Klimakiller Militär (2)

Teil 2 des Beitrags über den Einfluss, den das militärische Vernichtungsarsenal der Staaten auf die globale Erwärmung hat. Die Bundesrepublik Deutschland zeichnet im internationalen Vergleich mit ihren Streitkräften für einen beträchtlichen Anteil am Schadstoffausstoß verantwortlich. In den aktuell landauf, landab geführten Klimadebatten kommt das indes kaum zur Sprache, Regierungsverlautbarungen sparen das Thema komplett aus, zu schweigen von Maßnahmen. Dabei zeigt die Analyse vorliegender Daten: Zu Land, im Wasser und in der Luft gehört das Militär zu den größten Umweltverschmutzern. Fazit: Wer von der Eindämmung der globalen Erwärmung spricht, darf vom Militär nicht schweigen.

Deutschland

Auch die Bundeswehr ist weit davon entfernt, sich den blauen Umweltengel auf ihre Panzer und Flugzeuge kleben zu dürfen.[43]

Ein Eurofighter verbraucht pro Flugstunde 3.500 kg Treibstoff, das entspricht 11 Tonnen CO2 pro Stunde.[44] Nach anderen Angaben 70-100 Liter pro Minute, ohne Nachbrennereinsatz.[45]

Ein vierstündiger Flug des Mehrzweckkampfflugzeugs Tornado verbraucht 20.000 Liter Kerosin und damit die gleiche CO2-Menge wie ein durchschnittlicher Kfz-Pendler in seinem ganzen Berufsleben.[46]

Ein Leopard-2-Panzer schlägt mit durchschnittlich 420 l/100 km zu Buche, selbst im Leerlauf verbraucht er 12,5 l/Stunde.[47]

Mit dem Sprit von einer Stunde Panzerfahrt fährt ein normaler Pkw fünf Mal von Hamburg nach München.

Die Luftwaffenbasis Ramstein liegt in der Nähe von Kaiserslautern zwischen ausgewiesenen Landschaftsschutzgebieten. Emissionen von Kerosin gefährden Grundwasser und Fließgewässer. Ein Großtransporter Galaxy verbraucht allein beim Starten 3.500 Liter Treibstoff. Ein Diesel-PKW mit einem Verbrauch 10 l/100km könnte damit 35.000 km fahren. Kaiserslautern hat mit 5 Tonnen pro Einwohner den größten Ausstoß des Klimakillers CO2 in der Bundesrepublik zu verzeichnen.[48]

Treibhausgas-Emissionen, die dem Militär zuzurechnen sind

Die jüngste und wohl sorgfältigste Studie[49] über Umweltbelastung durch das US-Militär bezieht nicht nur den Erdölverbrauch des US-Militärs in ihre Berechnungen ein, sondern auch die bei der Herstellung der Militärgüter erzeugten Treibhausgase. Demzufolge ist das US-Militär allein im Jahr 2017 mit seinen 649 Mrd. Dollar Militärausgaben für 340 Millionen Tonnen CO2 verantwortlich.[50] Das ist mehr als ein Drittel von ganz Deutschland, einschließlich Verkehr, Industrie, Heizung, etc.[51]

Wie viele Millionen Tonnen Treibhausgase werden vom Militär weltweit verursacht? Belastbare Zahlen fehlen, nicht zuletzt, weil solche auf Druck der US-Regierung nicht an die UN gemeldet werden müssen, beziehungsweise als geheim gekennzeichnet werden können.[52] Wir sind also auf Schätzungen angewiesen.

Ein Anhaltspunkt für solche Schätzungen könnte die Höhe der Militärausgaben eines Landes sein: Je mehr Geld für Gewehre, Panzer, Kampfflugzeuge und Kampfschiffe und Treibstoff ausgegeben wird, desto höher ist der Treibhausgas-Ausstoß dieses Landes, und desto höher der dem Militär zuzurechnende Anteil. Es besteht also sicherlich ein Zusammenhang zwischen der Höhe der Militärausgaben eines Landes und den militärverursachten Treibhausgasen.

Das folgende Bild stellt die weltweiten militärischen Ausgaben dar:

Für direkte Militärausgaben wurden demnach 2018 weltweit 1.822 Milliarden[53] US-Dollar ausgegeben. Mit Abstand am meisten von den USA, mit 648,8 Milliarden,[54] mehr als die sieben Länder mit den nächsthöchsten Rüstungsausgaben zusammengenommen.

Für die US-Militärausgaben von 648,8 Mrd. Dollar ergab die Studie von Neta Crawford[55] eine Umweltbelastung von 340 Mio. Tonnen CO2, inklusive der durch die Herstellung von Militärgütern verursachten Treibhausgase. Um eine Vorstellung von der Größenordnung der militärisch verursachten Treibhausgas-Emissionen zu erhalten, sei angenommen, dass pro Milliarde Dollar Militärausgaben eine vergleichbare Umweltbelastung entsteht.

Diese Rechnungsart ist sicherlich nur ein grobe Schätzung. Sie dürfte aber weit niedriger sein als die reale militärisch verursachte Umweltbelastung, da sie nicht die immensen Umweltschäden durch militärische Operationen und Kriege und deren Folgekosten enthält.

Wenn die 649 Mrd. Dollar Militärausgaben der USA 340 Millionen Tonnen CO2 verursachen, würden dann pro Milliarde Militärausgaben 0,52 Millionen Tonnen CO2 anfallen. Die folgende Tabelle stellt die so geschätzten Treibhausgas-Emissionen dar.

