Liebe Singener und andere Höhlenbewohner
Singen steht vor der Wahl: Entweder bleibt Oliver Ehret (CDU) Oberbürgermeister oder Bernd Häusler (auch CDU) macht das Rennen. Beim ersten Wahlgang gab es für keinen die absolute Mehrheit, nun wird am 14.7. nochmals gewählt. Die enttäuschende Wahlbeteiligung von knapp über 40 Prozent bringt unseren Hegau-Korrespondenten auf die Palme. Hier ungekürzt seine launische Nachbetrachtung
Liebe Singener und andere Höhlenbewohner,
Ihr habt es erneut getan und wieder nicht gewählt! Fast 60 Prozent von Euch geht wohl die OB-Wahl ganz tief unter`m fünften Lendenwirbel vorbei. Zwei Kandidaten von der CDU treten nochmals gegeneinander an, dazu ein stadtbekannter Vollpfosten, der anscheinend immer noch täglich Ausgang hat. Wer die CDU rein gar nicht ausstehen kann, wofür ich vollstes Verständnis habe, hatte in der Tat die Qual der Wahl. Der halbwegs fortschrittliche Teil tendiert eher zu Häusler. Der Mann, das hat er oft genug bewiesen, besitzt zumindest soziale Kompetenz – was man von seiner Partei nun wirklich nicht behaupten kann. Also gebt gefälligst übernächstes Wochenende Eure Stimmen ab, denn der Sieger bestimmt die kommenden acht Jahre, was in unserem Kaff passiert oder auch nicht.
Bei einer Umfrage in meiner Stammbeiz war die OB-Wahl natürlich auch Topthema. Von mehreren Seiten kam mir zu Ohren, dass die geringe Wahlbeteiligung nicht zu unterschätzende Ursachen hatte. Nicht wenige WählerInnen waren offensichtlich der irrigen Meinung, bei einem „Urnengang“ drohe ihnen eine sofortige Einäscherung. Andere wiederum verbanden mit dem Begriff „Wahllokal“ ebenfalls völlig falsche Vorstellungen. Vor allem Erstwähler und Partygänger sollen nach Augenzeugenberichten massenhaft ihre Stimmabgabe verweigert haben, weil entgegen ihrer Erwartungshaltung in den Wahllokalen keinerlei alkoholische Getränke gereicht wurden. Da hätte die Stadtverwaltung im Vorfeld für Aufklärung sorgen müssen.
Mensch, Singener, es kann doch nicht so schwer sein, ein Kreuz in einen Kreis zu setzen! Auch ein Kringel wäre erlaubt gewesen, eventuell sogar ein deutliches Häkchen. Tipp für braune Wegelagerer: Hakenkreuz geht auch in Singen nicht. Nehmt Euch ein Beispiel an den Weißrussen: Bei der letzten Kommunalwahl haben in einem Bezirk, in dem es knapp 100 000 Wahlberechtigte gibt, 130 000 ihre Stimme abgegeben. Das ist vorbildhaft, daran solltet Ihr Euch messen. Damit das am 14.7. besser wird, richtet die vhs ab kommenden Montag sachdienliche Kurse ein: „Kreuzchen malen, leicht gemacht“. Gebühren fallen keine an, Kost und Logis übernimmt der Unterstützerkreis von Noch-Oberbürgermeister Ehret. Die 20 schönsten Kreuze werden im „Singener Wochenblatt“ vorgestellt und die LeserInnen wählen die drei Hauptgewinner, denen ein Wellness-Wochenende in der Singener Südstadt winkt. Da außerdem Geld- und Sachpreise vergeben werden, empfiehlt sich eine rechtzeitige Anmeldung.
Wer den Kurs erfolgreich absolviert, ist auch für die kommenden Wahlen bestens gerüstet. Denn bereits am 22. September wird ein neuer Bundestag gewählt und da fällt die Entscheidung, ob der wandelnde Hosenanzug mit Knopfleiste weitere vier Jahre Bundeskanzlerin bleibt. Merkt Euch den Termin bitte auf Euren Bierdeckeln vor. Dann, etwa Mitte 2014, stehen die Kommunalwahlen auf dem Programm. Dabei, Freunde, könnt Ihr panieren und kopulieren. Das ist doch ein Angebot, das man nicht ausschlagen kann. Doch bis dahin fließt noch viel Wasser die Aach runter, und da die Kommunalwahl ablaufmäßig etwas schwieriger ist, erkläre ich Euch das kurz vorher. Allein wichtig ist jetzt die OB-Wahl am 14.7. Ihr schafft das und ich will mindestens die 50 vor dem Komma sehen. Capisce?
