Eiertanz um Bodensee-Fracking
Alle sind dagegen. Doch das Regierungspräsidium Freiburg wird die Konzessionen der Firma Parkyn Energy, bei Konstanz und Biberach nach Gasvorkommen suchen zu dürfen, wohl um zwei Jahre verlängern. Die BUND-Ortsverbände Pfullendorf und Konstanz halten das Verfahren für rechtlich fragwürdig, der Stadtrat Konstanz und viele andere Gemeinden am Bodensee sowieso. Nur – die Behörden in Baden-Württemberg verschanzen sich hinter Vorschriften. Doch es geht auch anders, wie ein Beispiel aus Hessen zeigt
Umweltminister Franz Untersteller spricht sich klar gegen Fracking aus. Der Landtag in Stuttgart hat sich 2012 parteiübergreifend gegen die umweltgefährdende Technologie im Wasserschutzgebiet entschieden. Konstanz und viele andere Gemeinden am Bodensee wollen keine Bohrtürme auf ihrer Gemarkung dulden. Und doch wird das Regierungspräsidium Freiburg aller Voraussicht nach Ende Oktober die „Erlaubnis zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen“ der Firma Parkyn Energy um zwei Jahre verlängern. „Nach heutiger Sach- und Rechtslage müsste das LGRB die Verlängerung erteilen“, so Axel Brasse vom ständigen Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) in Freiburg in einem Brief an die betroffenen Gemeinden. „Formalrechtlich“, bekräftigt Brasse auf Anfrage, „haben wir wenig Spielraum.“
Ein Beispiel aus Hessen
Das sehen die BUND-Ortsverbände Pfullendorf und Konstanz anders. Die Fracking-Kritiker vom Bodensee haben Ende Juli Beschwerde beim Landesbergbauamt und beim übergeordneten Umweltministerium eingelegt. Sie berufen sich dabei auf ein Gutachten der Juristin Monika Böhm. Im Auftrag des hessischen Umweltministeriums hatte sich die Marburger Professorin für öffentliches Recht mit der Konzessionsvergabe befasst. Wenn die Gemeinden im Vorfeld nicht informiert werden und 80 Prozent der beantragten Claims Konfliktflächen seien, so ist in ihrem Gutachten nachzulesen, stehe eine Konzessionsvergabe durch das zuständige Landesbergbauamt auf wackligen Beinen. Das zuständige Regierungspräsidium Darmstadt, unterstützt von Hessens CDU-Umweltministerin Lucia Puttrich, hat der kanadischen Firma BNK daraufhin die Erlaubnis verweigert, in Nordhessen nach Erdgas zu suchen. Nun klagt die Firma gegen diesen Entscheid.
Ob man in Baden-Württemberg den hessischen Weg gehen wird, ist mehr als ungewiss. Zwar betonte Umweltminister Franz Untersteller: „Fracking ist ein Risiko für unser Wasser und daher keine Option.“ Doch das Regierungspräsidium müsse die verbindlichen Vorgaben des Bundesberggesetzes beachten, und außerdem sei eine Konzessionsverlängerung noch kein Freibrief für Fracking. Das betont auch Axel Brasse. Bisher sammelte Parkyn Energy nur geologische Daten. Doch in der Verlängerung soll es auch um seismische Untersuchungen gehen: „Die müssen allerdings gesondert beantragt werden“, beschwichtigt Brasse. Bei diesen Messungen wird der Boden in Schwingungen versetzt. In Polen, wo Parkyn Energy ebenfalls Aufsuchungsfelder besitzt, schwemmten diese Schwingungen Schlamm in die Brunnen. Die Frage bleibt: Warum sollen überhaupt Lizenzen vergeben werden, wenn danach nicht gebohrt werden soll?
Widerstand am Bodensee
Am Bodensee geht die Angst um vor einer Verunreinigung des Trink- und Grundwassers. Dort hat das Landesbergbauamt bereits ab 2009 den Firmen Parkyn Energy und Bell Exploration erlaubt, ihre Claims in den Aufsuchungsfeldern Konstanz, Biberach und Saulgau-Wangen abzustecken. Seitdem prüfen die beiden Firmen, wie groß das vermutete Erdgasvorkommen am Bodensee ist und ob sich dort Fracking lohnt. Doch in der Region regt sich Widerstand in Gemeinden, Verbänden und Umweltorganisationen.
Die nun geplante Konzessionsverlängerung für Parkyn Energy geht deshalb nicht mehr so geräuschlos über die Bühne. Das Landesbergbauamt hat erstmals die betroffenen Gemeinden um Stellungnahmen gebeten, viele Resolutionen und Gemeinderatsbeschlüsse sind bereits eingegangen, der Tenor: Nicht mit uns. „Diese Stellungnahmen fließen in unsere Entscheidung mit ein“, sagt Axel Brasse. Deshalb werde das Landesbergbauamt nicht, wie ursprünglich geplant, Ende September, sondern erst Ende Oktober entscheiden.
Der Widerstand vom Bodensee hat inzwischen auch die Aktienkurse einbrechen lassen. Dies ist in einem Bericht der englischen Investmentbanker von Northland Capital über 3Legs Ressources, die Mutter von Parkyn Energy Germany, nachzulesen. In Deutschland erwarte 3Legs Resources anhaltenden Widerstand, was dazu führen könne, dass sich Parkyn Energy Germany aus dem Frackingprojekt am Bodensee zurückziehe. Die Firma Bell Exploration, sagt Axel Brasse, habe für die Genehmigung für das Aufsuchungsfeld Saulgau-Wangen, die Ende August dieses Jahres auslief, bisher keine Verlängerung beantragt.
