Scala: So eine schöne Leich‘
(hr) Morgen Abend wird das Scala feierlich zu Grabe getragen (seemoz berichtete bereits). Kinobetreiber Detlev Rabe plagen, so hört man im Städtchen, mittlerweile heftige Gewissensbisse. Gilt er doch nicht nur in Kreisen der Scala-Freunde als aktiver Sterbehelfer beim langsamen Dahinscheiden der cineastischen Kultstätte, die er so lange gemanagt hat. Angeblich will er nun ein wenig Abbitte leisten und am letzten Scala-Abend die Beerdigungsgäste auf eigene Kosten mit Speis und Trank bewirten. Immerhin. Auch für musikalische Unterhaltung scheint gesorgt zu sein. Das neugegründete Konstanzer Folktrio „DödlKnödl“ wird seinen hitverdächtigen Song „Es lebe der dm-Friedhof mit allen seinen Toten, der Eintritt ist für Konstanzer bald ausnahmslos verboten“ vortragen. Besetzung: Ulrich Burchhardt (Didgeridoo und Gesang), Andreas Osner (Block- und Ohrenflöte) und Karl Langensteiner-Schönborn (Maultrommel). Special Guests: Christine Finke (Waschbrett) und Marcus Nabholz (Bauchtanz). Der Eintritt ist frei.
Das ist eine phantastische Nachricht, dass aus unvermuteten Ecken für die wichtigsten Zutaten gesorgt wird, die es für a scheene Leich braucht. Zumal unser beklagenswerter Todesfall ja keineswegs eines natürlichen Todes gestorben ist, sondern zumindest von unterlassener Hilfeleistung gesprochen werden könnte, ist das kulinarische Wohlbefinden der Trauergäste, für das Herr Rabe sorgen will, umso wichtiger: Wut plus knurrender Magen kommnt selten gut. Auch die Stadtspitze überrascht für einmal positiv: bedauerlich und unverzeihlich, dass sie sich nicht aus dem Fenster gelehnt hat, als die nun Tote noch hätte gerettet werden können, umso löblicher, wenn sie es nun gar musikalisch tut. Es könnte ja sein, dass der eine oder andere Kommunalpolitiker in diesem Feld auf seine wahre Bestimmung trifft! Ignoranz und ein Kulturverständnis, das zum Himmel schreit auf der einen Seite, soviel Humor auf der anderen: eine durchaus unübliche, aber hocherfrischende Kombination. Die Damen und Herren haben auf alle Fälle das Wienerische der „scheenen Leich“ verstanden: ihre Heiterkeit und ihre Schwärze. So bleibt zu hoffen, dass das 3.Element, die Grabrede, nicht vergessen geht, die in diesem Fall doch bitte eine bitterböse Brandrede sein sollte. Ohrfeigen von der Stadtspitze im nachhinein können wohl ausgeschlossen werden, da diese krampfhaft darum bemüht sein dürfte, den Ton zu halten in ihrer schrägen Combo.