Euer Wahlhelfer und „Einer von Euch“
Franz Holz
Mit Gelassenheit kann ich heute reagieren: Diese Strippenziergeschichte ist Originalton der Ehret-Wahllinie mit Blick auf Netzhammer und Renner. Das hat der Südkurier brav kolportiert und nun landet die Mär auch hier. So geht Wahlkampf 2013 in Singen. Zum Glück ist Häusler keine Marionette und wird einen anderen Stil im Singener Rathaus einführen. Wie Ehret arbeitete, konnte man in diesem Wahlkampf erleben: Einen Ehrenkodex vorschlagen und dann im Gerüchtetopf rühren. Der Höhepunkt war, Häusler könnte im Fall eines Wahlsiegs das Amt gar nicht antreten, weil er totkrank sei. Fakt war, er hatte elf Kilo im Wahlkampf abgenommen! Aber zum Glück ist das alles vorüber.
@ H.R.
Dem Label „kritisch“ entsprechend, wäre es möglicherweise eine lohnende Aufgabe gewesen, die SeeMoz-LeserInnen über die Hintergründe der Wahl in Singen zu informieren und sich eben nicht nur kritiklos für den einen der beiden OB-Kandidaten auszusprechen. DAS genau passt nicht zu SeeMoz…
Schönes Wochenende!
wie war nochmal die Wahlbeteiligung in Konstanz?
doch nicht viel besser…
frau conrads,
wenn sie uns unwissenden jetzt auch noch erklären würden, wer die „strippenzieher“ hinter herrn häusler sind, wären ihnen sicher viele seemoz-leserInnen dankbar
red.
Schon lange habe ich mich nicht mehr auf diesem wunderbar-widerborstigen Online-Portal zu Wort gemeldet. Zweimal PLUS: 50 vor dem Komma könnten mir auch gefallen und Ihre edle Absicht als Wahlhelfer der etwas anderen Art gefällt mir.
Ein dickes MINUS: Geärgert habe ich mich darüber, dass ausgerechnet Sie plötzlich auf der Schiene der Voreingenommenheit daher kommen und den OB-Kandidaten als „zumindest sozial kompetent“ hervorheben. Das würde dann auch bedeuten, dass der amtierende OB nicht über soziale Kompetenz verfügt. Sorry – ich mag solche halbgaren Urteile nicht – auch nicht in einer Glosse.
Der „halbwegs fortschrittliche Teil“ der Wähler tendiert gerade nicht zum Kandidaten Häusler, weil er weiß, wer dessen Strippenzieher sind – das pfeifen die Spatzen in Singen nämlich schon seit langem von den Dächern.
So, und jetzt können Sie ganz entspannt wieder von der Palme herunter kommen 😉
Grüsse S.C.
Har, har! Wahllokal mit Weinlokal verwechselt – ich lach misch krank! Aber lieber Witzbold bedenke eins: Wenn 43 % abstimmen, obwohl es gar nichts zu wählen gibt, dann zeugt das doch von echtem Sportsgeist und gesundem Staatsbürgersinn. In Konstanz, zur OB-Wahl, schleppten sich doch auch nicht wesentlich mehr an die Urnen. Und dabei hatte man da die freie Auswahl – Alternativen zuhauf, von wegen Einparteiensystem wie in S.
Komisch nur, dass die Konstanzer ohne Not ausgerechnet darauf verfielen, den vom SK gehypten, formal deutlich am wenigsten qualifizierten Kandidaten den Vorzug zu geben (CDUler halt – mit dem HERRN will man es sich nicht verscherzen in der Konzilstadt). Deshalb scheint mir von Konstanzer Seite wenig Grund für Herablassung angesichts der Singerner Provinzpossen zu bestehen. Obrigkeitshörige Provinzler sind wir allesamt, hüben wie drüben.