Unser Dorf soll schöner werden. Basta

Die aktuelle Sitzungsvorlage für den Technischen- und Umweltausschuss (TUA) treibt die Gemüter kräftig um. Diskutiert werden soll über die „Satzung zur Änderung der Satzung über den Gemeingebrauch und über Sondernutzungen an öffentlichen Straßen und in den Fußgängerzonen der Stadt Konstanz…“. Klartext: Die Verwaltung übt sich in fortschreitender Reglementierungshysterie. Aus mehreren eingegangenen Textvorschlägen zum Thema haben wir für seemoz diesen ausgesucht. Bitteschön …

Während andere historische Städte, wie z.B. Nowosibirsk, Kuala Lumpur oder Phnom Penh, bereits erfolgreich Säuberungsaktionen im Wildwuchs von Gastronomie und Einzelhandel durchgeführt haben, stehen diese in Konstanz erst bevor. Geleitet vom aktuellen Vorbild nordkoreanischer Städteplanung, kennt der Ideenreichtum von Dekorationsbürgermeister Kurt „Gnadenlos“ Werner zur Freude und zum Wohle des Bürgers keine Grenzen

Ab 1. April sind in Konstanz eckige Bierdeckel verboten. Weißbier ist selbstredend Pflicht, dunkle Getränke wie Rotwein dürfen im Außenbereich nur noch nach Einbruch der Dunkelheit ausgeschenkt werden. Kaffee wird nur noch mit einer Extraportion Milch erlaubt. Alle Getränke, die nicht annähernd RAL 9010, also reinweiß, auf der nach oben und unten geschlossenen Farbskala erreichen, sind tagsüber tabu. Speisen sind mit einer dicken weißen Sahnesauce, selbstverständlich auf runden Tellern, zu servieren.

Ebenfalls bis zur Eröffnung der Freiluftsaison werden alle Sonnenschirme beschlagnahmt, da ihre Unterschiedlichkeit laut einer Studie der städtischen Gleichstellungsbeauftragten zu schweren Depressionen führt. Die Verwaltung will umgehend einen gesamteuropäischen Sonnenschirm-Ideenwettbewerb ausloben und freut sich über rege Beteiligung.

Bestellungen endlich in Muttersprache

Das Bedienpersonal ist angehalten, nur noch weiße Kleidung, natürlich auf ebensolcher Hautfarbe, zu tragen. Bei der Haarfarbe ist mit mittelblond die Schmerzgrenze erreicht. Das hat auch den Vorteil, dass Einheimische die Bestellungen endlich wieder in ihrer Muttersprache aufgeben können.

Auch Holz ist im Außenbereich nicht mehr erlaubt. Bereits teuer gekaufte Holzmöbel sind mit Plastik abzudecken. So genannte Loungemöbel werden, falls nicht auf den Hinterhof verbannt, so doch konfisziert.

Heizungen jeglicher Art sind im Außenbereich, natürlich aus rein ökologischen Gründen, nicht mehr gestattet. Sollte die Sonne diesen Bereich auf einen Wert von über 24° C erwärmen, sind sämtliche Stühle und Tische zusammen zu klappen und die Fensterläden geschlossen zu halten.

Pflanzen, Sträucher und Bäume sind auf eine Maximalhöhe von 1,20 Metern zu kürzen. Das stärkt die Kettensägenindustrie und macht dann auch den Stadtpark übersichtlicher.

Einheitspreise überall

Eine einheitliche Preisgestaltung für Speisen und Getränke ist noch Gegenstand interner Diskussionen, wird aber lt. Dorfverschönerungsexperte Werner auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Denn ohne lästige Preistafeln darf der Kunde erwarten, dass er überall sein Getränk zum einheitlichen Preis von zwei Euro und Speisen jeglicher Art für fünf Euro bekommt. So viel Entgegenkommen kann man von den Wirten ja wohl noch erwarten.

Weitere sinn- und talentfreie Vorschläge können noch zeitnah, also bis vorgestern, beim Einheitsbeauftragten des Stadtmarketings, Hilmar „Ich-liebe-Euch-alle“ Wörnle, abgegeben werden.

Sollte es wider Erwarten dennoch den einen oder anderen Einheitsrebell geben, obwohl wir es uns schließlich nicht leisten können, für so wichtige Gäste wie Hosni Mubarak und andere sympathische Diktatoren eine bunte Lachnummer abzugeben, werden die vorstehenden Maßnahmen durch freie demokratische Wahlen im Kreise der Stadtverwaltung mit einer beschlossenen Mehrheit von 95% abgesichert. Basta.

Autor: Carlo Minotti