Horror! Die fünfte Kolonne der Veganer greift an

beaver work„Gefährlich ist’s, den Leu zu wecken, verderblich ist des Bibers Zahn“, dichteten einst pubertierende Pennäler Schillers unsägliches „Lied von der Glocke“ um. Das geschah zu einer Zeit, in der man noch wusste, wo der Feind sitzt: Nicht nur im perfiden England, sondern auch als Biber an heimischen Bächen und Seen. „Dulce et decorum est in castores mori“ – „Süß und ehrenvoll ist es, im Kampf gegen die Biber zu sterben,“ das lernte jedes Kind. Und heute?

Heutzutage ist der Biber strengstens geschützt, und der Kampf mit ihm ist in Konstanz Sache von Martin Wichmann, dem Leiter des Fachbereichs Umwelt im Amt für Stadtplanung und Umwelt. Die Sache läuft so: Biber, die übrigens aussehen wie fette, überdimensionale Ratten mit einem breiten Schwanz zum Ohrfeigen-Austeilen, machen sich seit 5-8 Jahren auch wieder am Bodensee breit. In Baden-Württemberg sind derzeit 4 000 von ihnen erkennungsdienstlich erfasst, und sie schnackeln scheint’s gern, denn die Biberpopulation wächst pro Jahr um 20-25 %. Selbst wenn man die ewige Fasnacht ausriefe und aus allen städtischen Brunnen rund um die Uhr das Freibier strömen ließe, kriegten die KonstanzerInnen eine solche Quote nicht hin. Das gibt zu denken.

Was auch immer die BiberInnen umtreiben mag: Ihr Hauptproblem ist, wie bei vielen anderen VeganerInnen auch, ihre einseitige Ernährungsweise, kombiniert mit einem raffgierigen Charakter. Ein paar Gräser hier, ein paar Kräuter da, am liebsten aber Rinde, richtig leckere Baumrinde, am besten noch ganz oben von der Baumspitze, wo sie am saftigsten und fettesten ist. Und da Biber echte Schwimmerfiguren haben, allerdings eher im Stil des Schwimmers im Spülkasten, kommen sie die Bäume nicht hoch und somit auf natürlichem Wege nur schwer an ihre Leib- und Magenspeise.

Darum nehmen sie einen perfiden Umweg, und das ruft Martin Wichmann auf den Plan: Diese Hundsfötter nagen die Stämme einfach unten durch und machen sich dann über die leckersten Teile des gefällten Baumes her, egal ob fruchtiger Apfelbaum im Tägermoos, fleischige Pappel vorm Kuhhorn oder würzige Trauerweide am Seerhein. Den Rest lassen sie knallhart liegen, und das selbst vorm Bodenseeforum, was sogar dem sonst so gelassenen OB Uli Burchardt die Zornesröte ins Gesicht treibt. Ihre Vorauskommandos wurden sogar schon am Kreuzlinger Bahnhof gesichtet, wo sie am helllichten Tage einige besonders bösartige Bisstechniken an den Masten für die schmackhaften Oberleitungen ausprobierten. Solche Bestien sind wohl auch gegen 15 000 Volt immun.

Wenn ihnen langweilig ist, unterhöhlen sie zudem noch landwirtschaftliche und andere Wege, denn sie haben wie so mancher Amtsträger ein libidinöses Verhältnis zum Hoch- und Tiefbau. Offensichtlich haben sie’s auch auf die Uferpromenade am Seerhein abgesehen, die sie wacker angegraben haben, und selbst der Seeweg zum Hörnle ist ihr Revier und wohl demnächst einsturzgefährdet. Als nimmermüde Handwerker errichten sie zudem große Burgen bevorzugt mitten in Grenzbächen, die dann so hübsch überlaufen und alles in der Gegend unter Wasser setzen. Kein Wunder, sähe ich aus wie ein Biber, würde ich mich auch in einer fensterlosen Burg mit unterirdischem Ausgang verstecken und alle anderen ersäufen wollen, ehe sie mich zu Gesicht kriegen. Man merkt schnell: Biber sind echte Anarchos.

Die Bösewichte werden registriert

Was tun?, fragte angesichts der immer chaotischer werdenden Zustände Martin Wichmann in der Sitzung des Technischen und Umweltausschusses am letzten Donnerstag. Da Biber geschützt sind, ist jede/r einzelne BiberIn erst einmal per Meldebogen zu erfassen, der an eine Zentralstelle geschickt wird. „Biber: Typus Castor fiber; Äußeres: Kaukasisch; Alter: 18 Jahre; Vorname: Heinrich; Übergewicht: ca. 15 kg; Vorlieben: Unterwühlt bevorzugt innerstädtische Radwege, aber niemals Bushaltestellen, isst am liebsten Rinde vom Apfelbaum sowie Pfirsicheis; Lieblingssendung: Aktenzeichen XY ungelöst, ruft dort mit verstellter Stimme an und denunziert andere Biber als Baumfrevler und Kindsmörder.“

