Warnung vor Fracking im Thurgau

Seemoz-GeothermieAb April 2016 tritt das Gesetz über die Nutzung des Untergrundes (UNG) des Kantons Thurgau in Kraft. Es erlaubt die weitgehende Nutzung des Untergrunds für die Erkundung von Bodenschätzen sowie Geothermie – auch durch Fracking. Das Gesetz sieht vor, dass die eingesetzten Frac-Fluids vom Regierungsrat genehmigt werden müssen. So soll der Schutz der Gewässer und des Trinkwassers gewähr­leistet werden. Der BUND Konstanz hat da Bedenken.

„Das Gesetzeswerk greift jedoch zu kurz“, meint Annamaria Waibel vom BUND Regionalverband BodenseeOberschwaben. „Die Hauptgefahr für das Trinkwasser und die Umwelt geht nämlich nicht nur von den eingesetzten Chemikalien aus, sondern besonders von den im Boden befindlichen Kohlenwasserstoffen.“ Der Kanton Thurgau liegt größtenteils im sogenannten Molassebecken, das in vielen Bodenschichten Kohlenwasserstoffe wie Erdgas und Erdöl speichert. Auch Tiefenbohrungen zum Zwecke der Geothermie setzen diese Kohlenwasserstoffe frei, was bereits zu mehreren Unfällen geführt hat.

Eine Bohrung bei St. Gallen (s. Foto) löste 2013 ein starkes Erdbeben aus. Außerdem traten hier unkontrolliert größere Mengen an Erdgas aus dem Bohrloch. Ein Blow-Out konnte nur knapp verhindert werden. Ein weiterer Kohlenwasserstoffunfall ereignete sich im Februar 2016 in Diessenhofen. Mit Öl und anderen Kohlenwasserstoffen belastete Tiefenabwässer aus einer Geothermieanlage wurden ungeklärt in den Rhein geleitet, was zu einer großen Ölverseuchung führte und die Trinkwassergewinnung der Gemeinden Diessenhofen und Gailingen beeinträchtigte.

Völlig unklar ist, wie die langfristige Dichtigkeit der Bohrlöcher gegenüber dem Grundwasser gewährleistet werden und wie überwacht werden soll, dass keine Kohlenwasserstoffe über die Bohrpfade ins Trinkwasser gelangen. Der Kanton hat für eventuelle Unfälle vorgesorgt, in dem er die kantonale Haftung im Gesetz ausdrücklich ausschloss. Im Ernstfall bleiben die Gemeinden und Bürger auf Ihrem Schaden sitzen.

„Die Beispiele zeigen ganz deutlich, dass man im Umgang mit allen Arten von Tiefenbohrungen gar nicht vorsichtig genug sein kann“ kommentiert Antje Boll vom BUND Konstanz. „Im Falle des Bodensees und des Rheins als internationale Gewässer sind nicht nur Schweizer Bürger betroffen, sondern auch die Gesundheit der Anwohner auf deutscher Seite. Deshalb ist ein grenzübergreifendes Abstimmungsverfahren unerlässlich.“

MM/hpk

Hintergrundwissen: http://www.bund-konstanz.de/themen/fracking-am-bodensee/tiefengeothermie/

Auszüge aus dem UNG: UNG § 7 Absatz 4: „Frackingverfahren gemäss § 2 Absatz 5, welche die Umwelt, insbesondere ober und unterirdische Gewässer gefährden, sind verboten. Der Regierungsrat bestimmt, welche Chemikalien verwendet beziehungsweise nicht verwendet werden dürfen.“
§ 16 Haftung 1: „Soweit die Nutzung des Untergrundes Dritten übertragen wurde, ist die Haftung des Kantons nach dem Gesetz über die Verantwortlichkeit für Schäden, die bei der Ausübung der Bewilligung oder Konzession verursacht werden, ausgeschlossen.“

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