Wir doofen Strom-Kunden

Wir wussten es vorher: Die Konstanzer Stadtwerke ziehen uns über den Tisch – sie erhöhen den Strompreis zum 1.1. um bis zu fünf Prozent. Begründet wird das mit der Energiewende, beschwichtigend wird „auf finanzielle Beiträge aller Beteiligten“ verwiesen. Damit sind wir gemeint – die doofen Kunden. Von Management-Fehlern oder Fehlkalkulationen oder Fehlinformationen kein Wort 

Und die vereinnahmten Medien tuten ins selbe Horn. So sei das nun mal – die Wende verursache Investitionen (`schuldigung, wo und in was investieren die Stadtwerke? Die kaufen schlicht Strom), das verursache Kosten und die müssten umgelegt werden auf die Kunden. Ein Naturgesetz. Basta. Als Begründung wird nachgeschoben, die Umlage nach dem vor kurzem erlassenen Erneuerbare Energiegesetz (EEG) erfordere eben Zusatzzahlungen.

Pardon: Das ist so, als würde ich meine Heizkostennachzahlung auf Jahre hinaus schuldig bleiben und mich später wundern, dass ich einen vielstelligen Batzen nachzahlen muss. So haben die Stadtwerke agiert. Sie hofften darauf, dass ein Bezirksgericht in Bayern entscheidet, für Stromlieferungen aus der Schweiz fielen keine EEG-Abgaben an. Pech gehabt, das Gericht entschied anders. Ausreichende Rücklagen, wie sie jeder ehrbare Kaufmann für einen solchen Fall über Jahre bilden würde, wurden zu wenig angelegt. Die Rechnung zahlt jetzt der Kunde – 2,3 Millionen.

Und dann haben sie sich auch noch verzockt – sie wollten halt mit spielen im großen Geschäft der Finanzjongleure. Mit Swap-Deals (Börsenwettgeschäften) spekulierten die Profis aus der Max-Stromeyer-Straße auf sinkende Dieselpreise. Und verloren – zwei Millionen Minus.

Doch uns doofen Kunden wird die aktuelle Preiserhöhung als unausweichliche Notwendigkeit verkauft. So funktioniert das bei anderen Wirtschaftsmeldungen auch. Dazu nur zwei News dieser Woche, von der hiesigen Presse hoch gejubelt: Endlich verzichten die Banken auf 50 Prozent ihrer Forderungen im Schuldenstreit mit Griechenland, meldet forsch der Südkurier. Falsch. Wollten die europäischen Banken ihre Anleihen, mit denen sie Griechenland in den Ruin trieben, heute verkaufen, würden sie höchstens 40 Prozent des Kaufpreises erzielen. Für die Differenz bürgt der Steuerzahler, den Reibach machen Ackermann + Co..

Zweites Beispiel: Rentner dürfen sich nächstes Jahr über sagenhafte 2,3 Prozent mehr freuen, tönt der Südkurier im Aufmacher. Falsch. Denn das ist kein Gewinn bei 2,5 Prozent Preissteigerung. Und letztes Jahr gab es keine Rentenerhöhung und nächstes Jahr auch nicht. Erst im Wahljahr 2013 soll aufgesattelt werden. Den finanziellen Reibach macht die Rentenversicherung, den politischen die Regierungskoalition.

Man kann halt Meldungen aus der Wirtschaft so oder anders verkaufen. Stadtwerke und Südkurier machen es auf die altbewährte Tour. Dabei gibt es Alternativen: Andere Stromanbieter und andere Nachrichtenanbieter. Denken wir darüber nach.

Autor: hpk