Aber ein Meldebogen allein hilft natürlich nicht gegen die bibersche Nagewut, das weiß auch unser Mann vom Amt. Gegen raffzähnige Biber von einem Meter Länge und 40 kg Kampfgewicht kann man nur Zäune bauen, vor allem um die schmackhaften Jungpappeln im Tägermoos und um die Bäume an der Uferpromenade am Seerhein herum. An einer formschönen Maschendrahtmanschette kann sich so eine Hackfresse glatt die Zähne ausbeißen. Aber auf Dauer? Martin Wichmann steht in ständigem Kontakt mit Landratsamt und Regierungspräsidium, weil Naturschutz und Biberkampf nicht allein Sache der Stadt sind. Er will jetzt erst mal extra ein paar zuckersüße und gertenschlanke Jungweiden anpflanzen, die die Giereschlünde leicht erbeuten können, damit sie von den gestandenen Bäumen ablassen.

Aber wir von seemoz lassen uns nicht so einfach mit beruhigenden Phrasen abspeisen, von einem Martin Wichmann schon gar nicht, sondern fragen knallhart nach: Wann werden die Biber die Macht über ein durchlöchertes Konstanz übernehmen? Werden sie die Stadt komplett untertunneln und plötzlich von den Kellern aus unsere Gärten überfallen? Wollen sie uns alle Bäume wegmampfen? War das geplante Fällen der Pappelallee damals nur ein klammheimlicher Versuch der Verwaltung, diese Viecher auszuhungern, um uns alle vor ihnen zu retten?

Das Ende ist da! Oder doch noch nicht?

Aber Rettung naht, denn Wikipedia weist uns einmal mehr den Weg. Dort erfahren wir: Biberfleisch wurde schon lange vor Schillers „Glocke“ gebraten oder gedämpft serviert. Insbesondere der Biberschwanz galt als Fastendelikatesse, weil er nicht als Fleisch, sondern als der fischige Teil des Bibers deklariert wurde. Beim Konstanzer Konzil wurden Biber, Dachs und Otter sogar ausdrücklich zum Verzehr freigegeben. Das waren noch Zeiten echter Tierliebe, heute brennt man etwa dem Dachs ja nur noch dann einen über, wenn man einen neuen Rasierpinsel braucht, und wirft den Rest weg. Aber essen? Aä bäh!?! Oder hat man Ihnen schon mal frittierten Dachseuter an Fenchelrahm-Jus serviert? Eben, Sie wissen doch überhaupt nicht, was ihnen entgeht.

Das weist uns – Biberschutz hin oder her – zumindest für die verbleibenden beiden Jahre der Konzilfeierlichkeiten einen Gott wohlgefälligen Weg im Kampf gegen diese triefäugigen Ausgeburten der Hölle: Haut rein, bald beginnt die Fastenzeit. Dann gibt’s in den Konstanzer Schulmensen endlich Biberpfanne Asia statt Schwarzwurzelgemüse à la Rektorin, und selbst auf einem Dönerspieß machen die Viecher erst im Dutzend richtig was her, besonders schmackhaft sind sie übrigens mit Soße „Café de Paris“ oder ganz klassisch „Mit scharf“. So kriegen wir sie.

Ordentlich mit Meldebogen registrierte Biber allerdings, die sich zu den normalen Sprechzeiten im Bürgerbüro ergeben, müssen wir leider im Namen des Naturschutzes verschonen. Die kriegen vom Amt einen Termin beim Zahnarzt zum Zähneziehen – und drei Glas Joghurt gegen den kleinen Hunger und die immerwährende Geilheit zwischendurch. An den wichtigsten Straßen und Wegen aber werden große Verbotsschilder aufgestellt, „Nagen und buddeln verboten“, das schreckt die noch unregistriert im Untergrund hausenden Exemplare von ihrer Wühlarbeit ab. Die werden uns schon noch kennenlernen. Spätestens, wenn Martin Wichmann die ersten unterirdischen Ampeln installiert und alle gleichzeitig auf Rot stellt, ist’s aus mit ihrer unheimlichen Wühlerei, dann stehen sie wie bedröppelt im Untergrund rum und wissen nicht mehr wohin.

Sollten aber alle Stricke reißen, trösten wir uns einfach damit, dass es immer noch etwas Fürchterlicheres gibt als Biber, wie schon die Pennäler wussten:

Gefährlich ist’s, den Leu zu wecken,
verderblich ist des Bibers Zahn.
Jedoch der schrecklichste der Schrecken ist’s –
dem Kupferschmied den Arsch zu lecken,
denn meist sitzt Grünspan dran.

Es gibt also noch Hoffnung!

O. Pugliese

(Foto © Simon Mer, Wikipedia, this file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license)