Teurer die Glocken nie klangen

Die Auseinandersetzung um die fristlose Kündigung von Gert Müller-Esch hat nun ein Ende gefunden. Man habe sich finanziell geeinigt, heißt es. Müller-Esch, so der Südkurier, dürfe wohl mit einer Abfindung in Höhe von rund 500 000 Euro rechnen. Doch damit ist die Geschichte noch lange nicht vom Tisch. Ein Nachspiel steht an.

Aus verschiedenen Ecken war ein Aufatmen zu hören. Da sei man ja irgendwie noch mit einem blauen Auge davon gekommen. Es hätte auch teurer werden können. Stimmt. Nun müsse man nach vorne schauen. Im Krankenhaus herrsche seit geraumer Zeit wieder eine bessere Stimmung. Das wiederum ist nachweislich falsch. Denn der Fall Müller-Esch hat die Atmosphäre am Klinikum nachhaltig vergiftet. Mehrere Ärzte kehrten ihrer ehemaligen Arbeitsstätte fluchtartig den Rücken, weitere werden folgen. Wer da von Beruhigung spricht, muss entweder taub oder blind sein.

Von einer Abfindung über etwa 500 000 Euro ist die Rede. Ausgehandelt zwischen dem Oberbürgermeister und Müller-Esch. Wirklich „nur“ eine halbe Million? Rechnet man die Anwalts- und Gerichtskosten dazu, dann türmt sich eine Summe von etwa 700 000 Euro auf. Mindestens.

Rückblick: Es gab mahnende Stimmen im Gemeinderat, die vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung warnten. Doch sie wurden nicht gehört. Eine Gemeinderatsmehrheit hat sich fahrlässig auf ein übles Spiel eingelassen und bescherte der Stadt und den Steuerzahlern ein vorweihnachtliches Geschenk der unnötigen Sorte. Jetzt sollten sie zumindest Charakter zeigen und der Öffentlichkeit erklären, wieviel ihr Missgriff auf den Cent genau gekostet hat. Eine dürre Presseerklärung der Stadt ohne eine detaillierte Auflistung des angerichteten finanziellen Schadens reicht da nicht.

Es wäre zu einfach, für das Desaster nur den verantwortlichen Sozialdezernenten Claus Boldt an den Pranger zu stellen. Zwar hat dieser bereits mehrmals bewiesen, dass er mit seinen Aufgaben völlig überfordert ist, aber damit ist er nicht allein. Klinikdirektor Rainer Ott hat kräftig mit am Rad gedreht und Oberbürgermeister Horst Frank hat es versäumt, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen. Als Oberhaupt der Stadtverwaltung wäre es seine Aufgabe gewesen, im Vorfeld moderierend einzugreifen, um diesen Personal-GAU zu verhindern. Doch das ist und war nie seine Stärke. Vielmehr war vor allem seine zweite Amtszeit geprägt von hartnäckig fortschreitender Beratungsresistenz, die bisweilen fast autistische Züge annahm.

Dennoch bleibt die Frage nach den personellen Konsequenzen. In einem normalen Unternehmen hätte man Boldt wegen nachhaltiger Geschäftsschädigung längst vor die Türe gesetzt. Ohne Abfindung. Aber das Beamtenrecht hat dem Mann reichlich Pattex auf die Sitzfläche geschmiert. Findet sich auf die Schnelle kein anderer Job, dann sitzt Boldt, der Großmeister fast aller kommunalpolitischen Baustellen in Konstanz, das einfach bis zum Ende seiner Amtszeit aus. Mehrmals schon wurde er zum Rücktritt aufgefordert, doch derlei perlt hartnäckig an ihm ab. Desweiteren hofft er insgeheim auf die besinnliche Weihnachtszeit, die mit geballter Rührseligkeit alle Sünden mit Lametta deckelt. Und überall auf den Tannenspitzen sehen wir verlorene Lichtlein schwitzen….

Autor: H.Reile