Nous sommes Pappelwurm
Sie wollten sich schon immer mal an einen Baum ketten und in diesem Falle auch grenzüberschreitend für den Umweltschutz tätig werden? Darüber hinaus steht Ihnen der Sinn nach Körperkontakt mit dem hiesigen Oberbürgermeister, der über Weihnachten seine Flitterwochen im Centrotherm-Gebäude verbracht hat und nun ideengeschwängert die BürgerInnen zum nachhaltigen Gespräch bittet? Das alles geht, lesen Sie einfach weiter
Aufregung im Tägermoos: Das Amt für Stadtplanung und Umwelt (ASU) will alsbald rund fünfzig Pappeln am Rheinweg fällen lassen. Einst wurde das Gehölz dort angepflanzt, um die Streichholzproduktion für die kommenden Generationen zu sichern, so die ASU-Pressestelle. Aber wer braucht heute noch Streichhölzer? Außerdem schwächelten die Pappeln und herabfallende Äste gefährdeten die Spaziergänger. Also weg mit dem Zeug. Da man sich der BürgerInneninformation verpflichtet fühlt, gibt es für Interessierte einen Lokaltermin vor Ort: Dienstag, 20. Januar in der Pappelallee Rheinweg um 11 Uhr (Treffpunkt in Höhe des Ziegelhofes) und im Seeuferweg Höhe Mozartstraße 24 um 15 Uhr. Kettensägen werden vom ASU gestellt.
Das wiederum treibt die Umweltschützer vom BUND auf die Barrikaden. Schon vor Weihnachten hat sich die Konstanzer Sektion getroffen und über Gegenmaßnahmen zum „städtisch geförderten Baummord“ diskutiert. „Ohne die Pappelallee im Tägermoos“, so BUND-Pressesprecherin Antje Boll gegenüber seemoz, „verkommt der Rheinweg zu einer öden Spaziermeile“. Die BUND-Mitglieder planen, sich kommenden Montag an den betreffenden Pappeln festzuketten und damit Spontanfällungen zu verhindern.
Unterstützung kommt von FGL-Rat Peter Müller-Neff, der aber auch einen anderen, höchst brisanten Aspekt in die Diskussion einbringt. Bei einer Nachtwanderung mit seiner Fraktion will er den nur im Thurgau beheimateten Pappelwurm entdeckt haben. Das etwa 30 Zentimeter lange Tier gilt als äußerst scheu und ernährt sich ausschließlich vegan. „Wahrscheinlich“, so Müller-Neff, „handelt es sich dabei um eine ganz besondere Spezies, die unseren absoluten Schutz verdient“. Der grüne Ratsherr wird am Montag gegen den Baumfrevel protestieren. Die Losung steht für ihn schon fest: „Nous sommes Pappelwurm“. Wer sich der Aktion anschließen will, melde sich im FGL-Büro telefonisch unter 900 790 oder per Email: gruene-liste@stadtrat.konstanz.de
Fünf Tage später, also am 25. Januar ab 14 Uhr, lädt Oberbürgermeister Uli Burchardt zum BürgerInnenempfang ins Konstanzer Konzil und taucht somit seit längerem wieder in der Öffentlichkeit auf. Man hatte sich schon besorgt gefragt, ob Burchardt bei seiner Hochzeitsreise in der Südsee hängengeblieben ist. Von wegen Flitterwochen! – der Oberschultes befand sich über die Weihnachtszeit im Centrotherm, reinigte höchstpersönlich die großen Glasfenster und zog in Kooperation mit Friedhelm Schaal schon mal einige Zwischenwände ein. Denn in rund einem Jahr soll der Umbau in trockenen Tüchern sein, Handwerkerferien hin oder her. Darüber will Burchardt am 25.1. berichten und auch Auskunft geben, wie die von ihm bezeichnete „Jahrhundertchance“ zu finanzieren sei. Damit das ganze nicht so trocken daher kommt, moderiert Entertainer Tobias Bücklein den geselligen Nachmittag, der unter dem pfiffigen Motto steht: „Je suis Uli“.
Burchardt freut sich wie ein Schneekönig auf den Termin, weist aber darauf hin, dass man aufgrund der prekären Finanzlage diesmal gezwungen sei, zehn Euro Eintritt zu erheben. „Der Erlös“, erklärte die städtische Pressestelle, „wird ausnahmslos für die Finanzierung des Centrotherm verwendet, um der zu erwartenden Kostenexplosion entgegen zu wirken“.
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Autor: H.Reile