Scheitel schafft Fakten

Pünktlich zu Ostern meldeten sich die obersten Konstanzer Eierköpfe zu Wort, um ebensolche unbequemen rollen zu lassen. Dazu eine ernst gemeinte Terrorwarnung und das Geständnis einer enttäuschten Liebe unseres meistgesuchten Verbal-Terroristen und Top-Praktikanten Geronimo Minotti.

Wir sind ja nicht nachtragend, aber wir vergessen auch nicht, wie unser „Schluss-mit-Sozialromantik“-Bürgermeister Claus „the terminator“ Boldt sich bereits mehrfach in knallharter Manier eines US-Spezialkommandos unliebsamer Mitarbeiter entledigte. Er, der Mann mit dem markanten und, äh, beinahe unverwechselbaren Scheitel, Mitglied einer christlichen Partei und, liest man keine Zeitungen, untadeliger Vergangenheit, kennt sich aus in Sachen spektakulärer Kündigungen. Dabei erfüllt der Mann doch nur seine Pflicht. Er, gelernter Jurist, zurzeit durch und durch Beamter, kennt die Paragraphen. Und die wollen gnadenlos gedehnt, genutzt und umgesetzt werden. Zur Not mit Hilfe einer eilends in den Osterferien einberufenen Ethikkommission, vulgo Gemeinderat.

Opfer der unter Vorsitz von Ökodiktator OB Horst „Der-mit-dem-schicken-Schal-und-ohne-mit-richtigem-Bart“ Frank einberufenen österlichen Entlassungsprozession diesmal: Marathonmann Gert Müller-Esch, ärztlicher Top-Terrorist der hiesigen Siechtumsanstalt. Verdächtig geworden durch antikapitalistische Umtriebe in (Brief-) Form subversiver Kritikäußerungen gegenüber seiner Verwaltungsspitze, „Ich-will-auch-mal-Chef-sein“ Ott und Co Boldt. Damit hat er das ungeschriebene Gesetz gebrochen, kein böses Wort über Kollegen, vor allem nicht über unfähige, zu verlieren, geschweige denn diese gar der gezielten Karriereplanung ab 2013 zu bezichtigen, dem vermeintlichen, also noch geheimen Jahr der Klinikübernahme durch die Helios AG (falls die Welt am 21.12.2012 doch nicht untergeht).

Einblicke in den lyrischen Sprechblasenkatalog unseres Noch-BM Claus „Helios“ Boldt wurden uns vergangene Woche dankenswerter Weise von den über alle ethischen Zweifel erhabenen Kollegen des Südkurier gewährt. Ein an Dreistigkeit nicht zu überbietender Rechtfertigungsversuch allererster Kategorie. Wir konnten dort Wort für Wort nachlesen, dass alles ganz anders war. Als es war. Also unwahr, nicht wahr?

Hätte Claus „Der-mit-dem-Scheitel“ Boldt wenigstens einen kleinen Rest sozialen Gewissens, würde er dem so unwürdig Geschassten zumindest eine Änderungskündigung als Altenpfleger anbieten. Oder gleiches Recht für alle walten lassen, also die Unterzeichner des Briefs und sonstigen Unterstützer des Herrn Müller-Esch gleich mit entlassen. Das hätte auch den Vorteil, dass die Klinik sofort und komplett handlungsunfähig, sprich zur feindlichen Übernahme bereit wäre.

Nein wirklich, meine romantischen Gefühle für Herrn Boldt sind nun vollends erloschen. Trotz seines schönen Scheitels. Und obwohl auch er, wie alle Männer mit solcher Frisur, nur geliebt werden will.

Leider hat sich damit auch meine bisher stets unerschütterlich positive Grundstimmung gegenüber der Politik in Konstanz insgesamt stabil verschlechtert. Soweit, dass ich als hoffnungsloser Gutmensch darüber nachdenke, diese aufrüttelnden Zeilen trotz dräuenden Ungemachs seitens unseres politischen Abklingbeckens, vulgo Rathaus, zu veröffentlichen. Immer in Sorge, von Spezialkräften des Stadtmarketings, obwohl gänzlich unbewaffnet, zur GEWA abgeführt, mit gähnender Langeweile gequält und heißen Würstchen beworfen zu werden.