Propheten und andere Erdwürmer

20121109-222303.jpgWie immer gegen Ende des Jahres wird darüber spekuliert, was uns wohl der kommende Winter bringt. Da will auch seemoz nicht außen vor stehen und hat bei Franz Holz, dem Spötter aus dem Hegau, nachgefragt. Ganz kluge Köpfe, so unser Autor, wollen kürzlich herausgefunden haben, dass wahrscheinlich mit Kälte zu rechnen ist. Andere setzen noch einen drauf und prophezeien haushohe Schneeberge nebst vagabundierendem Blitzeis oder überfrierender Nässe. Träumerische Außenseiter konterten umgehend

Sie wittern um Weihnachten herum eine gewaltige Warmfront, die sich ab Ende November über Stockach West zusammen braut, hurtig Richtung Bodensee zieht und uns ab 20. Dezember Plusgrade um die 22 Grad bescheren soll. Also Grill und Hollywoodschaukel vorsichtshalber draußen lassen, man weiß ja nie.

In aller Regel meldete sich dazu, als die Welt für ihn noch in Ordnung war, auch gerne der allseits bekannte TV-Wetterfrosch Jörg Kachelmann. Der aber hat zur Zeit anderes zu tun, interessiert sich nur noch nebenberuflich für Wolken, Sonne, Nebel und Temperaturen und torkelt lieber von einer Talkshow zur anderen. Mit im Gepäck seine junge Anvertraute, die bei Kachelmanns ganz klar das Sagen hat. Kachelmann selbst gerät dabei zum Statisten. Beide haben ein Buch geschrieben, in dem sie der Welt aufzeigen wollen, wie ungerecht und grottenfalsch die Vorwürfe waren, die Herr Kachelmann zu ertragen hatte und die ihm einen längeren Knastaufenthalt bescherten. Per Gerichtsbeschluss sei ja nun bestätigt worden, dass der Vorwurf der Vergewaltigung, dem unser Wetterfröschchen lange ausgesetzt war, so nicht haltbar sei. Kachelmann scheint zudem radikal geläutert, will bis ans Ende seiner Tage Abstand nehmen von Vielweiberei und hat sich öffentlich zur Monogamie bekannt. Das wird nicht einfach für einen, der jahrelang so ziemlich alles anbaggerte, was noch Puls hatte und bei drei nicht rechtzeitig auf einem hohen Baum war. Aber der gute Vorsatz zählt und wir wünschen viel Erfolg bei Kachelmanns löblichem Versuch, fürderhin treu zu leben und nicht nach eines anderen Mannes Weib zu schauen.

Eher sehr bodenständige und auf ihrer Scholle tief verwurzelte Wetterpropheten trafen sich gegen Ende Oktober in dem Städtchen Muotathal, etwa 40 Kilometer östlich von Luzern gelegen. Vor etwa 60 Jahren wurde dort der Metereologische Verein Innerschwyz gegründet, der heute rund 4000 Mitglieder zählt. Sechs „Muotathaler Wetterschmöcker“ geben sich zweimal im Jahr ein vergnügliches Stelldichein mit hohem Unterhaltungswert. Ihre Wetterdeutungen, einmal im April und die andere eben jetzt, seien den Vereinsmitgliedern in „humorvoller Weise“ mitzuteilen. So steht es in der Satzung. Grund genug, die Wetterheroen aus unserem beliebten Nachbarland vorzustellen. Als da wären: Alois Holdener (57), genannt „Tannzäpfler“, leitet seine Wetterprognose vom Zustand des Waldes und der Tannenzapfen ab. Karl Reichmuth (59), passionierter Jäger, orientiert sich am Verhalten der Füchse.

