommen hat.

Machen wir uns nichts vor: Nur „bunt und weltoffen“ war Konstanz noch nie, einen dumpfen Bodensatz hat es immer gegeben. Seit geraumer Zeit aber, auch in Gang gesetzt durch die gedankliche und sprachliche Verrohung bei der Flüchtlingsdebatte, bahnen sich Fremdenfeindlichkeit und rassistische Vorurteile ungezügelt ihre Wege – lauter, böser und intoleranter als je zuvor. Die Hemmschwellen sinken täglich und nähern sich der Unerträglichkeit, wie die HFA-Sitzung erschreckend klar verdeutlicht hat.

Selbstredend darf und muss man sogar darüber diskutieren, ob der gedachte Standort für eine Flüchtlingsunterkunft am Hörnle tatsächlich ein geeigneter ist. Die Stadtverwaltung wäre gut beraten, ganz schnell die tatsächlichen und vermeintlichen Alternativen aufzuzeigen und zu erklären, wie es um sie bestellt ist. Tut sie das nicht und fasst ihre Beschlüsse weiterhin und fast ausschließlich in Hinterzimmern, leistet sie Vorschub für weitere Spekulationen und gehässige Ressentiments, wie man sie bei der HFA-Sitzung zu hören bekam. Der Redebeitrag einer Rätin, die sich für den Standort aussprach, wurde von einigen BesucherInnen mehrmals mit zynischen und latent rassistischen Äußerungen und Zwischenrufen aus den untersten Schubladen bedacht.

Das Weltbild der bei dieser Diskussion meist gutbürgerlichen Krakeeler ist durchweg schlicht gestrickt. Sie verweisen beim Standort Hörnle auf das Freizeit- und Naherholungsgebiet, die benachbarte Therme, auf angrenzende Ferienwohnungen, den Lorettowald und die ansässige Gastronomie. Was wollen sie uns damit sagen?

Denkt man diese bemühten und vorgeschobenen Einwände halbwegs logisch weiter, dann stehen dahinter die Befürchtungen: Eine Flüchtlingsunterkunft an dieser Stelle vertreibt Badegäste und um ihre körperliche Unversehrtheit fürchtende FKK-Anhänger und Thermebesucher, vergrößert die Angsträume vor allem für Zeitgenossen mit Ariernachweis und christlichen Wurzeln, führt zu gewaltigen wirtschaftlichen Verlusten, mindert die Attraktivität eines stark frequentierten und beliebten Areals und stürzt, summa summarum, die Kommune sozial, ökonomisch und kulturell ins Verderben.

Wie nun soll, darf man diese außer Rand und Band geratenen BedenkenträgerInnen nennen? Viel Auswahl bleibt da nicht.

H. Reile