CDU-Rat wirbt ehrenamtlich für seemoz

Sie fragen sich, warum CDU-Stadtrat Andreas Ellegast plötzlich sein Herz für seemoz entdeckt hat? Dann wollen Sie wissen, warum Jürgen Leipold nach so kurzer Amtszeit doch den Weg freimacht? Zudem treibt Sie die Frage um, ob Ratzinger, der eine Einladung für das Konziljubiläum erhalten hat, 2014 einen Bratwurststand auf dem Obermarkt betreibt? Und Sie sind  neugierig zu erfahren, was die Kündigung eines Chefarztes tatsächlich kostet. Und ob Ex-OB Helmle ein Nazi war? Dann lesen Sie einfach weiter

Oberbürgermeister Horst Frank verspürt wohl gegen Ende seiner Amtszeit ein zunehmend mulmiges Gefühl. Angesichts des Takeda-GAUs mahnte er, auch im Zusammenhang mit dem Konziljubiläum, sparsameres Wirtschaften bereits im Vorfeld an. Gerade er, der seit rund einem Jahr recht vollmundig erklärt, mit den Feierlichkeiten käme Konstanz endlich auf die europäische Landkarte und der halbe Erdball liebäugele mit einem Besuch der Bodensee-Metropole, übt sich neuerdings in von ihm nicht gewohnter Bescheidenheit. Es ginge ab sofort nicht mehr darum, so der städtische OBerhäuptling sinngemäss, das Wünschenswerte voranzutreiben, sondern das Machbare. Eine späte Einsicht.

Andreas Ellegast, Schifffahrtsexperte und CDU-Stadtrat, findet am geplanten Livestream, der Direktübertragung der Gemeinderatssitzungen im Internet, wenig Gefallen. Der von einer Mehrheit des Gemeinderates befürwortete Probelauf bereitet dem Mann heftigstes Kopfzerbrechen. Sollte es einen Livestream geben, will er juristisch dagegen vorgehen. Datenschutzrechtliche Bedenken treiben Ellegast um, aber auch der „Missbrauch von dritter Seite“ raubt ihm schier den Schlaf. Zuerst wurde gerätselt, was er damit meint. Dann brach es aus ihm heraus: „seemoz macht doch unsere Entscheidungen, wie bei der KKH-Diskussion, dauernd lächerlich“. Da schwoll dem fidelen Leichtmatrosen schon des öfteren gewaltig der schwarze Kamm. Auffällig ist: Seit Monaten vergeht kaum eine Gemeinderatssitzung, bei der nicht von seemoz die Rede ist. Das ist löblich und erklärt auch die stetig steigenden Zugriffsraten, die seemoz zu verzeichnen hat. Weiter so!

Bleiben wir bei der CDU. Ach, was waren das für Zeiten, als man Mitte der 1980-er Jahre im Rat noch 14 Sitze hatte und mit großem Abstand die größte Fraktion stellte. Doch seitdem wurde  es Wahl für Wahl lichter um Wolfgang Müller-Fehrenbach und seine Altherrenkombo. Eberhard Roth kehrte wegen der Debatte um Müller-Esch seiner Fraktion den Rücken und somit hat die CDU gerade noch acht Sitze. Ungeachtet dessen beansprucht sie weiterhin zwei Fraktionsräume im Technischen Rathaus und tagt gar herrschaftlich, während andere Gruppierungen wie NLK, FuF und LLK dort keinen Platz haben und schauen müssen, wo sie unterkommen, wenn sie sich auf die Ausschuss- und  Gemeinderatssitzungen vorbereiten. Da ist das Hauptamt gefordert, um allen Räten halbwegs vernünftige Arbeitsbedingungen bereit zu stellen.

Apropos Einzelkämpfer. Neue Linie Konstanz (NLK), Frank und Freie (FuF) und der CDU-Abweichler Roth wollen sich zu einer Fraktion zusammen schließen, die sich Unabhängige Fraktionsgemeinschaft (UFG) nennen will. Ob und wie Jürgen Wiedemann (NLK), der zuweilen von nahezu anarchistischen Jux- und Gelegenheitsattacken befallen wird, mit dem zwar aufrechten, aber strukturkonservativen Eberhard Roth und der esoterisch angehauchten FuF-Rätin Claudia Zunker zurecht kommt, verspricht hohen Unterhaltungswert. Alleine deswegen ist ein Livestream unerlässlich.

