BKA fuchtelt bei seemoz rum

Wenn die Frau vom Bundeskriminalamt dreimal klingelt und den Redakteur aus dem Bett holt, ist panische Vorsicht angesagt. Die Geschichte, die wir jetzt erzählen, ist zwar schräg und schrill (siehe Oberzeile), aber dennoch wahr, hat aber trotzdem irgendwie das Zeug zur Glosse und Satire

Also: Frau H. aus der Treptow-Kaserne in Berlin – da sitzt die Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamtes (BKA), die für die Absicherung der Regierungsmitglieder zuständig ist – klingelt zu früher Morgenstund‘ telefonisch bei seemoz an: So ganz versteht der schlaftrunkene Redakteur nicht, was Sache ist: Es geht um seemoz-Kommentare und deren Identifizierung, um Bedrohungen und deren Verfasser.

Nun ist der seemoz-Redakteur ein naiver Zeitgenosse und denkt meist eingleisig: Es geht, so mutmaßt er, um die Nazi-Hatz gegen seemoz, und schön, dass sich jetzt das BKA um die Sache kümmert. Doch nach etlichen Rück- und Fangfragen, nach Rückrufen und zusätzlichen Recherchen schält sich heraus: Es geht nicht um Nazis (wäre ja auch ungewöhnlich beim BKA), es geht um Hans-Joachim Fuchtel, schwäbischer Bundestagsabgeordneter und seit 2009 parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Arbeit und Soziales, Regierungsmitglied also, und in unserer Region auch bekannt als erfolgloser OB-Kandidat in Singen, der als Merkels Sonderbeauftragter für Griechenland dorten tüchtig für die Privatisierung sorgt – alles nachzulesen auf seemoz vom 10.10.

Und es geht um Peter Lenk. Der Schelm unter Deutschlands Bildhauern hatte das fragliche Interview kommentiert und mit einem Böll-Zitat und einem Hinweis auf den ermordeten Treuhandchef Rohwedder wohl das Büro Fuchtel aufgeschreckt, das flugs das BKA einschaltete. Und also wollte Frau H. jetzt wissen, ob dieser Kommentator Lenk tatsächlich dieser Bodensee-Künstler sei, der immer so despektierlich über Prominente herzieht. Und ob die Redaktion die ip-Nummern der Kommentatoren dokumentiert? Und ob die Redaktion nicht womöglich einem Scharlatan aufgesessen sei? Ob also Lenk wirklich Lenk sei. Undsoweiterundsoweiter. So fuchtelt das BKA also bei seemoz rum.

Wir konnten Frau H. aus Berlin beruhigen. SeemoZ stellt nur Kommentare ein, deren Verfasser zumindest der Redaktion namentlich bekannt sind – gleichgültig, ob die unter einer digitalen Tarnkappe segeln, einen Nickname benutzen oder sich sonstwie zu verbergen suchen. Wir fragen nach – und befördern Beiträge in den Papierkorb, wenn es keine befriedigende Reaktion auf unsere Nachforschung gibt.

Und wir konnten Peter Lenk eine Freude machen. Der lachte herzlich, als wir ihm von den Telefonaten berichteten. Wer weiß, vielleicht taucht bald eine Lenk-Figur auf, die irgendwie Ähnlichkeit mit Frau H. aus Berlin hat…

Autor: hpk

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