Der Durchbruch: Internationale Seilbahnkonferenz in Konstanz
Das war zu erwarten: Der Vorstoß von OB Uli Burchardt, die Verkehrsprobleme in Konstanz mittels eines Öffentlichen Seilbahn Nahverkehrs (ÖSNV) ein für alle Mal zu beenden, trägt erste Früchte. Interessenten vor allem aus dem Voralpenland zeigten sich begeistert. Da auch ein Großteil des Konstanzer Gemeinderates von der Idee sehr angetan ist, bittet Burchardt am 8.11. zu einer öffentlichen Konferenz in den Ratssaal. Schon jetzt haben Medienvertreter aus dem In- und Ausland ihr Kommen zugesagt
Seit „Seilbahn-Uli“ Burchardt das Thema auf den Tisch gebracht hat, steht das Telefon in der städtischen Presseabteilung nicht mehr still. Pressesprecher Walter Rügert und sein siebenköpfiges Team sind rund um die Uhr damit beschäftigt, Anfragen aus ganz Europa zu beantworten. Aber nicht nur Interessenten aus der Schweiz, Österreich, Deutschland und Liechtenstein hätten sich gemeldet, sondern auch Investoren aus China, Japan, Russland, Nordkorea, Katar und Saudi-Arabien.
Walter Rügert ist fassungslos: „Ich bin ja schon lange hier, aber der momentane Trubel sprengt alles bisher Dagewesene“. Fast im Stundentakt empfängt Oberbürgermeister Burchardt Delegationen aus aller Welt. Spezialisten aus Seilbahn-Gebieten wollen Büros im noch leerstehenden Kompetenz-Zentrum einrichten, was Wirtschaftsförderer Friedhelm Schaal höchst erfreulich findet: „Darauf habe ich jahrelang gewartet, jetzt geht es richtig los“. Sogar Alt-OB Horst Frank findet das Vorhaben interessant: „Wenn das klappt, taucht Konstanz endlich auf der europäischen Landkarte auf“.
Nach anfänglicher Skepsis haben auch die Konstanzer Gemeinderatsfraktionen Zustimmung signalisiert. Jürgen Wiedemann (UFG) erhofft sich eine „touristische Aufwertung ungeahnten Ausmaßes“, die Grünen brachten ungefragt eine zusätzliche Straßenbahnlinie nebst Wassertaxis ins Gespräch, SPD, FWG und FDP möchten „alles wohlwollend und ergebnisoffen in ihren Gremien prüfen“. Einzig Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU) und Vera Hemm (Linke Liste) können sich für die Seilbahnlösung rein gar nicht begeistern: „Wir sind nicht schwindelfrei“. Stadtkämmerer Hartmut Rohloff, angesprochen auf die zu erwartenden Kosten, hält das Projekt „für finanzierbar“. Bei der Haltnau-Sitzung vergangenen Freitag wurde fröhlich und reichlich alkoholgeschwängert die Möglichkeit einer Seilbahnsteuer diskutiert. „Wer Konstanz von oben sehen will“, so die allgemeine Einschätzung, „muss eben etwas tiefer in die Tasche greifen“.
Zu später Stund` soll Uli Burchardt bei der fünften Gerstenkaltschale verkündet haben, auch mit der Nachbarstadt Kreuzlingen hätten bereits erste Gespräche stattgefunden. Stadtammann Andreas Netzle habe „spontan zugesagt“, mit seinem Stadtrat umgehend darüber zu diskutieren, wie eine grenzübergreifende Seilbahnverbindung, eingebunden in das Agglomerationsprogramm, im Detail aussehen könnte. Reden wolle man auch umgehend mit der Stadt Meersburg. Eine Seilbahnverbindung von Staad direkt in die Schreibstube von Droste-Hülshoff sei zwar „mutig“, aber „durchaus realistisch“.
Die Gesamtkosten von rund 20 Millionen Euro aufwärts „für das zukunftsweisende Projekt“ dürften nicht schrecken. Burchardt schlug vor, den finanziellen Aufwand für das Konziljubiläum („ Das Kirchengedöns geht mir eh auf den Senkel“) von 6 Millionen Euro auf 2 Millionen runterzufahren und den Rest für die Seilbahnvorplanungen zu veranschlagen. Auch Südkurier-Lokalchef Jörg-Peter Rau war hin und weg und versicherte den Anwesenden auf der Haltnau: „Unser Verlag wird alles Erdenkliche tun und als Medienpartner solange auf seine Leser einwirken, bis der letzte Widerstand gebrochen ist. Das hat auch schon beim Konzert- und Kongresshaus geklappt und das kriegen wir wieder hin“.
Aus aktuellem Anlass hat die Stadtverwaltung beschlossen, die für den 8.11. geplante Gemeinderatsklausur „Masterplan Mobilität Konstanz 2020+“ zu streichen und stattdessen im Rathaus die Internationale Seilbahnkonferenz abzuhalten. Die Verkehrsprobleme auf den Konstanzer Straßen, so die Einschätzung fast aller Entscheidungsträger, bekäme man „eh nicht in den Griff“. Fortan gelte es, den Blick starr und unbeirrt nach oben zu richten.
Autor: Holger Reile
Bild: entnommen aus: subkurier 10/13, gezeichnet von Manfred Heier
Wer einen Unternehmensberater zum OB wählt, braucht sich nicht zu wundern, wenn nur „blubb blubb“ rauskommt! Diese Konstanzer habens nicht anders verdient!