Keine Verlängerung – das würde Rosa Grünstein schon heute begrüßen. „Die Erlaubnis zur Erkundung widerspricht eindeutig dem am 28. Juni 2012 einstimmig formulierten politischen Willen des Landtags von Baden-Württemberg, Fracking in Baden-Württemberg nicht zuzulassen“, kritisiert die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende die geplante Verlängerung der Konzessionen. Sie hat vergangene Woche einen Brief an das Umweltministerium geschrieben: Wie wichtig ist es, diese Verlängerung zu verhindern? Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass dies passiert? Welche Rolle spielt dabei die Weigerung Hessens, eine Lizenz zu erteilen? Auf die Antwort wartet sie heute noch.
Autorin: Susanne Stiefel
http://www.kontextwochenzeitung.de/pulsschlag/130/eiertanz-um-gasbohrung-1756.html
Zur Diskussion um Eiertanz Bodensee
zunächst ist die Frage zu stellen, ist die Internationale
Gewässerschutzkommission für den Bodensee B-W (Bayern, Vorarl-berg, St. Gallen, Thurgau und SH)eingeschaltet ? Wenn dies noch nicht erfolgt ist, sollte die Landesregierung von B-W
angefragt werden, ob die Kommission sich mit dem Thema in
absehbarer (zeitnah) Zeit an die Kommission herantritt.
Guten Morgen….
ich halte Fracking für eine äußerst bedenkliche Methode, Gas zu gewinnen.
In dem Film „Gasland“ von Josh Fox. Dieser lief bei ARTE am 05.08.2013. Vielleicht sollte sich die Herren aus Freiburg diesen mal anschauen. Es ist erschütternd, was man da an Fakten zu sehen bekommt. Und…….wieso soll es bei uns anders kommen?
Gruß aus Singen
Da hilft wohl nur: Nachbohren, nachbohren, nachbohren.
Bis es so weh tut, dass diesen zum Himmel stinkenden Machenschaften endlich der faule Zahn gezogen wird!
BWs verfahrene Fracking Lizensierung ist ein Lehrstück für zerbrochene Hoffnungen, die Gas-Exploration rasch vermeiden zu können.
Kaum ist die Bundestagswahl 2013 vorbei, springt die Fracking Lizenz aus dem Sack. Was für ein Katzenjammer oder mit Tobias Bücklein zu sprechen: ein tiefgründiger Grünschnitt.
Den Mandatsträgern Baden-Württembergs und Beamten der Bergbaubehörde stünde etwas Zivilcourage für eine entschiedene Umweltpolitik doch gut zu Gesicht.
So ein bisschen Bohren darf, kann oder muss wohl oder übel im Musterländle in Betracht gezogen werden oder?
So eine mustergültige Genehmigung für unkonventionelles Gasbohren füllt kurzfristig den Staatssäckel und entspricht der europäischen Großzügigkeit für Profiteure. Wir – das souveräne Volk – widersprechen aber einer willkürlichen, unverantwortlichen Lizensierung für Probebohrungen mit völlig unkalkulierbarem Risiko.
Denn so lange ist der letzte atomare Supergau einer so perfekten Industrie auch nicht her, aber bei Gaskatastrophen heißt es dann Schutzwälle ausheben und Masken aufsetzen wie schon vor fast 100 Jahren – Nein Danke.
Und hier will ich noch eine schräge Analogie zur Freiheit des Handelns geben: Schusswaffenerwerb ist prinzipiell erlaubt. Jeder unbescholtene, erwachsene Mensch kann eine tödliche Schusswaffe erwerben und in einem geeigneten Waffenschrank aufbewahren. Das Risiko eines Amoklaufs wird akzeptiert.
Aber beim Gasbohren – auch nur zu Erkundungszwecken – werden geothermische / geostatische Prozesse angestoßen, die mit keiner noch so aufwendigen Sicherung komplett abgesichert werden kann. Kleinere Naturkatastrophen wie Überflutungen geschehen regelmäßig. Die negativen Auswirkungen beim Gasbohren auf betroffene Städte, Industrien und landwirtschaftliche Betriebe sind jedoch unüberschaubar. Die Getränkeindustrie wehrt sich gegen Fracking, weil ohne sauberes Wasser, keine Saft- oder Bierproduktion möglich ist. Sauberes Wasser ist für uns alle unabdingbar.
Wer dieses Gut – Wasser als kommunales Gut – also das Menschenrecht auf einen ungefährdeten Zugang zum Trinkwasser -leichtfertig aufs Spiel setzt, hat eigentlich jegliche Legitimation als demokratisch verantwortliche, staatliche Institution verwirkt.
Die anstehende administrative Entscheidung inwieweit Fracking in Baden-Württemberg genehmigt wird, ist keineswegs automatisch selbstverständlich, nein im Gegenteil muss eine Genehmigung kategorisch untersagt werden, weil sie hochgradig zerstörerische Konsequenzen hätte und im Vorfeld von der demokratischen Mehrheit abgelehnt wurde und wird.
Mal sehen, ob die Baden-Württembergische Administration sich scheut, einen Prozess gegen eine weltweit operierende Firma zu riskieren.
Die BUND Verbände Pfullendorf und Konstanz lassen zum Glück nicht locker in ihrem Bemühen, die Verantwortlichen zu einer klaren Antwort zu bewegen.