Jürgen „Pattex“ Leipold, seit nunmehr vierzig Jahren (!) Ratsmitglied, ließ sich nach der letzten Gemeinderatssitzung ausgiebig feiern. Ähnlich wie an offenen Gräbern wird bei solchen Anlässen auch gerne lobhudelnde Schönrednerei gepflegt. So auch hier. Schmunzelnd konnte man vermerken, dass Oberbürgermeister Horst Frank kübelweise Lob und Preis über den sozialdemokratischen Silberrücken schüttete. Dabei hat ihn Leipold über Jahre hinweg gnadenlos in den Senkel gestellt und keine Gelegenheit ausgelassen, Frank auch öffentlich als eine grandiose Fehlbesetzung im OB-Sessel zu bezeichnen. Sicher ist: Leipold war jahrzehntelang das bekannteste und auch profilierteste Gesicht der SPD, dazu ein überaus gewiefter Stratege, der auch gerne hinter den Kulissen die Fäden zog. Wer aus den eigenen Reihen es wagte, dem großen Vorsitzenden in die Quere zu kommen, der konnte seine lokalpolitischen Ambitionen gleich an den Nagel hängen. Da wurde manch‘ Talent zähnefletschend weggebissen und verließ desillusioniert den Leipoldschen Familienbetrieb. Aber das ist bei konkurrierenden Parteien oft nicht anders. Voraussichtlich gegen Ende des Jahres wird Leipold aus taktischen Gründen den Rat verlassen. Erster Nachrücker wäre Bernd Sonneck. Der hat dann bis zur kommenden Kommunalwahl 2014 Gelegenheit, seinen Bekanntheitsgrad zu steigern. Denn die SPD weiß längst, dass ihr mit dem Weggang von Leipold fortan der Stimmenkönig fehlen wird.

Wie zu hören ist, rechnet Bürgermeister Claus „Maultasch“ Boldt gerade die Kosten hoch, die sein ausgefeiltes Krisenmanagement im Fall Müller-Esch verursacht hat. Das hiesige Dorfblatt ließ schon kurz nach Bekanntgabe der Einigung mit dem Mediziner verlauten, dass da wohl 500 000 Euro zusammen kämen. Falschmeldungen dieser Art kann Boldt aber gar nicht ab und so rechnet er und rechnet er…. und will seine Erkenntnisse alsbald der Öffentlichkeit vorlegen. Denn zu der halben Million Euro Abfindung kommen noch üppige Anwalts- und Verfahrenskosten hinzu. Ob damit die Millionengrenze erreicht oder sogar überschritten wird, ist noch unklar. Tipps aus der Bürgerschaft über den Gesamtbetrag sind bis zum 1.Februar beim städtischen Presseamt abzugeben. Für den Gewinner will die Konstanzer Spitalstiftung eine Gratis-Darmspiegelung springen lassen. Wir wünschen viel Vergnügen.

Konstanz ist um eine ungeheure Erkenntnis reicher. Der Südkurier schrieb, dass sich die Konstanzer Beamtenschaft während des Nationalsozialismus‘ dem System angepasst hätte, und zwar aus eigenem Machtkalkül. Diese erschütternde Information will der Redakteur bei einem Vortrag von Stadtarchiv-Chef Jürgen Klöckler herausgehört haben. Unglaublich: Unter Konstanzer Beamten waren tatsächlich überzeugte Nationalsozialisten! Bahnbrechendes scheint auch in der Causa Bruno Helmle in Sicht. War der langjährige Konstanzer OB nun Nazi, Mitläufer oder mitlaufender Nazi? Man rätselt und forscht. Für Theresia Schnurzler (96), die Helmle aus Jugendzeiten kennt, ist längst klar: „Der Bruno war eine ganz eigene Marke und sicher kein Nazi. Der war ein schlitzohriger Wunderfitz“. Zum Beweis will sie eine Fotografie aus dem Jahre 1943 vorlegen. Auf dieser sei klar zu erkennen, dass Helmle bei einer NSDAP-Versammlung nicht den rechten, sondern den linken Arm zum Hitlergruß hochgerissen hat und somit seinen Protest gegen das NS-System dokumentieren wollte. Hat damals nur keiner gemerkt. Nun will sich eine Expertenkommission darüber schlau machen, ob Helmle eventuell einer Widerstandsgruppe angehörte, von der man bislang rein gar nichts wusste. Da besteht in der Tat Aufklärungsbedarf.

Autor: H.Reile