Nackte Tatsachen

Es gab Zeiten, da war das Fliegen noch ein echtes Abenteuer, die Eroberung der Lüfte eine der letzten Herausforderungen unserer Mobilzivilisation. Jetzt ist alles anders: Heute müssen wir uns von Nacktscannern durchleuchten lassen, um zum Beispiel nach Bremen zu fliegen. Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit? Man sollte viel radikaler vorgehen.

Im Zuge immer perfekterer Hochtechnisierung kam unaufhaltsam die Banalisierung über uns wie die selbstverständliche Beherrschbarkeit von fließend warmem Wasser, Fußbodenheizung, Atomenergie oder Mobiltelefonie. Mit anderen Worten: Das Fliegen wurde nahezu so unspektakulär wie die Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs – und manchmal sogar fast so preiswert. Nur noch in seltenen Ausnahmefällen musste das Reiseentgelt aufschlägig mit dem Leben bezahlt werden, und wenn, dann auch meist eher aufgrund menschlichen als technischen Versagens.

Gerade aber der Kategorie „Menschliches Versagen“ ist es zuzurechnen, dass die Fliegerei in unseren Tagen wieder merklich an Thrill gewonnen hat. Denn was ist der Terror anderes?
Und was fällt uns dazu ein? Natürlich: Technische Hochrüstung, zu Wasser, zu Lande, in den Medien und in der Luft – was auch sonst? Denn wo der Mensch kläglich versagt, ist es an der Technik, ihn zu retten – zur Not auch vor sich selbst.

Wir haben nichts zu verbergen…

Da steht er nun also, Homo Sapiens, die Krone der Schöpfung – nackt und bloß im Angesicht der Ohnmacht und des potenziellen Terrors – und liefert sich immer weiter einem Schreckenssystem aus technologischer Herrschaft und totaler Kontrolle aus. Aber, mal ganz sachlich: Was ist denn an einem Nackt-Scanner objektiv auszusetzen? Vielleicht einmal abgesehen von der zusätzlichen Strahlenbelastung, der man sich aussetzt, um den Sicherheitsanforderungen des modernen Luftverkehrs zu genügen. Aber sonst?

Vor dem Nackt-Scanner sind schließlich alle Menschen gleich, zumindest gleich nackt. Das entspricht den grundlegenden demokratischen Prinzipien aller zivilisierten Völker dieser Erde, wie wir sie aktuell am Hindukusch und an anderen Brennpunkten des Opiumanbaus, der Erdgas- und -ölförderung sowie der Ausbeutung von Bodenschätzen mit Waffengewalt verteidigen.

Kleinliche Einwände wie der Hinweis auf Menschenwürde, Persönlichkeitsrechte, religiöse oder ethische Bedenken erscheinen hier nicht nur nicht angebracht, sondern zeugen von Kleinmut und krassem Unverständnis der Erfordernisse. Es gilt die Unschuldsvermutung. Und die gilt es eben mit allen Mitteln zu beweisen! Wer nichts zu verbergen hat, braucht sich auch nicht zu fürchten. Und schon gar nicht zu schämen. Schließlich kommen wir alle nackt auf die Welt, und ebenso treten wir auch wieder ab von ihr.
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Bevor hier also irgend jemand unkontrolliert in die Luft geht, sollte man hübsch auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Was sind schon drei Stunden Eincheck-Sicherheits-Zeitpolster, gerechnet auf sechs Stunden Flugzeit über den Teich? Allemal besser als ein Einweg-Flug über den Jordan.

… aber alles zu zeigen

Und wie sieht, bitteschön, die Alternative aus? Vielleicht ein Atlantik-Tunnel nach britisch/französischem Vorbild? Mit einem Unterwasser-Transrapid womöglich? Wohin das führen kann, oder gerade eben nicht, das haben wir am 19. und 20. Dezember gerade erst miterlebt.Lufthoheit braucht nun einmal Bodensouveränität, das ist eine alte Strategieweisheit.
Dennoch ist auch der Nackt-Scanner vielleicht nicht ohne jede Alternative.

Es geht nämlich auch ohne. Wirklich ganz ohne. Überlegen wir einmal nüchtern: Die Funktion des Eincheck-Procederes inklusive Nackt-Scanner ist es doch, am Körper und in der Kleidung sowie im Gepäck der Fluggäste versteckte Terrorgegenstände und Waffen zu entdecken.
Was also spricht dagegen, die Möglichkeit des Verbergens von vornherein komplett auszuschließen? Wie? Ganz einfach: Künftig wird nur noch splitternackt eingecheckt und geflogen. So einfach wie naheliegend. Damit lässt sich die Eincheck-Zeit drastisch verkürzen, und das Sicherheitsniveau auf nahezu 100 % bringen – ganz ohne Apparat.

Wenn schon nackig, dann aber knackig! Das sind die Waffen, mit denen wir den Terror besiegen. Schon die alten Kelten pflegten, zum abgrundtiefen Entsetzen ihrer verschreckten Feinde, nackt in die Schlacht zu ziehen. Nudisten gegen Fundamentalisten! FKK gegen Al-Kaida! Blenden wir die Verblendeten mit dem Anblick unserer nackten Ärsche!

Autor: Siegfried Galter

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