Alles Chäs
Wer könnte mehr für den Käse zuständig sein als die Schweizer. Und so heißt das neue Buch des Wirtschaftsjournalisten Dominik Flammer und des Fotografen Fabian Scheffold, beide aus Zürich, einfach und selbstbewußt „Schweizer Käse“. Gudrun Mangold hat für seemoz mal vorsichtig reingerochen
Es sind so verblüffende wie überzeugende Kenntnisse von Käsekennern, die in dem von der Opulenz her fast schon Schinken zu nennenden, doch edel aufgemachten Buch versammelt sind. Etwa der Hinweis, dass Ziegenkäse besonders im Herbst gut schmecke, weil sich die Tiere dann hauptsächlich von Wacholder ernähren. Oder daß der Anteil der von den EU-Verwaltern gerne heftig diskutierte Rohmilchkäse in der Schweiz immer noch zwischen 60 und 70 Prozent beträgt. Beispiele wären Emmentaler, Gryère und Walliser Raclettekäse. Was ist eigentlich Urkäse? Flammer klärt auf, das sei der Sauermilchkäse, denn erst die Römer hätten die Labkäserei auf Schweizer Gebiet eingeführt. Mit dem Zerfall des römischen Reichs hätte man wiederum lange Zeit vorwiegend Käse aus Sauermilch hergestellt – wozu Toggenburger Bloderkäse, Rheintaler Suurchäs und Schabziger zählen.
Das Buch behandelt ausführlich Geschichte und Trends der Käseherstellung und porträtiert herausragende Käsemacher wie berühmte einzelne Käse, etwa den Tête-de-Moin aus dem Berner Jura, ein „vollfetter Halbhartkäse aus Rohmilch“ von der Kuh, cremig-würzig im Geschmack. Man erfährt, daß die kleinen Laibe lange nur von lokaler Bedeutung waren, dann aber in Mode gekommen sind. Der französisch Mönchskopf genannte Käse wird in Zusammenhang mit den Glatzen der Ordensbrüder gebracht. Flammer hat recherchiert, daß die im Kloster Bellelay entstandene Sorte wohl eher pro Mönch verteilt wurde und so zu ihrem Namen kam.
Der Band eignet sich gut als Nachschlagewerk. Die wichtigsten Infos gibt’s kurz zusammengefasst auf einen Blick. Wer Näheres erfahren will, wird mit allerlei Geschichten bedient. Neben den inszenierten Porträts der Käsemacher reportiert die reichhaltige Foto-Auswahl die Situationen in den Käsereien und den Reifekellern und zeigt die einzelnen Käse ganz aus aus der Nähe.
„Schweizer Käse“ – Dominik Flammer/Fabian Scheffold – AT-Verlag Baden, Schweiz 2009 – gebunden, 344 Seiten – über 250 Farbfotos. Preis: 59,90 Euro
Autor/In: Gudrun Mangold