Fasnacht 2016: Konstanz denkt radikal um

Pr=C3=A4si=20NabholzNeben den meist friedlichen Konfettinasen etablieren sich zunehmend Gruppierungen, denen zu fasnächtlicher Zeit der Sinn nach körperlicher Auseinandersetzung steht. Messerstechereien, Schlägereien und Krawalle aller Art prägen das Straßenbild während der närrischen Tage. Der Ältestenrat der Konstanzer Fasnachtsvereine will nun für 2016 neue Wege gehen und lehnt sich damit überraschenderweise ganz weit aus dem Fenster

Der vergangene Donnerstag war in der Tat ein schmutziger: Meist jugendliche Alkoholleichen krochen über die Straßen und kotzten sich die Seele und diverse Innereien aus dem Leib. Wer noch halbwegs stehen konnte, prügelte auf alles ein, was noch Puls hatte. Außer Rand und Band geratene Halbstarke zückten ihre Messer und Schlagringe und gingen sogar auf Ordnungshüter los. „So schlimm“, erklärte ein Polizeibeamter, „war es noch nie“. Was also tun?

In einer eilends einberufenen Sondersitzung hirnten die Konstanzer Obernarren darüber, wie vor allem die allseits beliebte Straßenfasnacht zu retten sei. Mit am Tisch auch Vertreter des Stadtmarketings und der ansässigen Tourismuszentrale. Schnell war klar, dass zusätzliche Verbotsstrategien ins Leere laufen würden. „Wir müssen“, schlug Marcus Nabholz (siehe Teaserbild), Präsident der Narrengesellschaft Kamelia-Paradies und neuerdings auch CDU-Stadtrat, vor, „den gewalttätigen Pöbel von den braven Bürgerinnen und Bürgern trennen, dem Mob aber auch attraktive Alternativen vor den Toren der Stadt bieten, sonst kriegen wir die nie los“.

Das Grobkonzept steht bereits: Da der Konstanzer Flugplatz im Februar nur selten seiner eigentlichen Bestimmung dient, bietet sich das Gelände für fasnächtliches Treiben der etwas anderen Art geradezu an. Die Rasenfläche möchte man großräumig umzäunen und in mehrere „Eventfelder“ aufteilen. Auf einem ebenfalls abgesperrten Nebenplatz soll den Feierwilligen hochprozentiger Alkohol verabreicht werden, quasi zum Vorglühen.

Wer mindestens zwei Promille im Blut hat – die ansässige Polizei führt die Alkoholtests gegen eine Gebühr von 20 Euro pro Kopf durch – kann dann auf den Hauptplatz. Dort darf man mit den bloßen Fäusten aufeinander losgehen, entweder einzeln oder in einer Gruppenstärke von maximal zehn Personen. Wer bewegungslos am Boden liegt, wird sofort von Sicherheitskräften aus dem Verkehr gezogen und vom Technischen Hilfswerk im nahegelegenen Wollmatinger Ried entsorgt. Ringsum werden Zuschauertribünen angebracht und zu nächtlicher Stunde sorgt Flutlicht für gute Sichtverhältnisse. Eine Tageskarte soll 30 Euro kosten, ein Wochenticket 120 Euro. Der Erlös nach Abzug der Kosten geht an eine soziale Einrichtung.

Ähnlich wie bei Boxveranstaltungen sind pro Kampf maximal zehn Runden à drei Minuten vorgesehen. Das fidele Treiben steht unter ärztlicher Aufsicht und nötige Operationen können gegen einen kleinen Aufpreis vor Ort durchgeführt werden. Für die Hardcore-Szene ist auch an moderate Bewaffnung gedacht: Baseballschläger aus Pappelholz, Fahrradketten, einfache Zaunlatten, Elektroschocker und nasse Handtücher können für die jeweilige Kampfdauer gemietet werden, das Mitbringen von Schusswaffen und Messern ist allerdings untersagt.

Nabholz ist davon überzeugt, dass dieses Angebot auch angenommen wird: „Ich fand` das zwar am Anfang auch irgendwie grenzwertig, aber das ist eben der Zeitgeist, dem wir uns nicht verschließen können“. Außerdem, so der schwergewichtige Teilzeitnarr, hoffe man mit dieser Neuerung während der Fasnachtstage „die Altstadt von Gewalttätern frei zu halten, das war immer oberstes Ziel unserer Initiative“.

Oberbürgermeister Uli Burchardt hält das vorgelegte Konzept vor allem aus Nachhaltigkeitsgründen für „zumindest diskutabel“. Noch aber ist nicht klar, wie sich der Gemeinderat entscheiden wird. Zuerst steht Anfang März eine Debatte im Kulturausschuss an. Von den Fraktionen waren bislang noch keine Stellungnahmen zu erhalten. Seemoz wird weiter berichten.

Autor: H. Reile