Und um die Gattinnen kümmern sich Rektor und OB
Der ohnehin als „Ausschuss zur Selbstbedienung“ bekannte Wirtschaftsausschuss der Stadt Konstanz leistet sich ein besonders dreistes Stück: In seiner Sitzung am kommenden Donnerstag soll ein System zur städtisch geförderten Karriere-Hilfe eingeführt werden, verschämt „Duale Karrieren“ genannt. Das aber ist nur für Führungskräfte gedacht
Man mag es kaum glauben: Ein Kooperationsabkommen zwischen Universität und Stadt Konstanz soll sicherstellen, dass Lebenspartnern von angeheuerten Führungskräften bei Uni oder Stadtverwaltung ein gleich guter Job garantiert wird. „Duale Karrieren“ nennt man das und begründet es mit dem Aderlass von Spitzenverdienern: „Von insgesamt 108 Führungskräften werden 53 Führungskräfte ausscheiden. Es werden also knapp 50 % der Führungskräfte die Organisation in den Jahren 2015 bis 2025 verlassen“, heißt es in der Vorlage der Stadtverwaltung.
Doch gegen die Bange, nicht genügend Spitzenkräfte an den Bodensee zu locken, setzen Rektor Rüdiger und OB Burchardt ihre Idee der „Dualen Karriere“: Sie wollen eine „Arbeitgebermarke“ setzen und den Lebenspartner gleich mit beschäftigen: „…soll durch den Einsatz zusätzlicher Personalmittel eine temporäre Beschäftigung der Lebenspartnerinnen und Lebenspartner über den Stellenplan hinaus ermöglicht werden“. Dazu soll eigens eine halbe Stelle im Personalamt geschaffen werden – Kosten: allein 12.500 € für 2014. Zusätzliche Mittel von 100 000 Euronen sollen gleich mit bewilligt werden.
Da fragt man sich: Warum soll diese famose Idee nicht auch bei Pflegekräften oder Facharbeitern angewendet werden? Fehlt ein sesselfurzender Amtsleiter eher als die Krankenschwester, mehr als der Pfleger im Altersheim? Und: Wie viel Realitätsverlust ist nötig, um eine solche Sonderbehandlung für vermeintliche Führungskräfte auch nur anzudenken? Nachfragen beim OB und Rektor sind ausdrücklich angeraten.
Autor: hpk
Aber Hallo, da hat Walter Bühler-Schilling etwas in den flaschen Hals gekriegt. Meine Kritik richtet sich nicht gegen die Idee an sich, sondern gegen die Bevorzugung von Führungskräften. Nochmals: Wenn Facharbeiter, Angestellte, Krankenschwestern, ErzieherInnen und PflegerInnen in das Projekt einbezogen werden, will ich dutzende, jubelnde Artikel darüber schreiben. Aber erst dann. Und über die Legende vom „Fachkräftemangel“ wird demnächst auch auf seemoz Informatives zu lesen sein…
Uihh, da hat SEEMOZ etwas total in den falschen Hals gekriegt. Vor allem unter der Fahne „Facharbeitermangel“ hat sich in der Wirtschaft allmählich herumgesprochen, dass man doch Paare länger an die Firma binden kann, wenn beide einen Job im selben Unternehmen bekommen. Ist z.B. dann die Kinderphase vorbei, steigen Papa/Mama wieder ein. Auch wird so die Trennnung von Paaren (gleich welcher Couleur) über weite Entfernungen vermieden. Mit anderen Worten: Eine grundsätzlich positive Sache. — Wie man das aufzäumt, ist eine Frage der Umsetzung. Da könnte z.B. die Gleichberechtigungs-Beauftragte der Stadt Konstanz bzw. der Uni sich einbringen, wäre eigentlich genau deren Aufgabe….
Na das könnte nur dann im Ergebnis ein sinnvolles Konzept sein, wenn die Befähigung auch da ist und die/derjenige besser ist als die anderen Arbeitsplatzbewerber – und wenn sie/er das ist, dann hat sie/er ja auch Chancen, auf dem „normalen“ Weg die Stelle zu bekommen. Ansonsten ist da ein G’schmäckle, das vermutlich sogar juristisch anfechtbar wäre. Will Konstanz sich wirklich diesem Risiko aussetzen? Spannend.
Wieso eigentlich „Gattinnen“ ? Könnten ja auch die Gatten sein, die im Rahmen der Dualen Karriere gefördert werden.
Da zeigt sich Nachholbedarf bei Seemoz, das paßt so gar nicht zur sonst recht progressiven Ausrichtung…
Das ganze ist doch ein gutes Konzept, das anderswo ja schon längst prktiziert wird.
Amigos in Konstanz?
Ein weiteres Zitat aus der Vorlage: „Bei einem positiven Projektverlauf ist vorgesehen, die städtischen Eigenbetriebe, Gesellschaften und Mehrheitsbeteiligungen ebenfalls als weitere Kooperationspartner zu gewinnen“. Da wird sich für die Lebenspartnerin, den Lebenspartner doch was finden lassen …
Nun zeigt sich, wozu der Wirtschaftsausschuss wohl auch eingerichtet wurde. Das Konzept der „Dualen Karrieren“ erinnert mich an die Selbstbedienungsmentalität der CSU, die PartnerInnen und Verwandte großzügig mit gutdotierten Jobs versorgte; nun ist man in Bayern um Schadensbegrenzung bemüht und wird sich im März vor dem bayerischen Verfassungsgerichtshof wiederfinden.
Der sonst so hochgepriesene „freie Arbeitsmarkt“ soll in Konstanz für sogenannte Führungskräfte nicht gelten? Die Universitätsstadt auf dem Weg in eine Klassengesellschaft? Wenn sich der Oberbürgermeister und Rektor Rüdiger mit ihrer Idee durchsetzen, ist das nicht von der Hand zu weisen.