„Seilbahn-Uli“ wird wieder aktiv
Rund zwei Jahre ist es her, dass Oberbürgermeister Uli Burchardt vorgeschlagen hat, die Konstanzer Verkehrsprobleme mittels einer Seilbahn zu lösen. Manche in der Stadt verfielen spontan in Schockstarre, dann aber versandete die erregte Debatte abrupt. Ist die innovative Idee still, leise und endgültig zu den Akten gelegt worden? Mitnichten, denn jetzt konnte Burchardt den „Südkurier“ als Kooperationspartner mit in die Gondel holen. Dieses Geschäftsmodell bahnt auch den Weg für andere Projekte.
Burchardt quälte das fast schon vergessene Thema Seilbahn schon lange. „Wie“, fragte er kürzlich in interner Runde, „bekommen wir das wieder auf die Tagesordnung?“ Man bräuchte meinungsstarke Mitstreiter vor Ort, wurde vielfach angeregt. Und so kam es dann auch. Hurtig setzte man sich Anfang Dezember mit der Verlagsleitung des Südkurier zusammen und plante ein gemeinsames Vorgehen. „Wir organisieren einfach eine Leserreise zur Vorarlberger Firma Doppelmayr, das ist relativ unverdächtig“, schlug Chefredakteur Stefan Lutz vor. „Gebongt“, so Burchardt, „so machen wir das, die Stadt übernimmt alle Kosten“.
Schnell wurden 44 Südkurier-LeserInnen zusammen getrommelt und auf den Weg geschickt. Zielort: Bregenz und dort Betriebsbesichtigung bei der Firma Doppelmayr, dem österreichischen Weltmarktführer im Seilbahnbau. Doppelmayr war schon mal im Gespräch, als Burchardt im Sommer 2013 vor Ort war und sich erklären ließ, dass eine Seilbahn über den Dächern von Konstanz durchaus geeignet sei, dem ständigen Verkehrskollaps in luftiger Höhe zu entgehen. Bei der Leserreise war auch ein Südkurier-Voluntär mit an Bord, der vorgestern breit über den Ausflug ganz im Sinne der pfiffigen Strippenzieher berichten durfte. Die Führung bei Doppelmayr sei sehr „eindrücklich“ und „beeindruckend“ gewesen und habe den Südkurier-LeserInnen „gut gefallen“.
Das wiederum hat auch Uli Burchardt enorm gefallen. „Die Seilbahn ist nun endlich wieder ganz oben auf der Agenda, ein wirklich schönes Weihnachtsgeschenk“, soll er glückstrahlend seinen engsten MitarbeiterInnen erklärt haben. Im Frühjahr 2016 ist zusammen mit dem Südkurier eine weitere Leserreise zu Doppelmayr geplant. „Bis dahin“, so Burchardt, „habe ich bis auf wenige Realitätsverweigerer auch die Gemeinderatsfraktionen weich geklopft und dann können wir ganz offen über die nötige Finanzierung reden“.
Insgeheim strickt Burchardt mit dem Südkurier schon an weiteren Coups, mit denen man kommunalpolitisch umstrittene Aktionen medial beeinflussen könnte. Beim Thema Abholzung des Schwaketenwalds, da sind sich beide Seiten einig, wäre ein ähnliches Vorgehen allemal denkbar. Mehrere Südkurier-Leserreisen inklusive Betriebsbesichtigung bei der Firma Stihl in Waiblingen-Neustadt, dem weltweit größten Motorsägenhersteller, sind bereits in Planung.
H. Reile
Die Karikatur stammt von Manfred Heier.
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Über Dächer schweben hat stets seinen Reiz. Besonders um die Weihnachtszeit, auch wenn kein Schnee liegt, der ja „die Geschäftsgrundlage“ für Doppelmayr bedeutet. Da von diesem Weiß immer weniger vorhanden ist, wie Experten meinen, sehen sich die Vorarlberger vermehrt in den schneefreien Städten um, was da zu machen wäre – o.k.! Ich habe von guten Beispielen gelesen: In Südamerika, hoch zu den – oder über die – Favelas schweben (diese müssten in Konstanz allerdings noch gesucht werden!). Es mag durchaus sein, dass sich besonders für „grosse Städte in Hanglage“ einige Alternativen ergeben, was den öffentlichen Personentransport betrifft. Nun liegt etwa unsere Uni auch „oben“ – zudem versteckt im Wald. Und darin sehen einige Beflissene bereits Schwebepotential. Die Anbindung der Uni an die Stadt wurde tatsächlich nur halbherzig angegangen. Korrekturen sind hier möglich. Doch grundsätzlich liegt Potential wohl im Ausbau durchgehender Bus-Spuren auf allen Trassen, die von den städtischen Randgebieten und P&R-Plätzen unmittelbar zur Kernstadt und zurück führen. Und am/im Seerhein ergeben sich vielleicht wasserstadttypische, stadtwerksnahe Verkehrsmöglichkeiten in Linienform oder als Fähren. Eine davon gab es früher auf der Höhe Pulverturm! Was sich in den letzten Jahren zwischen Stromeyersdorf und See an beiden Ufern entwickelte oder sich aus dem Bestand weiter entwickelte – Gewerbe, Restaurants, Hotels, Kongresshaus, Hochschule, Sporthalle, usw. – sollte durchaus ein gewisses Verkehrspotential beinhalten, zumal der grosse, rechtsrheinische Parkplatz bei der Autobahn-Brückenabfahrt wassernah liegt. P&R ist zukünftig auch im linksrheinischen Bereich Döbele/Tägermoos zu hinterfragen. Es schweben also bereits gute Möglichkeiten über der Stadt – sogar ohne Doppelmayr.