„Weiter mit einer bürgernahen Energiewende“
Mit einem fast schon dramatischen Appell wenden sich Bene Müller und Achim Achatz, Vorstände der solarcomplex AG aus Singen, an die Öffentlichkeit: Sie warnen vor den Folgen der Novellierung des EEG und liefern Argumente zur Energiediskussion: Sie suchen MitstreiterInnen für eine dezentrale und bürgernahe Ausgestaltung der Energiewende. Und dazu ist es höchste Zeit, denn die Kehrtwende der Großen Koalition ist in vollem Gange
„Mit der aktuellen Novellierung des EEG wird eine subtile „Umsteuerung der Energiewende“ eingeleitet. Wir haben drei wesentliche Kritikpunkte:
„Die Energiewende verläuft langsamer als möglich“
Die Abkehr von den bisherigen Mindestzielen für erneuerbare Energien und die Einführung eines festen Ausbaukorridors von 40 – 45 % bis 2025 ist nichts anderes als eine Deckelung auf maximal 45% und damit ein Bestandsschutz von 55 % fossiler Stromerzeugung zu diesem Zeitpunkt. Das bedeutet, dass der Ausbau der regenerativen Energien in etwa den Atomausstieg kompensiert, aber keinen nennenswerten Beitrag zum danach anstehenden Kohleausstieg leisten kann. Eine Bestandsgarantie für die Kohleverstromung ist klimapolitisch grundfalsch. Ein Ausbauziel von mindestens 50% bis 2025 (ohne Obergrenze) würde sowohl die Leistungsfähigkeit der erneuerbaren-Energien als auch die energiepolitischen Ziele der Bundesländer berücksichtigen und ein anderes politisches Signal aussenden: Bis 2025 wird auch der Anteil des Kohlestroms zumindest etwas sinken.
„Die Energiewende wird den Bürgern entzogen“
Die Perspektiven einer bürgergetragenen und lokal verankerten Energiewende werden deutlich verschlechtert. Durch bürokratische Vorgaben (wie Pflicht zur Direktvermarktung, Ausschreibung ab 2017) werden große Akteure begünstigt, kleine benachteiligt. Völlig kontraproduktiv ist die Belastung der Eigenstromnutzung durch EEG-Umlage: Jahrelang hat die Politik gefordert, die PV müsste vom EEG unabhängig werden. Kaum ist das annähernd geschafft, führt man eine neue Abgabe ein und zerstört damit neu entstehende Geschäftsmodelle für die Eigennutzung von Solarstrom.
„Die Energiewende wird teurer als nötig“
Der Anstieg der EEG-Umlage um rund 1 ct von 2013 nach 2014 entfiel nur zu 13 % auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, der Rest aber auf die gefallenen Börsenstrompreise und auf die Ausweitung der Industriebefreiungen. Die vorgeblich verfolgte „Kostendämpfung“ sollte ja im Schwerpunkt bei den großen Positionen ansetzen, aber nein. Weder wird die kostentreibende Wirkung des nicht funktionierenden Emissionshandels entschlossen angegangen, noch andere Vermarktungswege des Regenerativstroms untersucht. Möglichkeiten zur Kostensenkung werden weiter einseitig bei den Vergütungen für die erneuerbaren gesucht, also bei den 13% !.
Beim ältesten Solarpark von solarcomplex auf der ehemaligen Kreismülldeponie Rickelshausen (s. Luftaufnahme) wurde ein 5. (und voraussichtlich letzter) Bauabschnitt realisiert. Modultische mit nochmals 1,2 MW Leistung gingen im Januar ans Netz und speisen zukünftig rund 1,4 Mio kWh pro Jahr ins Netz ein. Die Erzeugungskosten liegen bei nur noch rund 7 ct / kWh, die Vergütung bei unter 10 ct.
Am meisten entlarvt sich die Argumentation beim Offshore-Wind: Wenn man das Ziel der Kostenbegrenzung verfolgt, ist die vorgesehene Mengensteuerung gerade nicht zielführend, weil die günstigste Form regenerativer Stromerzeugung gedeckelt wird, während die teuerste eine Bestandsgarantie erhält. (Vergütung Windkraft onshore zukünftig unter 9 ct, offshore bis zu 19 ct / kWh). Es müsste ja gerade umgekehrt sein: Zügiger Ausbau der günstigsten und Deckelung der teuersten Erzeugungsform. Die krasse Bevorzugung von Offshore gegenüber Onshore-Wind geht noch weiter: Netzanschluss Offshore garantiert und zahlt der Stromkunde, Netzanschluss Onshore zahlt der Betreiber.
Wir halten dagegen und werden uns weiterhin für eine möglichst dezentrale und bürgernahe Ausgestaltung der Energiewende einsetzen. Bitte unterstützen Sie uns dabei.
mit solarcomplexen Grüßen
Achim Achatz, Vorstand Bene Müller, Vorstand“