Militärausgaben und Treibhausgas-Ausstoß

Land Rüstungsausgaben 2018 Dem Militär zuzurechnendes CO2 in Tonnen
USA $ 649 Mrd. 340 Mio.
China $ 250 Mrd. 129 Mio.
Saudi Arabien $ 67,6 Mrd. 34,9 Mio.
Indien $ 66,5 Mrd. 34,3 Mio.
Frankreich $ 63,8 Mrd. 32,9 Mio.
Russland $ 61,4 Mrd. 31,7 Mio.
Großbritannien $ 50 Mrd. 25,8 Mio.
Deutschland $ 49,5 Mrd. 25,5 Mio.
Japan $ 46,6 Mrd. 24,0 Mio.
Südkorea $ 43,1 Mrd. 22,2 Mio.
Militärausgaben weltweit $ 1.822 Mrd. 940,0 Mio.

Rüstungsausgaben[56] von 2018 und Ausstoß von Klimagasen durch das US-Militär[57] im Jahr 2018
Zahlen kursiv: Hochrechnung auf Basis der US-Zahlen
Der hier errechnete CO2-Ausstoß schließt die bei der Herstellung von Militärgütern anfallenden Emissionen ein

Die in der Tabelle (Spalte rechts außen) kursiv gedruckten Zahlen sind als Näherungswerte zu verstehen. Aber auch mit diesem Vorbehalt dürfte gelten: Das Militär verursachte 2018 weltweit 940 Mio. Tonnen CO2-Ausstoß, mehr als aller Auto- und Flugverkehr, alle Industrieabgase, Heizung etc. von ganz Deutschland (2017: 894 Mio. Tonnen[58]), immerhin das Land mit dem siebtgrößten CO2-Ausstoß.[59]

Diese Zahlen sind als Annäherung an die realen CO2-Emissionen zu verstehen, da das Militär selbst keine zuverlässigen Auskünfte erteilt.

Zu beachten ist auch, dass die hier hochgerechneten Zahlen die CO2-Mengen enthalten, die bei der Herstellung der Waffen, Panzer, Flugzeugen etc. anfallen. Diese hochgerechneten Zahlen sind also nicht direkt vergleichbar mit den CO2-Mengen, wie sie beispielsweise für den zivilen Verkehr oder für Heizung angegeben werden: Dort werden meist nur die durch Verbrennung fossiler Treibstoffe erzeugten CO2-Mengen angegeben. Zur gesamten militärischen Umweltbelastung gehören jedoch auch die Treibhausgase, die bei der Herstellung militärischer Güter anfallen.

Fazit:

  • Das Militär gehört weltweit zu den größten Klimakillern.
  • Umwelt- und Klimadebatten über drastische CO2-Reduzierungen, die das Militär nicht einschließen, sind daher massiv unvollständig, um nicht zu sagen:
  • heiße Luft.

Text: Dr. Maik Schluroff, gemeinsam mit Roland Didra und Helmut Luz

Bild: Präsentation des Kampfpanzers Leopard 2 beim Tag der offenen Tür am 28.09.2019 in der Kyffhäuserkaserne im thüringischen Bad Frankenhausen. (Flickr | CC BY-NC-SA 2.0


Teil 1 des Beitrags HIER zu finden.


Fußnoten

43] Das Umweltbundesamt stellt in seinem Bericht von 2019 an die UNO auf Seite 246 fest: 2015 und 2016 sank der Treibstoffverbrauch der Bundeswehr um 0,00005 % bzw. 0,00004 %. (!)

[44] http://www.klimaretter.info/politik/hintergrund/16977-klimakiller-eurofighter

[45] http://eurofighter.airpower.at/technik-daten.htm

[46] http://www.schattenblick.de/infopool/medien/altern/gegew728.html

[47] https://de.wikipedia.org/wiki/Leopard_2

[48] Alle Angaben zu Ramstein aus https://www.solarify.eu/2019/07/01/943-klimakiller-militaer/2/

[49] Neta C. Crawford, Pentagon Fuel Use, Climate Change, and the Costs of War

[50] https://watson.brown.edu/costsofwar/files/cow/imce/papers/2019/Pentagon%20Fuel%20Use%2C%20Climate%20Change%20and%20the%20Costs%20of%20War%20Final.pdf

[51] Deutschland emittierte 2016 insgesamt 918 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Länder_nach_Treibhausgas-Emissionen

[52] Die Berichtspflicht der Staaten an die UNO ist zudem beschränkt auf militärische Emissionen durch Verbrennung fossiler Brennstoffe. Und selbst davon sind UN-mandatierte Auslandseinsätze ausgenommen. Vgl. dazu etwa die (unvollständige) Auskunft des deutschen „Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit“ auf eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz: . https://fragdenstaat.de/anfrage/militar-und-kyoto-protokoll/

[53] Zum Vergleich: Das ist das mehr als das Dreihundertfache des Jahresbudgets der UNO ($ 5,8 Mrd.): https://www.auswaertiges-amt.de/en/aussenpolitik/internationale-organisationen/vereintenationen/-/281336

[54] Die militärischen Ausgaben der NATO-Staaten betrugen $ 1 036,1 Milliarden, also mehr als der Rest der ganzen Welt zusammengenommen.

[55] Neta C. Crawford, Pentagon Fuel Use, Climate Change, and the Costs of War

[56] Zahlen des renommierten schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI (Datenbank Militärausgaben, Mai 2019), hier zitiert nach https://www.dw.com/de/sipri-militärausgaben-steigen-weiter/a-48501719

[57] Vor allem nach: Neta C. Crawford, Pentagon Fuel Use, Climate Change, and the Costs of War, S, 14f

[58] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Länder_nach_Treibhausgas-Emissionen

[59] ebda.