Ausgeheckt. Was wirklich hinter Ehec steckt

Ich bin ja so verschossen – in Deine Sojasprossen“. Das war einmal. Ade, du schöne heile Welt des Vegetarismus. Jetzt haben wir den Salat: eiskalte Killertomaten, vergiftete Schlangengurken, tückische Trieblinge jagen uns angstvolle Schauer durch den Magen und trachten dem arglosen Verbraucher nach dem Leben. Es grünt so grün, wenn die Phobien blüh`n. Ehec ist nur noch als Satire zu ertragen, meint Siegfried Galter.

Ehec erhebt sein mörderisches Haupt. Schon ranken sich die wildesten Gerüchte, und verwegenste Verschwörungstheorien treiben ihre obskuren Blüten: Schlichte Hygieneschlamperei, Gülle-Terroristen oder neueste Biowaffen aus dem undichten Genlabor? In dem zusehends dichter werdenden Dschungel aus Vermutungen, Verdächtigungen und Fehlinformationen wird es immer schwieriger, das Offensichtliche wahrzunehmen. Denn wie bei jeder menschen gemachten Krise stellt sich doch zuallererst die Frage: Wem nutzt es?

Nun, sicher nicht den bereits festzustellenden Opfern und Todesfällen, die es beklagenswerter Weise schon gibt und noch geben wird. Dabei gibt es doch, bei einigem Nachdenken, nur eine sinnvolle Erklärung für den gerade grassierenden Ehectizismus. Aber warum checkt das denn keiner? Oder haben hier alle Tomaten auf den Augen?

Also, ganz langsam zum Mitdenken: Gerade erst hat die ökobeseelte Bürgerbewegung der Atomlobby den Saft abgedreht oder zumindest kräftig die Rendite verwässert. Grün ist allenthalben auf dem Vormarsch und wird womöglich noch andere Lobbyistenbranchen empfindlich treffen. Na, schon eine Idee? Wie wär´s denn z.B. mit der Chemieindustrie. Oder Pharma? Oder Verpackungsindustrie? Oder Lebensmittelindustrie? Oder? Oder? Denen geht doch jetzt der Allerwerteste so richtig auf Grundeis, oder? Wenn hier erst einmal die grüne Revolution ins Rollen kommt, bleibt denen doch in diesem Lande kein Schein mehr in der Tasche. Oder? Davor haben die jetzt so richtig Angst. Oder? Deshalb gibt’s jetzt die Ehec-Phobie. Die erwischt die Grünzeugfresser dort, wo es ihnen am wehesten tut: An Ihrer kerngesunden und ideologiegesättigten Öko-Plauze nämlich. Vielleicht ist einigen ja aufgefallen, dass es vor allem Bio-Erzeuger und -Produkte waren, die (wenn auch bisher unbewiesener Maßen und fahrlässig voreilig) als mögliche Ehec-Verbrecher oder -Verteiler gebrandmarkt wurden?

Bio-psychologische Kriegführung nennt sich das: Erst wird die Grün-Phobie implantiert, dann wird sie epidemieartig auf die Grünen-Phobie ausgeweitet. So läuft die Chose, liebe Leute. Indem sie die Grundwerte und die Moral der Öks fundamental erschüttert, genau dort, wo sie sich tagtäglich ihre Saubermannsmoral auffrischen: Im Reformhaus. Aber wenn das Reformhaus erst verseucht ist, gibt’s auch keine Reformen mehr, so einfach ist die Rechnung: Grün = Bio = Gefährlich! Gülle = Bio = Pfui! Chemie = Sauber = Gesund! Pharma = Sicher = Gut!

Erst kommt das Fressen, und dann kommt die Moral.“ Soweit die ewig gültige Erkenntnis des alten Bertholt Brecht. Und nach der werden die Grünen und ihre sauberen Sympathisanten jetzt fraktionsweise vom Glauben abfallen, wetten dass? Und sie werden endlich die unleugbaren Vorteile von industriellem Fast- und Fertigfood, antibiotischer Massenprophylaxe, keimfrei in Plastik verschweißter Massennahrung und gentechnisch einwandfrei unbedenklicher Nahrungsmittel schätzen lernen.

Nur: was macht der Normalo, der einfach nur seinen Vitaminhaushalt auf herkömmliche und natürliche Art im Gleichgewicht halten will? Da müssen wir jetzt durch. Jede Revolution fordert ihre Opfer, und die Gegenrevolution noch viel mehr. Bis dahin gilt die alte Regel; „An apple a day keeps the doctor away.“ Warum? Ganz einfach: Äpfel wachsen auf dem Baum, und kein Rindvieh scheißt so hoch, noch nicht einmal mit Durchfall. Vom Verzehr von Fallobst wird allerdings nachdrücklich abgeraten. Ebenso wie von rohen Rindviechern.

Autor: Siegfried Galter