Bürgermeister Kurt Werner wird Teilzeitchinese
Was in Kreisen der Stadtverwaltung lange als unwahrscheinlich galt, wird nun wahr: Der Konstanzer Bürgermeister Kurt Werner wechselt nach China. Bei der eilig einberufenen Pressekonferenz am gestrigen Montag erläuterte Werner seine Beweggründe für den überraschenden Standortwechsel. Er wolle am Ende seines erfolgreichen Berufslebens „ richtig durchstarten“ und in Fernost „neue Maßstäbe setzen“, so Werner über seine Zukunftspläne
Es war schon auffällig: Wo immer in den vergangenen Tagen Chinesen schnatternd und fotografierend durch die Altstadt zogen – Kurt Werner war stets an ihrer Seite. Die Delegation aus der Partnerstadt Suzhou unter Leitung von Tschou Falungong, dem Vize-Parteichef der Stadt, informierte sich über aktuelle Projekte in Konstanz. Interessiert waren die Gäste aus dem fernen China an der „Stadt am Seerhein“, am Umbau des alten Hafenareals zu einer modernen Uferpromenade und vor allem an der Begegnungszone am Bahnhof. Da mehrmalige Querungsversuche des lauschigen Stadtboulevards überwiegend erfolgreich verliefen, (nur ein Dolmetscher kam unter einen LKW), war für Falungong schnell klar: „Sowas wollen wir auch und den dafür verantwortlichen Baubürgermeister gleich dazu“.
Kurt Werner ließ sich nicht lange bitten, denn in Suzhou vermutet er „bislang ungeahnte Möglichkeiten, beispielhafte Stadtentwicklungsziele tatkräftig umzusetzen“. In der chinesischen Partnerstadt wird um den Bahnhof der Schnellbahnlinie Peking-Shanghai-Hangzhou ein neues Stadtviertel entstehen. Das Entwicklungsprofil ist ganz im Sinne Werners, denn geplant sind sogar zwei Begegnungszonen, die mit einer Brücke verbunden werden sollen. „Da“, so Werner bei der Pressekonferenz, „profitiere ich von meinen langjährigen Konstanzer Erfahrungen“.
Rückblickend, der Baubürgermeister will das nicht verhehlen, habe ihn die „Ignoranz einiger Stadträte“ schon verärgert. Schließlich hätte er angeboten, seine Arbeit in Konstanz über die Amtszeit hinaus um ein Jahr zu verlängern, um die „erfolgreichen Projekte vor Ort“ auch zu Ende zu bringen. Die Ablehnung dieser aus seiner Sicht „großzügigen Offerte“ habe ihn enttäuscht. Aber er wolle nicht übellaunig nachkarten und freue sich nun über seinen neuen Wirkungskreis in Fernost. Tschou Falungong hatte dann noch ein besonderes Schmankerl für seinen neuen Mitarbeiter parat: „Eine Kostenobergrenze für innovative Stadtplanung gibt es bei uns nicht“. Da huschte fast unmerklich ein zufriedenes Lächeln über das Gesicht von Kurt Werner.
Oberbürgermeister Uli Burchardt zeigte für die Entscheidung des Noch-Bürgermeisters Verständnis und wünschte ihm „ein glückliches Händchen“ in seiner neuen Wahlheimat. Er bedauere den Weggang Werners „selbstverständlich zutiefst“, aber die von den chinesischen Freunden angebotene Ablösesumme für den Stadtplaner, über die beide Seiten striktes Stillschweigen vereinbart haben und die sich in einem hohen vierstelligen Bereich bewegen soll, sei „zu verlockend“ gewesen. Bis Mitte Dezember will Kurt Werner noch in Konstanz bleiben, einen Feng-Shui-Kurs belegen und Chinesisch lernen. Sein Dienstantritt in Suzhou ist für den 1.Januar 2014 geplant und fällt ins Jahr der Schildkröte. Wer Werner als Baubürgermeister in Konstanz nachfolgen wird, ist noch völlig unklar, aber die Stelle ist bereits bundesweit ausgeschrieben.
Autor: Kuno Schelmle
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