Felchen und Kretzer mit Bio-Qualität
Felchen, Seeforelle, Seesaibling, Hecht, Aal, Kretzer (in der Schweiz Egli genannt): Sie alle gedeihen in Deutschlands größtem Trinkwasserspeicher, im Bodensee, der mit seinem Wasser rund vier Millionen Baden-Württemberger und Schweizer versorgt. Und eben die Fische, die aber nicht mit dem Zusatz „Bio“ verkauft werden dürfen. Warum das so ist, und warum sie das ärgert, erklären Fischerei-Experten und Bodensee-Fischer.
Für Bio-Freunde wie die Experten von www.ichmagbio stellt sich die Frage, ob der Bodenseefisch als Bio-Fisch gilt, obwohl er als Wildfang nicht den Zusatz „Bio“ führen darf. Antwort gibt als erster Eckard Dossow, Leiter der Fischbrutanstalt Langenargen. Von ihm erfuhren wir Interessantes aus einer inzwischen vergangenen Zeit des Sees, als das Wasser längst nicht so sauber und nährstoffarm war wie heute. Viele Fische, aufgrund des Planktonreichtums oft viel größer als heute, wurden deshalb häufig schon vor ihrer Geschlechtsreife mit 3-4 Jahren gefangen. Bei vielen Arten dezimierte sich der Bestand rasant und einige waren sogar vom Aussterben bedroht. Aber nicht nur die Wasserqualität hatte Auswirkungen auf den Fischbestand, die Verbauung der Seezuflüsse versperrte zum Beispiel der Seeforelle den Zugang zu ihren Laichgründen, auch sie drohte auszusterben.
Hier kamen nun die fünf Fischbrutanstalten rings um den See ins Spiel: Es galt, die natürliche Lebensgrundlage der Fische und die biologische Artenvielfalt im See nachhaltig zu sichern und zu verbessern, natürlich auch zum Nutzen der heimischen Binnenfischerei.
Ringkanalisation, Rückbauung der Zuflüsse, einheitliche Bestimmungen über Fanggeräte und Schonzeiten sowie die koordinierten Maßnahmen der Fischer und der Fischbrutanstalten über die Ländergrenzen hinweg zeigten Wirkung. Heute gelten fast alle Fischbestände als gesichert, das Wasser ist wieder nährstoffarm. Gemeinsam mit den Fischern kümmern sich die Fischbrutanstalten um den „Nachwuchs“: Laichfischfang, Besamung und das spätere Aussetzen der Brut übernehmen die Fischer, die Brutanstalten sorgen für optimale Brutbedingungen der einzelnen Arten in mit Seewasser gefüllten Bassins. Eine tolle Zusammenarbeit in Bezug auf die nachhaltige und ökologische Bestandssicherung bei gleichzeitiger Qualitätssicherung des Naturprodukts Bodenseefisch, lobt Dossow nicht nur die Fischer, sondern auch seine österreichischen und Schweizer Kollegen.
Nächster Gesprächspartner ist in Unteruhldingen der Bodenseefischer Andreas Knoblauch. Er ist Bodenseefischer mit Leib und Seele und dazu auch noch Vorsitzender des Verbands der Badischen Bodenseefischer. Mehrmals täglich fährt er raus auf den See, oft schon vor Sonnenaufgang, um Netze und Reusen einzuholen. Für ihn ist Fischer-sein eine Berufung und nicht nur irgendein Job.
Er gerät ins Schwärmen, wenn er über die Bodenseefische spricht, das helle, trockene Fleisch der fangfrischen Felchen zum Beispiel, und es ist ihm und seinen Kollegen ein ganz besonderes Anliegen, über die außergewöhnlich hohe Qualität der Bodenseefische auch über die Grenzen Baden-Württembergs hinaus zu informieren. Dass man die Bodenseefische nicht „biologisch“ nennen darf, wurmt ihn schon, kann man doch häufig Bio-Fische aus Bio-Aquakulturen finden, die einem Vergleich mit den Bodenseefischen nur schwer standhalten würden – zumindest wenn man nicht juristisch bürokratische Maßstäbe anlegt, sondern die Fische aus der Perspektive des Verbrauchers betrachtet. Alles, was sich für den Verbraucher inhaltlich mit „Bio“ verbindet: natürlich, chemiefrei, artgerecht, regional usw. findet sich im klaren Wasser des Bodensees.
Autorin: Franziska Glowik