Ein toller Artikel!
Zum Thema: Ich finde die Idee gut, nur es muss professionell aufgezogen werden und mit einer anderen Streckenführung als von unserem OB vorgeschlagen( Europastrasse, Grenzbach Döbele/Lago), weil die vorgeschlagene ist für das Stadtbild wirklich wenig sinnvoll! Aber: dranbleiben, besonders der schnelle auf und auch Abbau macht eine Seilbahn attraktiv.
So, jetzt fangen wir noch mal ganz von vorne an. Ein Schritt nach dem anderen. Wir stellen uns mal ganz dumm und tun so, als gäbe es in Konstanz keine Verkehrsmittel. Dann überlegen wir uns, wer von wo nach wohin will. Und wie viele das sind, wann die sich bewegen wollen. Wir schauen auf den Stadtplan und erkennen, dass der ganz anders aussieht, als wie vor 40 Jahren. Sodann merken wir, dass es ein absoluter Unfug ist, alle Linien über die alte Rheinbrücke fahren zu lassen. Wir brauchen Querverbindungen, Verbindungen über die neue Rheinbrücke, Verbindungen zu den ganzen Neubaugebieten. Wir brauchen vielleicht einen zentralen Bushof am Sternenplatz oder was weiß ich wo. Und und und. Vielleicht Linien, die nur die Altstadt und das Paradies bedienen. Linien, die nur Litzelstetten, Wollmatingen und das Industriegebiet bedienen. Linien, die vielleicht nur einen kleinen Abschnitt bedienen. Wenn die Verbindungen stehen, machen wir uns Gedanken über Streckenführungen und Verkehrsmittel. Eine Straßenbahn? Warum nicht? Eine Seilbahn? Warum nicht? Kleine Busse mit 12 Sitzen, große Busse mit 100 Sitzen? Über alles kann man nachdenken. Aber bitteschön strukturiert. Ein Schritt nach dem anderen. Diese geistigen Schnellschüsse samt Diskussionen über ungelegte Eier bringen nichts. Ich würde gerne über Vorschläge von Fachleuten diskutieren, anstatt über Vorschläge von Ahnungslosen.
Erst einmal danke an Herr Reile, der die Angelegenheit wie immer auf den Punkt bringt. Inzwischen finde ich das Thema „Seilbahn“ nicht mehr witzig. Es ist erschreckend(oder vielleicht doch nicht?), wie bereitwillig viele Konstanzer Bürger und die gewählten Volksvertreter ihr eigenes Grab schaufeln. Dabei geht es erst in zweiter Linie um die Zerstörung des Stadtbildes, welches eine Ursache dieses Wahnsinns sein wird, sondern in erster Linie darum: Eine Seilbahn löst das Verkehrsproblem nicht, dessen Hauptursache die Schweizer Kofferraumkunden sind! So weit sind selbst begeisterte Befürworter auch unter den gewählten Volksvertretern schon gekommen und sprechen offen von einer Touristenattraktion, die Konstanz „endlich auf die europäische Landkarte katapultiert“. Na, vielen Dank auch, unser Städtle platzt schon jetzt aus allen Nähten! Touristenattraktionen bringen noch mehr Menschen und unvorstellbar mehr Verkehr, aber das scheint für all die „fortschrittlichen“ Bürger und „unseren Uli“, der sich unbedingt mal profilieren muss, weil seine(Un-)Taten sonst nicht weiter auffallen, keine Rolle mehr zu spielen. Wie war das mit dem Sauerstoffmangel in luftiger Höhe? Nach den vielen Pleiten und Pannen der vergangenen Jahre habe ich eigentlich gedacht: Schlimmer geht‘ s nimmer, aber siehe da: Es geht!
Dennis Riehle nennt beim Namen, welche wichtigen Themen der Konstanzer Bürger behandelt sehen möchte, bevor er mehr oder weniger begeistert zu den Kabinen einer Stadt-Seilbahn hoch blicken darf. Dieser Liste möchte ich einen weiteren Punkt hinzufügen, der mit „galoppierenden Lebenshaltungskosten“ einhergeht: Dabei wird manchem Erbbaupächter der Spitalstiftung Konstanz spontan einfallen, wie dort rigoros hin und her gerechnet wird, bis man regelmäßig alle drei Jahre als frühestmöglicher Zeitspanne auf über 5% Erhöhung des Pachtzinses kommt. Wortreich und in geschachteltem Amtsdeutsch wird dann dem Vertragspartner der neue Index des „Bruttomonatsverdienstes im Produzierenden Gewerbe und Dienstleistungsbereich“ erklärt – aha. Das gilt dann allerdings auch für uns Rentner mit plus/minus 0,25% Rentenerhöhung. Wir bezahlen jetzt für 297m² 3.153,82 €/Jahr – Laufzeit bis 2041. Eine Rechenaufgabe für unseren OB als Vorsitzender des Stiftungsrates.
Zumindest versteht unser Oberbürgermeister etwas davon, wie man von den drängenden Problemen, die Konstanz gerade in anstehenden Kommunalwahlkampfzeiten wirklich bewegen müssten (wie bezahlbarer Wohnraum, galoppierende Lebenshaltungskosten, demografischer Wandel, Hochschulplanung, Pflegeversorgung, Kinderbetreuung, Integration, soziale Benachteiligung, Infrastruktur auf dem Boden etc.), ablenken kann.