Peter Suter (85), beobachtet den Wasserstand der Flüsse und glaubt, auch über deren Klang ziemlich genaue Vorhersagen machen zu können. Martin Holdener (50), prophezeit immer dann einen harten Winter, wenn Feldmäuse oder Regenwürmer ungewöhnlich große Erdhaufen an die Oberfläche schaufeln. Martin Horat (68) gilt als der Star der Szene. Seine öffentlichen Auftritte sind längst Kult in der Schweiz. Gerne sitzt er auf einem Ameisenhaufen und lässt sich über das zu erwartende Wetter aus. Außerdem hat er die Wetterextreme der letzten 500 Jahre im Kopf. Mit Stolz verweisen die „Wetterschmöcker“ darauf, dass sie eine Trefferquote von 80 Prozent verbuchen können und damit besser abschneiden als die Metereologen von Meteo Schweiz, die bei 75 Prozent liegen. Ihre aktuelle Prognose für die kommenden Monate: Der Winter werde „durchzogen“, Föhn spiele immer wieder eine Rolle und Regen wechsle sich mit Schnee ab. „Weiße Weihnachten“ im Flachland? Nein, sagen die urigen Innerschwyzer, das könne man vergessen.

Skeptiker dieser Kaffeesatzleserei lässt das alles herzlich kalt, denn sie haben längst abgeschlossen mit ihrem irdischen Dasein. Glauben sie doch fest daran, dass sich die Prophezeiungen des Mayakalenders erfüllen und die Welt Mitte Dezember zerbirst. Unklar ist noch, ob sich die Himmelsschleusen öffnen und alles absäuft oder ein Metereoit die Erde auseinandersprengt. Zur Auswahl im Landkreis Konstanz stehen: Eiszeit (am Saubach), Tsunamis von noch nie dagewesener Intensität (Ausgangspunkt Mindelsee), Vulkanausbrüche weltweit (inklusive Hohentwiel), tödliche und sich weltweit ausbreitende Seuchen (Montezumas Rache im Umfeld von Mac Donalds), Erdrutsche (Fürstenberg), ein gewaltiger Sonnensturm (Begegnungszone am Konstanzer Bahnhof) oder eher ein handgemachtes Inferno, schlicht und einfach auch Krieg geheißen.

Darauf scheinen zur Zeit überall auf unserem Planeten testosterongebeutelte Ungeister ziemlich viel Bock zu haben. Japan und China streiten um riesige Bodenschätze, die man im Umfeld einer kleinen Inselgruppe vermutet. Kriegsschiffe durchpflügen die Gewässer, martialische Sprüche sind täglich zu hören. Nordkorea droht seinen Schwestern und Brüdern im Süden mit Waffengewalt, wenn die nicht sofort aufhörten, Schmähtexte per Luftballons über ihr Territorium zu schicken. Klingt auch nicht gut, denn Nordkorea hat weltweit die zumindest zahlenmäßig größte Armee und übt sich mal wieder in kriegslüsternem Aufgeplustere. Da ist Gefahr im Verzug, denn im Gegensatz zu ihren Landsleuten stehen die nordkoreanischen Waffenträger gut im Saft und werden seit Jahrzehnten für den Ernstfall immer gut gefüttert und getränkt.

Die türkische Regierung will da nicht nachstehen und macht unter ihrem Steuermann Erdogan Front gegen Syrien und dessen mordsmäßig sympathischen Diktator Assad. Dabei verbrachten die Kerle schon mal gemeinsam Urlaub und bezeichneten sich als Freunde. Was ist da bloß passiert bei der Sommerfrische? Erdogan zündelt kräftig und mahnt bereits seit geraumer Zeit die Unterstützung seiner Natopartner an, wenn es denn zum Waffengang kommen sollte. Das kann noch heiter werden. Dann doch lieber Maya-Kalender. Denn wer an diese wirren Aufzeichnungen glaubt, hat bei seinem letzten Südamerikaurlaub entweder zuviel Sonne erwischt oder aber jede Menge Langzeitdrogen zu sich genommen.

Zum Schluss noch eine drollige Meldung aus der bundesdeutschen Promiszene: Veronica Ferres, angeblich Schauspielerin, fühlte sich unlängst einer Nahtod-Erfahrung ausgesetzt und trat darauf hin wieder in die Katholische Kirche ein. Sie habe, so ihre Erklärung, in dieser lebensbedrohlichen Situation ganz deutlich die Existenz Gottes gespürt. Der scheint in seiner Auswahl bei der Suche nach geeignetem Bodenpersonal zunehmend geschmackloser zu werden.

Bleiben Sie trotz alledem locker und fröhlich

Ihre unkende Wettereule
Franz Holz