Ganz Baden-Württemberg ist ein Panikraum

Kaum flimmerten am Wahlabend die ersten Prognosen über die Bildschirme, brach unter den baden-württembergischen Konservativen und Libe­ralen ungeordnet Panik aus, ganze Regimenter sammelten sich an den Gren­zen, natürlich nicht nach Rheinland-Pfalz, denn dieser Fluchtweg blieb ihnen ebenfalls verbaut. Vor allem, als mit der letzten Hochrechnung gegen 22 Uhr schlagartig alle Lichter ausgingen, weil sich die Kernkraftwerke resigniert von selbst abschalteten, überschritten Tausende die bayrische Landesgrenze, die Halbinsel Lindau avancierte zur Insel Lampedusa des Bodensees.

Laut Wahlprogramm wollen die Grünen deutlich mehr Steuerfahnder im Land einsetzen, weswegen sich unverzüglich Mercedes- und Por­schekarawanen in Gang setzten. Während die Ökos in großen Metropolen wie Tübingen den ersten Fahrradkorso veranstalteten, hat angeblich der Chef des Trikotagenunternehmens auf der Schwäbischen Alb, der eigentlich „weiterhin in Deutschland produzieren will“, die Flucht ergriffen. Gerhard Meyer-Vor­fel­der, schillernder Kultusminister glücklicherer Tage, hat bei der FIFA in Zürich um Asyl ersucht. Ohnehin wollen dermaßen viele Verzweifelte über die Schweizer Grenze, dass der Bundesrat in Bern den Vatikan um die Entsendung der Schweizergarde zur Grenzsicherung gebeten hat. Allerdings wird die von einem Deutschen befehligt. Im grenznahen Gebiet auf Schweizer Seite sind bereits alle Hamster ausverkauft.

Auch Frankreich scheint eine Alternative, das ist natürlich eine Tour de Force. Es dauerte zwei Tage, bis die ersten Hilfsmassnahmen griffen und die Welthum­mer­hilfe endlich Nahrungsmittel einfliegen konnte. Unbeschreibliche Szenen spielten sich auf den Rheinbrücken ab, von Epérnay aus setzten sich Tanklaster mit Moët in Bewegung für die Erstversorgung, Nerze wurden kostenfrei gestellt gegen die Nachtkälte und an Sammelpunkten warteten Zelte auf die Opfer – Partyzelte von den Galeries Lafayette. Bewundernswert, wie in der Stunde der Not in Europa alle zusammenrücken. Einige wenige Steuerflüchtlinge beteten noch in der ersten Nacht im Dom von Perignan für eine Absolution ihrer Steuersünden.

Dieses einst so starke und stolze Bundesland ist praktisch über Nacht unregierbar geworden, wie Somalia. Ganz Baden-Württemberg ist ein Panikraum. Die verbliebenen Menschen sind verunsichert. Reicht man zu Linsen und Spätzle in Zukunft nur noch arme Würstchen? Was passiert, wenn die beliebten Spätzle flächendeckend durch Linguine ersetzt werden? Wird sich das der Normalbürger leisten können? Wenn die Grünen in den vergangenen Jahren ihren Senf zu irgendeinem Thema gegeben haben, war es meist Premium-Feigen-Senf aus dem Piemont. Und die SPD ist ohnehin schon lange grün – vor Neid. Wasabigrün, um genau zu sein. Was wird nun aus den Austernbänken am Schluch­see, was aus den Davidoffplantagen am Oberrhein? Muss man auf Champag­ner­flaschen demnächst Pfand zahlen? Wie soll das alles finanziert wer­den, wenn sämtliche Sparstrümpfe im Ramsch landen? Bleibt die Kehrwoche? Wird das Land von Energiesparschlampen kontrolliert?

Viele aufrechte Rechte können die rasante Entwicklung noch immer nicht verstehen. Schwarz-Gelb, das war doch schon die Landesfahne, das war doch vom lieben Gott so gewollt! Grün-Rot hingegen, das sind die Farben von Portugal, und wo dieses Land steht, ist nun hinlänglich bekannt. Die Menschen, wir alle, stehen vor einer ungewissen Zukunft.

Autor: Thomas C. Breuer