Tanzt den AfD-Boogie

seemoz-Boogie_WoogieIm kommenden März wird in Baden-Württemberg ein neuer Landtag gewählt. Zur Zeit muss man leider davon ausgehen, dass die rechtspopulistische AfD („Alternative für Deutschland“) locker über die Fünf-Prozent- Hürde klettert. Jetzt schon diskutieren vor allem Linke und Grüne meist sehr aufgeregt darüber, ob man anstehende Podiums­diskussionen mit AfD-KandidatInnen nicht besser boykottieren sollte. Warum eigentlich?

Man wird sich auch im Landkreis Konstanz daran gewöhnen müssen, dass die meist stramm rechts gestrickten Deutschtümler ihre Wahlkampfstände aufbauen, Informationsveranstaltungen organisieren und auf Stimmenfang gehen. Das ist ihr gutes Recht, das muss eine demokratische Gesellschaft wohl oder übel aushalten.

Althergebrachte Parolen in Richtung AfD wie: „Kein Fußbreit den Faschisten“ oder ähnlich lautende Forderungen aus den antifaschistischen Mottenkisten und Requisitenkammern helfen da nicht weiter. Denn längst ist dumpfes, vor allem fremdenfeindliches und nationalistisch-völkisches Gedankengut europaweit auf dem Vormarsch, hat weitaus mehr als einen Fußbreit erobert und findet zunehmend auch Unterstützung in der Mitte unserer Gesellschaft. Diese Tatsache zu ignorieren und Diskussionsveranstaltungen zu boykottieren, weil AfD-KandidatInnen mit auf dem Podium sitzen, wäre politisch falsch und höchst fahrlässig.

Gerade den BewerberInnen um ein Landtagsmandat vor allem aus dem SPD-, Grünen- oder Linkenlager in unserer Region darf getrost unterstellt werden, dass sie in der Lage sind, rechten und rückwärts gewandten Gesellen Paroli zu bieten und sie coram publico restlos zu entzaubern. Diese Chance sollten sie sich nicht entgehen lassen. Das dürfte bei der „Qualität“ der AfD-Landtagskandidaten in den Wahlkreisen Konstanz und Singen zu den eher leichteren Übungen gehören. Ein gemeinsamer Boykott bietet sich allenfalls an, wenn die faschistische NPD glaubt, sich bei öffentlichen Veranstaltungen präsentieren zu müssen. Diese nicht nur geistigen Brandstifter sollen getrost da bleiben, wo sie hin gehören: Im braunen Brackwasser.

Ansonsten darf Politik auch wieder mal Spaß machen. Könnte heißen: Wenn in den kommenden Monaten AfD-Stände das Stadtbild beeinträchtigen, ist vor allem publikumswirksame Fantasie gefragt. Stände umschmeißen und deren Traktate in den Mülleimer stopfen? Bringt nichts und ist auch eher langweilig. Hakenkreuze auf ihre Plakate kritzeln? Na ja, hat auch wenig Charme und lohnt die Anzeige wegen Sachbeschädigung nicht. Dann schon lieber einen überraschenden Flashmob, Gesangseinlagen, Spontantheater und Clownerie. Ein Tummelfeld für kreative Polithappenings wie einst zu Fritz Teufels Zeiten. Man kann den älteren AfD-Herren auch zwischenmenschlich und warmherzig begegnen, sie mit Senfpeitschen und Glühwein vom Weihnachtsmarkt füttern, vorfasnachtlich mit Konfetti bestreuen uswusf. Also: Tanzt den Boogie mit ihnen – gewaltfrei, intelligent und durchgängig fröhlich.

H. Reile

(Der in früheren Jahren zur hiesigen Fasnachtszeit nach Bologna floh, in der irrigen Annahme, dort ginge es weniger närrisch zu. Falsch gedacht. Es regnete in Strömen und die einheimische Narrenschar bestäubte uns teutonische Fasnachtsmuffel mit Mehl und Zucker).