Habemus Schnauze voll

Seit Jahren schon wird mit großem finanziellen Aufwand an das Konstanzer Konzil (1414 bis 1418) erinnert. Anscheinend gehen den Machern langsam die Ideen aus, aber irgendwie muss ja noch was passieren, bis die Dauerveranstaltung endlich ein geräuschloses Ende findet. In ihrer Not kommen die klerikalen Jubilanten auf seltsame Gedanken und rufen die Bevölkerung dazu auf, am morgigen Samstag päpstliche Urschreie auszustoßen.

In der Pressemitteilung liest sich das so, und das ist kein vorgezogener Fasnachtsscherz: „Habemus Papam!!! – Schauplatz Papstwahl veranstaltet am 11. November den ersten internationalen Papstschrei-Wettbewerb nördlich der Alpen“. Ab 15 Uhr sollen sich Interessierte am Konstanzer Konzilgebäude einfinden, also dort, wo vor 600 Jahren der neue Papst Martin V. ausgerufen wurde. Hier schon mal der gewünschte Text, den es vorzutragen gilt: „Ich verkünde euch eine große Freude, wir haben einen Papst!“

Teilnehmen könnten, so die Veranstalter des therapeutischen Events, „talentierte Schreier“ und „Papstwahl-Verkünder“. Kleidervorschriften gibt es keine. „Ob in modernem Outfit oder in historischer Robe, ob alt oder jung, Frau oder Mann, Bürger, Zugereister, Tourist oder Schweizer Nachbar, jeder darf teilnehmen“. Die Bewertung der jeweiligen Brüllerei übernimmt eine Fachjury vor Ort, die den Sieger kürt. Für Atheisten, Polyreligiöse, Kirchenkritiker und Konfessionslose gilt an diesem Tag vorsorglich eine Ausgangssperre bis 20 Uhr.

Den Organisatoren des Schrei-Spektakels war von Anfang an klar, dass es nicht so einfach sein wird, vernunftbegabte und der Aufklärung verpflichtete BürgerInnen dazu zu bringen, sich in aller Öffentlichkeit zum Affen zu machen. Ein Komitee hirnte ausgiebig, wie das zu bewerkstelligen sei und kam schließlich auf die zündende Idee: „Da hilft im Vorfeld nur Enthemmung mittels halluzinogener Stimulanzen“. Also bat man Drogenspezialisten um Rat, die nach mehreren Versuchsreihen auch fündig wurden. Den Teilnehmern am Konstanzer Papstschrei wird vorab das legendäre Bilsenkraut verabreicht. Schon nach etwa zehn Minuten entwickelt es seine volle Wirkung und führt die Probanden in für sie völlig neue Sphären.

Der Kulturanthropologe und Ethnobotaniker Wolf-Dieter Storl wusste schon vor Jahren über die alte Heilpflanze zu berichten: „Für unsere heidnischen Vorfahren, für die weisen Frauen und Schamanen, war das Bilsenkraut ein Schlüssel zum Tor in die Anderswelt. Die im richtigen Umgang Unterwiesenen konnten damit das Totenreich besuchen, die Göttersphären oder auch die Elementarwelt. Es war die Zauberdroge, die es ermöglichte, hinter der äußeren Erscheinungswelt im Bereich der Ursachen zu agieren, es war Flugkraut und Liebesmittel“.

Wer nun am Wettbewerb teilnehmen möchte, melde sich bis zum 11. November z.B. online unter: info@konstanzer-konzil.de an, oder auch am 11.11. bis 14.50 Uhr am Infotisch der Konzilstadt im Konzilgebäude.

H. Reile