Live aus Berlin: Größter Anzunehmender Unfug

Foto: Heinz-Josef Lücking/wikipedia.org

In bewährt entschlossener und reaktionsschneller Manier hat unsere Bundeskanzlerin heute die Initiative ergriffen, und sich unter dem Eindruck der tragischen Ereignisse in Japan mit einer Regierungserklärung an die deutsche Bevölkerung gewandt. Hier die wichtigsten Kernpunkte ihrer Verlautbarungen, die, wie stets, im vollsten Einvernehmen und perfekter Harmonie mit dem Koalitionspartner FDP und der Schwesterpartei CSU stehen (Wortlaut):

1.  Der sofortige Wiedereinstieg in den Atomausstieg ist angesichts der Lage ein Gebot der Stunde, da man unter dem Eindruck der unvorhersehbaren Ereignisse in Japan nicht so ohne weiteres zur Tagesordnung übergehen könne. Selbiges gelte natürlich ebenso für den Ausstieg aus dem Wiedereinstieg in die Nutzung der Atomenergie – auch dieser sei, zumindest im Lichte des heutigen Tages, alternativlos.

2. Der erst kürzlich mit seinem Wunschsong „Smoke on the water“ verabschiedete, ehemalige Selbstverteidigungsminister zu Guttenberg wird unter Abspielen des AC/DC-Songs „Highway to hell“ mit sofortiger Wirkung wieder in sein Amt eingesetzt. Zudem übernimmt er die Ressorts des unter den notstandsähnlichen Bedingungen geschaffenen Superministeriums für Wirtschaft, Umwelt, Reaktorsicherheit, Ernährung, Gesundheit und Zivilschutz. Verteidigungsminister de Maiziere wird neuer Außenminister, während Guido Westerwelle das Amt der Ministerin für Familie, Integration und Soziales übernimmt.

3.  Die Regierung schreibt sich ab heute den Kampf gegen Atomkraft auf die eigene Fahne. Hierzu wird die Kampagne der bisherigen Anti-Atomkraft-Bewegung verstaatlicht, und ihre Symbole unter Regierungshoheit gestellt. Lobbyisten und Energiekonzerne sind verpflichtet, die Symbole weithin sichtbar zu kommunizieren, das betrifft sowohl das Tragen entsprechender Armbinden, die Anbringung und Kennzeichnung von Firmenfahrzeugen, als auch die Beflaggung von Firmengebäuden.
In Abstimmung mit der japanischen Regierung hat man sich auf das folgende, allgemeinverbindliche Design der Kampagne festgelegt:

von japan lernen, heißt: leiden lernen

4.  Mit sofortiger Wirkung werden die Strompreise unter staatliche Kontrolle gestellt, um eine angemessene Entschädigung der Energieerzeuger für erwartbare Gewinnausfälle gewährleisten zu können. Es werde derzeit noch geprüft, ob das Instrument einer Notstromabgabe verfassungsrechtlich konform sei, um die berechtigten, übrigens per Gesetz zugesicherten, Interessen der Stromkonzerne durchzusetzen, und gleichzeitig eine flächendeckende Energieversorgung der Bundesrepublik auch unter restriktiven Bedingungen gewährleisten zu können. Dies sei allerdings notwendig, da die Sicherheit, wie natürlich auch die Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland, oberste Priorität habe.

5.  Die zulässigen Höchstwerte für Strahlenbelastung, Umwelteinflüsse und die Belastung von Wasser, Nahrungsmitteln und Atemluft mit gesundheitsschädlichen Partikeln, Chemikalien und anderen artfremden Einflüssen werden zur Stunde von einer neu eingerichteten Expertenkommission überprüft. Dies geschehe absolut neutral und, wie Frau Merkel betonte, ergebnisoffen, und diene ausschließlich dem Wohle und der Unversehrtheit der bundesdeutschen Bevölkerung. Etwaige Anpassungen der Grenzwerte, wie sie angesichts bisher noch nicht absehbarer Entwicklungen und Ereignisse womöglich unausweichlich werden sollten, würden in jedem Einzelfall mit den entsprechenden Ministerien, besonders natürlich mit dem Ressort von Herrn zu Guttenberg abgestimmt.

6. Die Laufzeitverlängerung der amtierenden Regierung wird, dem nationalen Notstand folgend, individuell festgesetzt, ein möglicher Ausstieg sei derzeit nicht diskutabel, um nicht zu sagen: als Regierungskonstellation auf unabsehbare Sicht alternativlos. Die Regierungserklärung dauert zur Stunde noch an, wurde jedoch aus Sicherheitsgründen in den als strahlungssicher geltenden, ehemaligen Führerbunker unterhalb des Reichstagsgebäudes verlegt. Weitere Verlautbarungen erfolgen über Rundfunk und die elektronischen Medien, soweit auf Grund der aktuellen Stromzuteilungen jeweils möglich.

Wir berichten weiter ….

Autor: Siegfried Galter, live aus Berlin