Die Konstanzer Gurken des Monats April

seemoz-GurkeEs wird mal wieder Zeit, die seemoz-Gurke für hervorragende Verdienste an Personen zu verleihen, die sich nach Kräften um das Wohl der Stadt sorgen. Nach einer Sichtung aller BewerberInnen haben wir uns diesmal sogar für zwei stadtbekannte Nasen entschieden, denen offensichtlich jedweder Realitätssinn abhanden gekommen ist. Oder die nie einen hatten.

Als da wäre: Prof. Dr. Claudius Marx , Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee (IHK). Das ist der Lobbyistenzirkel, der unter anderem mit Zwangsmitgliedschaften seit Jahrzehnten gemästet wird. Unser Herr Marx, weder versippt noch verschwägert mit Karl Marx, der sich wegen der Namensgleichheit wohl ständig im Grabe umdreht, hat unlängst einen Beitrag in einem Jubiläumsheft verfasst, in dem sich das LAGO- Einkaufszentrum für sein zehnjähriges Bestehen feiern lässt. Marxens Beitrag, übertitelt mit „Einer mit Weitblick“, gewährt in seinem Text Auskünfte über sein interessantes Innenleben. Er sei gerne auf dem Konstanzer Münsterturm, verrät er den LeserInnen: „Für mich ist das ein sagenhafter Ort“, säuselt der Herr Marx. Und über den Konsumtempel sagt der Herr Marx: „Das LAGO hat einen ganzen Stadtteil zum Leben erweckt“.

Ja, Claudius Marx freut sich wie Bolle, wenn die Stadt aus allen Nähten platzt und Konstanz im Verkehr erstickt. Das findet er affengeil und sagt auch warum: „Das Shopping-Center ist für mich Magnet und Tor zugleich. Vom ersten Tag an hat es die Menschen nach Konstanz gezogen (…)“. Und das mit dem Verkehr findet Herr Marx überhaupt nicht schlimm, im Gegenteil: „Das ist doch ein schönes Problem! Wer sich allzu sehr über ein volles Parkhaus beschwert, weiß nicht, wie traurig ein leeres Parkhaus und verwaiste Innenstädte aussehen“. Sagt der Herr Marx. An eine Namensänderung denkt er dem Vernehmen nach noch nicht. Die Gurke bekommt er trotzdem.

Auch schon lange für eine seemoz-Gurke bewirbt sich Christian Ulmer, Vorsitzender des Konstanzer Einzelhandelsverbands. Nachdem er schon des öfteren in der Endausscheidung knapp scheiterte, hat er sich nun mit Nachdruck für die begehrte Auszeichnung empfohlen. Hintergrund: Der kommende Sonntag ist ein verkaufsoffener, und Ulmer schätzt es über alle Maßen, wenn sich an diesem Tag Einkaufswahnsinnige Schulter an Schulter durch die Innenstadt quetschen. Das gefällt dem Herrn Ulmer.

Jetzt aber wollen ihm Katholen in die Ladenkasse spucken. Denn ebenfalls am 27.4. ist das Erstkommunionsfest an der Reihe und manche Eltern dieser leidgeprüften Kinder finden es geschmacklos, wenn gleichzeitig der weltliche Run auf schnöde Besitztümer das Kommunionsritual stört. Man kann das auch verstehen: Wer fühlt sich schon wohl, wenn er sich im weißen Kleidchen und einer albernen Kerze in der Hand zum Gespött des schnäppchenjagenden Pöbels macht?

Die Kritik hat unseren Herrn Ulmer dann doch schwer beeindruckt und er hat nachgedacht. Und plötzlich kam er auf eine blendende Idee, die er hurtig via Südkurier transportieren ließ. Natürlich nehme er Rücksicht auf die religiösen Befindlichkeiten und wolle dafür sorgen, dass trotz des verkaufsoffenen Sonntags eine „einladende Atmosphäre“ in der Stadt herrsche. Und Herr Ulmer setzte noch einen drauf, um die christlichen Bedenkenträger endgültig zum Schweigen zu bringen. Kommerzielle Interessen stünden an verkaufsoffenen Sonntagen nicht im Vordergrund, es ginge nur um Werbung. Sagte Herr Ulmer allen Ernstes. Mehr Gurke geht nun wirklich nicht.

Nicht vergessen: Die Anmeldungsfrist für die seemoz-Gurke im Juni endet am 15. Mai. Sachdienliche Hinweise nimmt die Redaktion bis 1. Mai entgegen.

Autor: H.Reile