Welche Quote darf´s denn heute sein?

Wer heute noch den Abzählreim „Zehn kleine Negerlein“ in den vorlauten Mund nimmt, pfuibäh!, bekommt sofort einen Seifen-Einlauf der Marke: – politisch, antiseptisch, korrekt – verpasst. Es lässt sich sicherlich darüber streiten, ob einst gedanken- und meist arglos verwendete Begriffe wie „Mohrenkopf“ oder “Negerkuss“ wirklich noch zeitgemäß und integrationsfördernd sind. Zumal wir heute  solch wunderschöne Wortschöpfungen wie „Schoko-“ oder „Schaumkuss“ in den Mund nehmen dürfen.

Wirklich Schaum vor dem Mund erzeugen jedoch die Absonderungen von Sarrazin und Konsorten, welche die nie stattgefundene Integrationspolitik in Deutschland als schädlich und zerstörerisch für unseren Leitkultur-Wertekanon ansehen. Kleiner Exkurs an dieser Stelle: Vom Sarrazin zum Muezzin gibt es ja eine direkte etymologische Verbindung (Sarrazin = Sarazener = islamgläubiger Araber). Das würde die alte These stützen, dass die Renegaten stets die schärfsten Kritiker ihres früheren Dogmas abgeben.

Doch zurück zur Integrationspolitik: Auch unsere Bundesmutter Merkel hat ja höchstselbst und in bewährt alternativloser Manier das „Modell Mulitkulti“ für „absolut gescheitert“ erklärt. So weit, so gescheit. Umso mehr nimmt es Wunder, dass ausgerechnet die CDU im Musterländle Baden-Württemberg auf sehr plakative Art ein Multikulti-Motiv für Ihre Wahlwerbe-Kampagne strapaziert. Oder wie sonst sollte man dieses Motiv mit dem berüchtigten „Quoten-Negerle“ wohl deuten?

Quoten-Negerle“

Die Quote ist allüberall: Frauen, Ausländer, Abweichler, Ausweichler, Bildungsbürger und -verweigerer, Fremd- und Rechtgläubige – alles und überall wird derzeit quotiert. Auch die Chancen auf Bildung unterliegen der Quote, wenn man diesem brandaktuellen CDU-Wahlplakat Glauben schenken will. Oder wie sollte man die titelnde Aussage „Viele Chancen auf gute Bildung“ sonst deuten? Wie viele Chancen genau? 10, 20, 33,3 Prozent? Und für wen?

Und warum wohl ist der sympathisch lächelnde Junge im orangefarbenen Poloshirt einen ganzen Kopf größer als seine beiden Mitschüler-Darsteller? Handelt es sich hier um einen Austauschschüler vom afrikanischen Kontinent, ist er ein bisschen frühreif, oder, aufgemerkt, jetzt wird’s vollends fies: Naja, vielleicht ein wenig zurück in der Bildung, und deshalb ein besonders förderungswürdiges Kind aus womöglich prekären Verhältnissen, Frau Schavan?

Wir wollen ja hier niemanden diskriminieren, schon gar nicht wegen seiner Religion, Hautfarbe, Herkunft oder seiner politischen Überzeugung, und gerade deswegen stellen wir diese Frage an die CDU-Baden-Württemberg: Ist dieser Junge das erste Opfer von G-8, oder, ganz im Gegenteil, der erste Repräsentant eines interkulturell aufgestellten Lehr- und Lernversuchs, bei dem der eklatante Mangel an qualifiziertem und jungem Lehrpersonal durch hochbegabte Mitschüler (hier: den sympathischen Jungen im orangefarbenen Polohemd) aus höheren Klassen ausgeglichen werden soll?

Von Ägypten lernen

Das ist wahrscheinlich die einzig sinnvolle und wahrhaftige Intention und Interpretation dieses optimistisch stimmenden Wahlplakats, denn gerade aktuell haben wir’s in Ägypten ja vorgemacht bekommen: Von anderen Kulturen lernen, heißt Kultur lernen.

Auch wenn die Ausländer bei uns immer noch in der Minderzahl sind, kommt diese Botschaft zur richtigen Zeit: Nach diversen Vertrauensverlusten und Umfrageeinbrüchen braucht die Christen-Partei bei ihrer Schicksalswahl am 27. März die Stimme jeder noch so kleinen Minderheit. …. Ein kleines Negerlein, das wählte die Union, es hat ganz brav sein Kreuz gemacht, doch schreiben konnt´ es schon.

Autor: Siggi Galter