Konstanzer Stadträtin positioniert sich für den Erhalt von Lützerath

Konstanzer Stadträtin Nina RöckeleinVielleicht  heute schon beginnt nach einer Verfügung des Landkreises Heinsberg in NRW die Räumung des Dorfes Lützerath. Das landwirtschaftlich geprägte Dorf und die anliegenden Ackerböden sollen dem Braunkohletagebau Garzweiler zum Opfer fallen. Nachdem im Sommer der letzte offizielle Einwohner seinen Hof an RWE verkaufen musste, halten Klimaaktivist:innen das Dorf besetzt. Sie sollen in einem Polizeieinsatz entfernt werden, damit RWE das Dorf endgültig zerstören kann. Die Konstanzer Grünen-Stadträtin Nina Röckelein positioniert sich öffentlich in einer persönlichen Pressemitteilung gegen die Räumung.

„Angesichts dessen, dass wir 2023 bereits mitten in der Klimakrise leben, muss endlich Schluss sein mit der deutschen Praxis, die Heimat von Menschen sowie die fruchtbarsten Ackerböden Europas für ein „weiter so“ der fossilen Wirtschaftsweise aufzugeben. Gerade weil meine Parteikolleg:innen im Bund und in NRW den „Deal“ mit RWE verhandelt haben, nachdem Lützerath nun aufgegeben werden soll und diesen Polizeieinsatz nun rechtfertigen, muss ich mich öffentlich dazu äußern.

Lützerath jetzt abzubaggern ist ein schwerwiegender Fehler. Denn nach Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wird die Kohle unter dem Dorf Lützerath energiewirtschaftlich trotz momentaner Gasknappheit nicht benötigt. Zudem wird durch das Verbrennen der zusätzlichen Kohlemengen deutlich mehr CO2 ausgestoßen als Deutschland zur Einhaltung der 1,5 Grad Grenze zusteht.

Das Problem ist, dass durch den „Deal“ mit RWE das Ausstiegsdatum für die Braunkohle zwar acht Jahre nach vorne gezogen wurde, aber nicht klar festgeschrieben wurde, welche Kohlemenge insgesamt noch von RWE genutzt werden darf. Für die Physik der Klimakrise sind Jahreszahlen aber irrelevant, es geht nur darum, wie viel Klimagase insgesamt noch ausgestoßen werden. Die Politik muss dem fossilen Energiekonzern RWE klare Grenzen setzen, um die deutschen Klimaverpflichtungen einzuhalten.

Es begeben sich dieser Tage einige junge (und ältere) Aktivist:innen aus Konstanz nach NRW, um sich friedlich der Räumung in den Weg zu stellen. Ich bewundere sie für ihren Mut, bin aber auch in Sorge um ihre Sicherheit. Ich hoffe sehr, dass alle unversehrt zurückkommen und dass auch sonst kein Mensch bei diesem Polizeieinsatz verletzt wird.

Formal gesehen ist dieses Thema natürlich außerhalb meiner Zuständigkeit als Stadträtin in Konstanz. Das Kraftwerk Neurath am Tagebau Garzweiler ist aber die zweitgrößte CO2-Quelle Europas. Wenn dort Entscheidungen getroffen werden, die es unmöglich machen, unserer völkerrechtlichen Verpflichtungen im Klimaschutz in Deutschland zu erfüllen, dann betrifft das jede und jeden, auch in unserer Region.

Mit der Räumung Lützeraths werden Bilder um die Welt gehen, auf denen deutsche Polizist:innen einen Konzern dabei unterstützen, den Kohleabbau massiv zu erweitern – wider besseren Wissens. Diese Bilder werden in den Regionen der Welt, die heute schon massiv unter der Klimakrise leiden, noch lange im Gedächtnis bleiben.

An alle Verantwortlichen für diesen Polizeieinsatz:
Lasst es nicht so weit kommen wie bei der illegalen Räumung des Hambacher Forsts 2018, bei der erst ein junger Mensch sterben musste (Steffen Meyn, 27), bevor die Räumung pausiert und letztendlich juristisch beendet wurde. Findet politische Lösungen, die geeignet sind, die Braunkohlenutzung auf ein Maß zu reduzieren, welches mit unseren internationalen Verpflichtungen beim Klimaschutz im Einklang steht. Stoppt die Räumung jetzt und ersetzt intransparente „Deals“ mit fossilen Konzernen durch transparente und demokratische Entscheidungen, damit junge Menschen nicht weiter ihre eigene körperliche Unversehrtheit auf Spiel setzen müssen, um unserer aller Zukunft zu bewahren.“

Konstanz, den 08.01.2023
Nina Röckelein

Bild: Freie Grüne Liste (FGL)