Stadtgeflüster: Von Seilbahnen, Transfers und Hausbesetzungen

Vor allem die Bewohner mehrerer Konstanzer Stadtquartiere freuen sich jetzt schon wie Harry auf den nächsten verkaufsoffenen Sonntag. Für die Eröffnungsfeier des Konziljubiläums rechnet das Organisationskomitee mit einem Überraschungsgast. Zeit wird´s: Neustudenten gehen auf die Barrikaden. Dazu: Wenn die Gondeln Trauer tragen und allerlei Neuigkeiten aus den Tiefen der Konstanzer Kommunalpolitik. Zusammengefasst von unserem reaktivierten Mitarbeiter Kuno Schelmle

Ruth Bader, rührige Programmgestalterin des Konstanzer Konziljubiläums, hat auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz vergangenen Freitag handverlesenen Medienvertretern erklärt, dass kein Geringerer als der allseits geschätzte und beliebte Bischof Tebartz-van Elst beim Jubiläums-Eröffnungsgottesdienst die Predigt halten wird. Der populäre Gottesmann, so Bader, sei zur Zeit relativ günstig zu haben. Geschätzte Kosten für die Stadt: 250 000 Euro. Man erhoffe sich einen EU-Zuschuss, außerdem soll ein Teil des Honorars über Ablasshandel und Teufelsaustreibungen auf dem Münsterplatz eingespielt werden. Mit weiteren Überraschungen, erklärte Ruth Bader sichtlich erfreut, sei gegen Jahresende zu rechnen.

Der Bau der geplanten Synagoge in der Sigismundstraße zieht sich erneut in die Länge. Noch im April hatte die IRG (Israelitische Religionsgemeinschaft) angekündigt, dem Neubau stünde nichts mehr im Wege. Nun gab es einen Wechsel im IRG-Vorstand und das jüdische Gotteshaus wird weiter auf sich warten lassen. Auf seemoz-Anfrage ließ die IRG bereits Mitte September wissen, der neue Vorstand halte sich zwar „an die bestehende Beschlusslage“, aber der ursprünglich vorgesehene Zeitplan „wird voraussichtlich nicht eingehalten werden können“. Allerdings wolle man umgehend versuchen, die liberalen Juden und die eher strukturkonservativen Thorawächter miteinander zu versöhnen. Das ging schon einmal schief, denn der Graben zwischen den heftig zerstrittenen Gruppierungen ist tiefer denn je. Also alles zurück auf Null? Die Stadt wäre gut beraten, die endgültige Überschreibung des Grundstücks an die IRG nochmal zu überdenken.

Es herbstelt gar deutlich und wie immer zu dieser nebelschwadigen Zeit ziehen Scharen wissensdurstiger NeustudentInnen, auch „Erstis“ genannt, durch die Gassen, um irgendwo ein lauschiges Kämmerchen zu ergattern. Das freut die Vermieter und sie reiben sich kichernd die Hände, denn für lausige 15 Quadratmeter-Behausungen („Wochenendheimfahrer bevorzugt“) lassen sich in Konstanz und Umgebung locker 350 Euro und mehr kassieren. Auf die Idee, leerstehende Gebäude wie zum Beispiel das „Inkompetenzzentrum“ symbolisch zu besetzen, kommen die braven „Erstis“ wohl nicht. Dann doch lieber Aufsehen erregen als „Schlaffi“– zwei, drei Zelte im Inneren der warmen Universität aufschlagen und sich anderntags bitterlich darüber beschweren, dass keine Kekse gereicht würden, der Boden zu hart und der Getränkeautomat zu weit weg sei. Ja, das Studentenleben ist eines der schwersten …

Aufgrund ihrer internen Streitigkeiten – sogar der Südkurier berichtete kürzlich ausführlich darüber, dass die Freie Grüne Liste (FGL) mittlerweile aus mehreren völlig unterschiedlichen Gruppierungen bestehe – denken die Grünen an rasche Abhilfe. Fraktionssprecherin Charlotte Biskup soll vorgeschlagen haben, einen Mediator aus der anthroposophischen Szene eintanzen zu lassen. Hauptsächlich aber will man Personalfragen klären. Denn einige FGL-er wollen sich partout nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass ihr schwarz-grüner Rat Peter Müller-Neff, einst langjähriger CDU-Stadtrat, bei den kommenden Kommunalwahlen im Mai 2014 noch einmal anzutreten gedenkt. Eine FGL-Findungskommission liebäugelt damit, Müller-Neff auf die gemeinderätliche Transferliste zu setzen und ihn der CDU zum Rückkauf anzubieten. Die Rede ist von einer hohen Ablösesumme im dreistelligen Bereich. Ähnliches könnte auch der grünen Rätin Dorothee Jacobs-Krahnen blühen, die man gerne an die Freien Wähler Konstanz (FWK) abgeben möchte. Für beide steht noch ein Gesundheitscheck aus. Jacobs-Krahnen, so ein Informant, habe sich Bedenkzeit erbeten. Sie will erst abwarten, wie sich die Situation an der Volkshochschule entwickelt. Ein Probetraining bei den Freien Wählern, so ihr Berater, sei „für alle Beteiligten sehr erfreulich“ verlaufen.

Verkaufsoffener Sonntag und 70 000 waren da. Die Frage, wer die alle gezählt hat, bleibt unbeantwortet. Wie auch immer: Stadtmarketing-Chef Wilma Hörnle hat wieder mal eine zündende Idee. Den direkt Betroffenen in den Stadtteilen Stadelhofen, Altstadt und Paradies rät er, beim nächsten Event dieser Art das Weite zu suchen. In Kooperation mit dem Konstanzer Einzelhandel entstand folgender Vorschlag: Die vom Einkaufstourismus geplagten Eingeborenen werden gebeten, frühzeitig ihre Wohnungen zu verlassen und sich am Flughafengelände zu versammeln. Was Hörnle noch wichtig ist: „Die Leute sollen nur das mitnehmen, was in einen Koffer passt“. Auf dem Konstanzer Flughafen stehen übers Wochenende beheizte Zelte bereit und für Speis` und Trank sorgt ein Bundeswehrkommando aus Stetten am Kalten Markt. „Auf diese Art“, so Hörnle, „schaffen wir Platz in der Stadt, die Kassen klingeln und im Gegenzug kommen die Ureinwohner aus ihren muffigen Buden raus“. Für Kinder wird eine Hüpfburg aufgestellt und abends bespaßen Davide Martello und Tobias Bücklein die Anwesenden. Die Evakuierungsmaßnahmen werden derzeit beim Bürgeramt vorbereitet.

Aus dem „Förster-Uli“ wurde über Nacht der „Seilbahn-Uli“, der wie das HB-Männchen aus der vorsintflutlichen Zigaretten-Werbung „gleich in die Luft gehen“ möchte. Ein echter Brüller, jubilierte der Südkurier und konstatierte mit tiefer Zufriedenheit, dass es endlich mal wieder Kommentare gab und somit von der eigenen Themenarmut kurzfristig abgelenkt werden konnte. Andere, die ihren Namen nicht auf dieser Seite lesen wollen, mutmaßen besorgt, im Rathaus werde neuerdings „zu viel gekifft“. Da es die Stadtverwaltung augenscheinlich nicht schafft, die angedachten verkehrsberuhigenden Maßnahmen am Boden umzusetzen, soll es nun eine Seilbahn in luftiger Höhe richten. So gesehen darf man den kommenden Haushaltsberatungen locker und entspannt entgegen sehen. Zumindest die hiesigen Fasnachter sind dem Vernehmen nach dankbar für die oberbürgermeisterlichen Steilvorlagen.

Sag zum Abschied leise Servus. Die Amtszeit von Baubürgermeister Kurt Werner neigt sich unwiderruflich ihrem Ende zu, ein neuer schielt schon um die Ecke. Aufgrund Werners außerordentlicher Verdienste um die Stadt hat der Technische- und Umweltausschuss beschlossen, dem scheidenden Baubürgermeister ein besonderes Abschiedsgeschenk zu machen. Wenn er möchte, so die einstimmige Entscheidung, dürfe Werner seine Lieblingsprojekte Bahnhofsbrücke und Begegnungszone abbauen lassen und bei sich im Garten aufstellen. Kurt Werner soll ob dieses großzügigen Angebots tief gerührt gewesen sein.

Autor: Kuno Schelmle